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IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

Titel: IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)
Autoren: Graham Masterton
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hinaus. Es regnete nach wie vor. Der Himmel hatte die Farbe von Naturstein angenommen und das Gras sah giftgrün aus. Jack blickte auf die Uhr. Es war schon 16:30 Uhr. Er würde erst deutlich nach Einbruch der Dunkelheit zu Hause ankommen.
    Am Ende des Gangs langte Jack vor einer Doppeltür aus gebeiztem Eichenholz an, die er nicht nur verschlossen vorfand, sondern sogar durch einen zusätzlichen Stahlriegel samt robustem Schloss gesichert. Er rüttelte daran, aber es tat sich nichts. Was auch immer sich im Ostturm befand, die Eigentümer wollten ganz offensichtlich, dass es dort blieb. Vielleicht eine wertvolle Bibliothek oder eine Kunstsammlung? Vielleicht war auch die Decke eingefallen und man wollte, dass niemand dort hineinlief und sich verletzte. Doch zu seiner Linken ging eine weitere Treppe ab. Mitten durch die Dunkelheit führte sie hinauf ins nächste Stockwerk.
    Links an der Wand befand sich ein Lichtschalter, den er betätigte, aber natürlich funktionierte er nicht mehr. Vermutlich musste das gesamte Haus für den Hotelbetrieb von oben bis unten neu verkabelt werden.
    Auf dem Treppenabsatz erwartete ihn auf halber Höhe ein weiteres Fenster, doch auch dieses war mit einem Stahlnetz gesichert, das an einigen Stellen verbeult war, als ob sich ein massiger Körper mit roher Gewalt dagegengeworfen hatte.
    Jack setzte einen Fuß auf die nächste Treppenstufe und zögerte. Es wurde immer später und düsterer. Eine Taschenlampe hatte er auch nicht dabei. Vielleicht sollte er es gut sein lassen und sich auf den Rückweg machen. Bestimmt machte sich Maggie schon Sorgen um ihn und der Truthahn zum Abendessen lief akut Gefahr, auszutrocknen. Bisher war er immer pünktlich nach Hause gekommen oder hatte Maggie bei einer drohenden Verspätung rechtzeitig angerufen, um ihr Bescheid zu geben.
    Auf der anderen Seite hatte er noch nie so etwas wie dieses Haus gefunden, nie zuvor der Chance seines Lebens gegenübergestanden. Das war es wert. Was bedeutete schon ein verkochtes Tiefkühlessen im Vergleich zum Schicksal eines Menschen?
    Er stapfte die Treppe hinauf. Seine Schuhe schlurften über den Marmor. Ihm war, als höre er erneut ein Geräusch, weshalb er kurz innehielt, den Atem anhielt und lauschte.
    Es klang wie etwas Schweres, das kratzte, etwas, das schleifte. Es erinnerte ihn an einen Betonmischer, doch war es sehr leise, sodass er nicht genau ausmachen konnte, aus welcher Richtung es kam. Da war es auch schon wieder verklungen und er konnte noch nicht einmal beschwören, dass er wirklich etwas gehört hatte.
    Jack verharrte auf der Stelle und lauschte, bis er vor Anspannung fast platzte, doch der Ton wiederholte sich nicht. Vielleicht das Regenwasser, das durch die Rinnen sickerte, oder Eichhörnchen, die durch die Traufen tollten.
    Er setzte seinen Weg fort und bemühte sich, leiser zu sein. Die nächste Etage war sogar noch dunkler und roch noch stärker nach Essig. Wahrscheinlich handelte es sich um Ausscheidungen von Tieren. Er ging davon aus, dass sich das ganze Gebäude in eine Zuflucht für Iltisse, Stinktiere, Eichhörnchen und Vögel verwandelt hatte. Einmal war er Zeuge geworden, wie bei einem Haus am Rande von Madison das Dach abgenommen wurde. Eichhörnchen hatten darin fünf Jahre lang Kobel gebaut und im Gebälk fanden sich überall riesige Stücke zerfetzter Dämmung aus Glaswolle, in denen sich halb verrottete Überreste von verendeten Jungtieren stapelten. Der Geruch nach Verwesung war überwältigend gewesen. Danach war es ihm nie wieder gelungen, Eichhörnchen anzusehen und niedlich zu finden.
    Jack warf einen kurzen Blick auf den Gang im zweiten Stock. In einem der Dachfenster hatte er das Gesicht des Kindes gesehen ( wenn es sich denn überhaupt um ein kleines Kind und nicht um eine Eule, eine Taube oder die merkwürdige Reflexion einer Fensterscheibe gehandelt hatte). Also kletterte er die Stufen weiter bis ganz nach oben. Auch hier befand sich auf halber Höhe ein Fenster, das ebenfalls mithilfe eines massigen Stahlnetzes gründlich verriegelt worden war.
    Ihm fiel eine weitere Merkwürdigkeit auf: Normalerweise wurden Stahlnetze außen an den Fenstern angebracht, damit die Scheibe nicht mithilfe von Steinen eingeworfen werden konnte oder Einbrecher durch Hochklettern an der Fassade ins Innere des Hauses gelangten. Dieses Netz war offensichtlich eher deshalb angebracht worden, damit die Scheiben nicht von innen beschädigt werden konnten.
    Aber wer lebte in einem so prächtigen Anwesen
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