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Irgendwann ist Schluss

Irgendwann ist Schluss

Titel: Irgendwann ist Schluss
Autoren: Markus Orths
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WDR , und die alten Schirrmachers, die sind schon alt, sind die, an die neunzig, man weiß nicht, wie das passiert ist, jedenfalls hat man die noch retten können, die sind ja nicht katholisch, aber die sind auch nicht evangelisch, ich weiß auch nicht, was die sind, jedenfalls hat man die ins Krankenhaus gebracht, und dann sind die im Krankenhaus doch noch gestorben, und zwar beide, zum Glück, stell dir vor, da wär einer am Leben geblieben, das wär schlimm, stell dir vor, wenn ich sterbe, bevor Papa stirbt, das wär furchtbar, der könnte noch nicht mal die Waschmaschine anstellen, der weiß gar nicht, was ich wo eingefroren hab in der Kühltruhe, nee, das ist schon besser, man stirbt direkt zusammen, zwei Fliegen mit einer Klappe, das ist schon gut so, jedenfalls, was ich sagen wollte, die Schirrmachers, die sind dann also doch noch gestorben, im Krankenhaus, das ging ja schnell, die waren alt, aber nicht katholisch, auch nicht evangelisch, ich hab die noch nie in der Kirche gesehen, aber vom Islam waren die auch nicht, das hätte man ja mitbekommen, aber irgendwas müssen die gewesen sein, man kann doch nicht an nichts glauben, das geht nicht, jedenfalls sind die gestorben an den Brandverletzungen, und dann hat die Tochter ihre Eltern einäschern lassen, drei Tage später, und der Papa sagt, also das Geld für die Einäscherung, das hätte man sich sparen können. Furchtbar ist das mit dem, so was kann man ja nicht sagen, nee, der hat überhaupt keinen Sinn für … Dingens … Piä … Priä … Priorität. Und letzte Woche, da war der Papa bei Bestattungen Erb, die haben neu aufgemacht, Bestattungen Erb, was für ein Name!, jedenfalls, du glaubst nicht, was der Papa sich wieder geleistet hat, bei Bestattungen Erb. Also, ich würd mich ja nie verbrennen lassen, wenn ich mal nicht mehr bin, das wär mir viel zu heiß, und da bleibt ja auch nichts mehr übrig, nee, da lass ich mich lieber begraben. Solange man lebt, geht das alles noch, aber wenn man mal nicht mehr lebt, geht es nicht mehr, aber ich sag immer, das ist nicht schlimm, irgendwann ist Schluss, ich denk dann nur, wer soll die Grabpflege machen, wenn wir nicht mehr sind, also, du bist ja nicht mehr auf dem Friedhof gewesen, seit Oma tot ist, da warst du fünfzehn, Martin, da mach ich mir keine Hoffnungen, ja, das Sterben ist nicht das Schlimme, aber wenn du dann mal unten liegst und du kannst nichts mehr machen, das ist schlimm, niemand kümmert sich um dein Grab, all das Unkraut und keine Kerzen, und dann kommen die Leute an dem Grab vorbei und sagen, guck mal, wie das hier aussieht!, was?, sagen die, da liegt die Ilse drin?, nee, das hätt ich der nicht zugetraut, das hätt ich nicht von der gedacht, die war doch sonst immer so ordentlich, nee, keine Kerzen und so viel Unkraut. Also, da seh ich schwarz, Martin, da hat der Papa schon recht, wenn der sagt, die sollen uns senkrecht begraben, dann können wir die Grabpflege selber machen. Ja, und jetzt war der Papa also bei Bestattungen Erb, Bestattungen Erb, da komm ich nicht drüber weg, wie man so nen Namen haben kann. Das mit den Namen ist so ne Sache, da hinten an der Schöng, da wohnt ja das Brigittchen, die kennst du nicht, und die hat sich vor Jahren schon scheiden lassen von ihrem Mann, und der Mann hieß Nagel, aber den Namen hat die beibehalten, Brigitte Nagel, und dann hat die jemanden kennengelernt, der hieß Peter Nägele, der kommt aus dem Schwäbischen, der hat die Finger krumm stehen, so hält der das Geld zusammen, und den hat die geheiratet, und jetzt heißt die also Brigitte Nagel-Nägele, und die ist auch noch eine geborene Hammer, von hinten an der Hohlstraße, um die Ecke von der Kreuzung, wenn man an der Ampel hochgeht und an dem komischen Haus vorbei, wo die so lange dran gebaut haben, dass die nochmal neu anfangen mussten, weil da der Schimmel drin saß, und dann links rum, wenn du durch die Unterführung mit dem Tunnel gehst, der immer so dunkel ist, und dann an den Bäumen vorbei bei Henneskes, die man schon längst hätte fällen müssen, und irgendwann fallen die denen nochmal aufs Dach, die kennst du doch, die Henneskes, die haben so blaue Vorhänge vor den Fenstern, aber die Fenster, die sind sowas von speckig, da bin ich fies vor, jedenfalls, was wollte ich sagen, ach so, jetzt heißt das Brigittchen also Brigitte Nagel-Nägele, geborene Hammer. Das gibt es doch gar nicht, so was. Aber wie bin ich da drauf gekommen? Ach so, der Papa, der war bei Bestattungen Erb, und da
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