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Invasion der Götter

Invasion der Götter

Titel: Invasion der Götter
Autoren: Jason Atum
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vorangegangenen nur noch weiter überbieten. Noch nie waren die Einschaltquoten so hoch wie in den letzten Monaten, während alles andere nahezu zum Erliegen kam. Angestellte erschienen einfach nicht zur Arbeit, einige Ladengeschäfte waren bereits seit Wochen geschlossen, und die Stadt, von der man einst sagte, dass sie niemals schlafe, war nach Einbruch der Dunkelheit wie ausgestorben. Selbst am Tage waren inzwischen nur noch die ganz Hartgesottenen unterwegs. Umso irrealer schien es, dass Jonathan bereits am nächsten Tag in den Irak fliegen würde, um dort eine Ausgrabung zu leiten.
    Der junge Doktor der Archäologie und Anhänger der Prä-Astronautik stand an einem der riesigen Fenster seines Lofts und blickte auf die verschneiten Straßen hinab, als er das Schloss der Wohnungstür knacken hörte. Er kramte einen Inhalator aus seiner Hosentasche, betätigte ihn und atmete tief ein.
    »Iris? Bist du das?«, fragte er dann in Richtung der Lofttür.
    »Nein! Der Weihnachtsmann!«, entgegnete eine weibliche Stimme. »Nun, lieber Weihnachtsmann, du bist leider dieses Jahr ein wenig zu früh dran«, erwiderte er scherzend, woraufhin eine dick eingepackte Frau den abgegrenzten Bereich des Wohnzimmers betrat, die, ihrer Kleidung nach zu urteilen, geradewegs vom Nordpol zu kommen schien. Iris sah sich um und bemerkte die vielen Kerzen, die den Raum in ein warmes Licht tauchten. Verliebt warf sie Jonathan Blicke der Dankbarkeit zu. Auch sie hatte es in den letzten Tagen nicht gerade leicht gehabt. Immer beschwerlicher wurde der Gang in das Museum, in dem sie beschäftigt war. Auch wenn dessen Pforten schon lange geschlossen gehalten wurden, machte sich die Arbeit nicht von alleine.
     
    Jonathan konnte sich an die erste Begegnung mit Iris erinnern, als ob es gestern gewesen wäre. Es war im Park des Campusgeländes der Yale-Universität. Sie saß unter einem Baum und las ein Buch mit dem Titel »Archaische Texte aus Uruk« von Adam Falkenstein. Ungefähr eine halbe Stunde stand er ganz in ihrer Nähe und überlegte sich, wie er es am geschicktesten anstellen sollte, sie anzusprechen. Immer wieder beobachtete er, wie die grazile junge Frau eine einzelne widerspenstige Strähne ihres blonden schulterlangen Haars gedankenversunken hinter ihr rechtes Ohr streifte. Dann nahm er all seinen Mut zusammen, stellte sich direkt vor sie und sagte: »Eine recht trockene Lektüre, wenn du mich fragst.«
    Iris sah zu ihm auf und blickte ihn mit ihren stahlblauen Augen geradewegs an, als ob sie ihn durchleuchten wolle. Sogleich umspielte ein Schmunzeln ihre Lippen.
    »Du beobachtest mich bereits eine ganze Weile, und das ist das Intelligenteste, was dir einfällt?«, erwiderte sie harsch.
    Eingeschüchtert versuchte er seine Gedanken zu ordnen, in der Hoffnung, etwas Vernünftiges von sich zu geben, ohne dabei zu stammeln.
    »Ich wollte damit nur sagen, dass dieses Assyriologie-Lehrbuch nicht unbedingt mit einem Werk von Shakespeare zu vergleichen ist. Wobei, was die nüchterne Schreibweise angeht, durchaus Parallelen zu ziehen sind«, sagte er und versuchte dabei, cool zu wirken.
    Iris sah den jungen Mann mit einem überraschten Gesichtsausdruck an und begann zu lächeln.
    »Auch wenn ich dir widersprechen müsste, was den Vergleich angeht, da ich Falkenstein Shakespeare immer vorziehen würde, bin ich dennoch beeindruckt. Die wenigsten hier auf dem Campus wissen, was Assyriologie überhaupt ist. Aus diesem Grund nehme ich an, dass du dich ebenfalls mit altmesopotamischen Schriften beschäftigst.«
    »Nein, nicht direkt. Ich habe mich der Sumerologie im Allgemeinen verschrieben. Doch ich muss zugeben, dass mir die Keilschrift nicht sonderlich liegt. Im sprichwörtlichen Sinne ein Buch mit sieben Siegeln, das ich nicht zu übersetzen weiß.« Sie lachten, und damit nahm alles seinen Anfang mit den beiden.
     
    Nur die prasselnden Flammen des offenen Kamins und das Licht der Kerzen, von denen einige schon weit herabgebrannt waren, beleuchteten den Raum und verliehen ihm eine geradezu magische Atmosphäre. Genau so stellten sich die beiden einen perfekten Abend vor. Die geleerten Teller vor sich auf dem kleinen Tisch und mit einem Glas Rotwein in der Hand sahen sie von der Couch aus eng aneinandergekuschelt dem Spiel des Feuers zu. Nichts sonst schien in diesem Moment von Bedeutung zu sein – alles Leid in der Welt war nichtig.
    Unzählige Male hatten sie bereits Augenblicke wie diesen zelebriert, und selbst wenn Jonathan damals geahnt
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