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Intelligenz aus dem Nichts

Intelligenz aus dem Nichts

Titel: Intelligenz aus dem Nichts
Autoren: Keith Laumer
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oder dem Schmerz nachzugeben. Er war sich seiner nicht wirklich bewußt, nicht mehr jedenfalls als der Anziehungskraft der Erde.
    Oben angelangt, machte er Pause, erfreut über die veränderte Umgebung. Eine Ahnung der Größe der Welt überkam ihn. Nicht-ich war so viel größer als Ich.
    Die neuen Farben und Formen faszinierten ihn. Das Beige der Wand, das stellenweise abgesplitterte Grün der Bodenfliesen, das Rot des Feuerlöschers. Das Licht kam von einem Punkt über ihm. Er versuchte, danach zu greifen, und sofort schlug sein Kinn auf dem Boden auf. Er spürte Blut in seinem Mund und verbrachte eine halbe Minute damit, diese völlig neue Art von Gefühl auf sich einwirken zu lassen. Dann hob er sich auf die Knie und schließlich auf die Füße. Doch noch immer erreichten seine Finger die Lampe nicht. Er befahl sich, zum Licht aufzusteigen, aber nichts geschah.
    Aufrecht taumelte er jetzt weiter, bis etwas Unsichtbares seine ausgestreckten Hände aufhielt: das Glas der Außentür. Er drängte sich dagegen, denn bunte Farben lockten dahinter. Die Tür schwang auf. Er machte zwei Schritte und fiel kopfüber die Eingangsstufen hinunter. Schwer schlug sein Schädel auf dem rissigen Pflaster auf.
     
    Angelique hatte sich an diesem Abend besondere Mühe mit ihrer Toilette gemacht und bewunderte nun ihr Spiegelbild in einem der wenigen noch beleuchteten Schaufenster, ehe sie hinaus in die Dunkelheit und den leichten Nieselregen trippelte. Sie war nicht weit gekommen, als sie erschrocken zusammenzuckte. Aus niedrigen Büschen vor einer Treppe ragte ein Männerfuß heraus. Vorsichtig näherte sie sich ihm. Der Fuß war nackt und schmutzig, die Wade voll Schorf, und das Knie zeigte eine offene Wunde. Der Mann, zu dem das Bein gehörte, lag nackt im Gras, mit blutigen Lippen, Händen und Knien.
    »Großer Gott!« entfuhr es Angelique. Sie blickte zu dem abgeblätterten Schild hoch, auf dem 2. Polizeirevier stand.
    »Diese gemeinen Bullen!« Sie machte einen Bogen um das Hindernis und rannte weiter. Keuchend faßte sie einen Mann vor einer Bar am Arm. »Henny!« Sie schüttelte ihn. »Die verdammten Bullen sind zu weit gegangen. Haben einen armen Teufel splitternackt auf die Straße geworfen. Zusammengeschlagen, tot, vielleicht. Schnell, komm mit!«
    »Geht mich nichts an.«
    Sie zerrte ihn am Arm hinter sich her. Der Nackte lag noch in der gleichen Stellung neben den Büschen.
    »Teufel!« fluchte Henny.
    Angelique beugte sich über das bleiche, bartstoppelige Gesicht. »Er atmet.«
    »Handschellen«, brummte Henny.
    Angelique blickte auf das Licht hinter der Glastür. Der Korridor war leer, die Fenster dunkel. »Henny, wir müssen ihn wegschaffen. Hilf mir. Wir bringen ihn zu dir.«
    »Kommt nicht in Frage!«
    »Wenn du mir nicht hilfst, brüll’ ich und sag’, daß du mich belästigt hast.« Knirschend gab Henny nach.
     
    Seine Augen öffneten sich. Ein fremdes Gesicht blickte auf ihn herab. »He! Er kommt zu sich!« sagte das Gesicht schrill.
    Er hatte Schmerzen, die ihn wie Wellen überfluteten. Seine Kehle straffte sich. Mund und Zunge bewegten sich wie von selbst.
    »Meine Knie tun weh«, sagte er plötzlich und fing zu weinen an. Dicke, heiße Tränen rannen über seine Wangen. Es tat gut, zu weinen.
    »Reiß dich zusammen«, sagte die Frau. Er konnte sie verschwommen durch den Schleier vor seinen Augen sehen. Er wollte nicht, daß sie wegging. Sie sollte zusehen, wie er weinte. Impulsiv griff er nach ihr, doch sie wich zurück.
    Sein Blick fiel auf sein Handgelenk. Es steckte in einem glänzenden Reif mit vereinzelten braunen Flecken. Die Haut ringsum war aufgerissen. Blutkrusten hatten sich gebildet.
    »Es tut weh«, wimmerte er. Er wollte aufstehen, aber seine Beine weigerten sich. Er stürzte auf den Boden und zog die Decke mit sich. »Oh – oh«, heulte er. »Ich muß mal.«
    Die Frau fluchte. Ein Mann, den er zuvor nicht bemerkt hatte, sagte: »Teufel, ein Kretin!«
    »Steh nicht herum und red Unsinn. Schaff ihn aufs Klo. Der arme Kerl ist krank, er kann nichts dafür.«
    Fluchend schleppte Henny den Nackten zur Toilette. Interessiert studierte der Fremde das Gekritzel an der Wand.
    »He! Du sollst nicht lesen, sondern tun, wozu ich dich hergebracht hab’.«
    »Ich muß nicht mehr, ich habe schon.«
    Die Frau auf dem Gang lachte. Der Mann fluchte. Gemeinsam hoben sie ihn aufs Bett. Das Bett gefiel ihm. Aber er empfand trotzdem noch Schmerzen, das hatte er während des aufregenden Ausflugs den Gang
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