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Intruder 2

Intruder 2

Titel: Intruder 2
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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leeres Handgelenk und dann wieder in die bodenlose Tiefe, in der die Tasche verschwunden war. Frank sagte irgendetwas, aber Mike sah nur, dass sich seine Lippen bewegten. Er deutete mit der freien Hand auf die Kopfhörer und zuckte die Achseln. Frank nickte. Der Pilot hatte die Musik nicht wieder eingeschaltet, aber der Lärm der Rotoren machte weiterhin jede halbwegs vernünftige Unterhaltung unmöglich.
    Der Rest des Fluges war schnell vorbei. Der Pilot flog keinen Umweg mehr, sondern lenkte die Maschine - vermutlich sehr viel schneller als geplant - direkt zum Heliport zurück. Er setzte ziemlich hart auf, schaltete den Motor ab und brachte irgendwie das Kunststück fertig, noch vor Mike aus der Maschine zu kommen. Als Mike ausstieg, streckte er den Arm aus, um ihm den Weg zu verwehren, und begann ihn mit einem Schwall von Vorhaltungen zu überschütten. Mike musste die Worte nicht verstehen, um ihren Inhalt zu begreifen.
    »Ich regle das schon«, sagte Frank. Er machte eine beruhi-gende Geste und unterbrach den Redeschwall des Piloten - mit dem Ergebnis, dass sich der Zorn des Mannes nun auf ihn entlud.
    Der Disput zog sich ein paar Minuten hin. Der Pilot deutete immer wieder wütend auf Mike, drehte sich aber am Schluss mit einem Ruck um und stapfte davon. Frank sah ihm kopfschüttelnd nach.
    »Und?«, fragte Mike.
    »Nichts«, antwortete Frank. »Mach dir keine Sorgen. Es ist alles in Ordnung. Er ist einfach nur sauer.«
    »Nicht ganz ohne Grund«, fügte Stefan hinzu. »Das war nicht so richtig clever.«
    »Jetzt macht euch nicht ins Hemd«, sagte Mike. »Ich habe schließlich kein Schwerverbrechen begangen, sondern nur ein paar Fotos gemacht.«
    »Das sieht der Pilot offensichtlich anders«, sagte Frank. Dann gab er sich einen sichtbaren Ruck, drehte sich ganz zu Mike und Stefan um und zwang etwas auf sein Gesicht, das er vermutlich für ein Lächeln hielt. »Genug jetzt. Es war trotzdem eine fantastische Tour. Vielen Dank.«
    »Kein Problem«, sagte Mike.
    »Das gilt auch für mich«, sagte Stefan. »Du hattest Recht. Es wäre Wahnsinn, am Grand Canyon zu sein, und diesen Rundflug nicht zu machen. Danke nochmals.« Er zögerte eine Sekunde, dann fragte er: »War in der Tasche was Wichtiges?«
    »Hm«, machte Mike.
    »Hm, ja oder Hm, nein?«, fragte Stefan.
    »Ich weiß es noch nicht«, antwortete Mike ausweichend. »Ich muss nachsehen.«
    »In der Tasche?«
    »Im Hotel«, antwortete Mike gereizt. »Ich muss nachsehen, ob ich sie vielleicht doch im Koffer habe.«
    »Die was?«, fragte Frank alarmiert. »Die Tickets?«
    »Die Hotelgutscheine«, gestand Mike zerknirscht. »Ich glaube, sie waren in der Tasche.«
    »Was?«, ächzte Frank.
    »Jetzt regt euch nicht auf«, sagte Mike rasch. »Vielleicht sind sie ja doch im Koffer.«
    »Aber warum, um Gottes willen, hast du sie denn mitge-schleppt?«, fragte Stefan fassungslos.
    »Weil ich blöd bin.«
    »Das scheint mir auch so«, sagte Stefan grimmig. »Bist du wahnsinnig geworden?«
    »Ich hatte vor, nachzusehen, wo wir heute übernachten«, antwortete Mike. »Und jetzt reg dich gefälligst ab. Vielleicht sind sie ja noch da.«
    »Und wenn nicht, dann rufen wir im Reisebüro an und lassen uns Ersatz schicken«, fügte Frank hinzu. »Für heute haben wir ja ein Zimmer.«
    »Als ob es so einfach wäre!«, antwortete Stefan. Er spießte Mike regelrecht mit Blicken auf. »So was Blödes ist mir ja noch nie untergekommen.«
    »Mir auch nicht«, sagte Mike. »Kommt. Besorgen wir uns ein Taxi.«
    Der Rückweg zum Hotel verging in unangenehmem Schweigen. Der Taxifahrer - der gleiche, der sie hergebracht hatte -
    gab sich redlich Mühe, sie zu unterhalten, stellte aber seine Animationsbemühungen ein, als keinerlei Reaktion erfolgte, und beteiligte sich am allgemeinen Schweigen.
    Auf Franks Bitte hin lud sie der Fahrer nicht vor dem Haupt-gebäude ab, sondern fuhr die wenigen Meter bis zu der Blockhütte, in der sie übernachtet hatten. Mike stieg aus dem Taxi.
    Sein Herz machte einen erschrockenen Satz.
    Direkt neben ihren Motorrädern parkte ein Streifenwagen.
    Zwei Beamte in kurzärmeligen kakifarbenen Hemden waren ausgestiegen und standen vor der beschädigten Intruder.
    Aus, dachte er. Sie hatten ihn. Sie hatten den toten Jungen gefunden und zwei und zwei zusammengezählt, und nun suchten sie ein Motorrad mit den dazu passenden Beschädigungen.
    In einer Minute würden die Handschellen klicken, und alles wäre vorbei.
    »Was ist denn da los?«, fragte Stefan.
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