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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen
Autoren: Matha Grimes
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und weltgewandt halten. Und wohl kaum in Frage stellen würde man (zum Beispiel) den Sinn und Zweck der flugunfähig in einem verkümmerten Bäumchen sitzenden Eule oder das Gepardenfell, das neben einem alten Filmposter von Der blaue Engel an der Wand hing. Melrose konnte sich nicht erinnern, dass Marlene Dietrich in dem Streifen einen Geparden besessen hätte.
    Er folgte ihr in ein interessantes Arbeitszimmer, eine Art Bibliothek oder Studierstube, wo sich zwei zebragestreifte Zweiersofas gegenüberstanden. Zwischen ihnen befand sich ein Sofatischchen aus irgendeiner Sorte von Wurzelholz mit Glasplatte, auf der ein weiteres kleines Stück Wurzelholz stand, dessen Zweck sich ihm nicht erschloss.
    Unter der Glasfläche befanden sich mehrere Seiten eines uralten, ausfransenden, auf Arabisch, Hindi oder Sanskrit – wer konnte das wissen? – verfassten Manuskripts. Er fand die Kritzelzeichen doch sehr dicht und schwarz für ein mehrere tausend Jahre altes Dokument – wie sie zweifellos behaupten würde. Als Besucher konnte man hier sofort ein Gespräch in Gang bringen. An möglichen Themen mangelte es nicht.
    »Möchten Sie einen?« Sie trank irgendetwas Grünes, zweifellos handelte es sich um zerstoßenes Gras, und bot ihm dasselbe an. Nein, danke! »Ich hätte furchtbar gern ein Glas Wasser.« Die talentierte Mrs. Ripley, dachte er, würde dieser bescheidenen Bitte bestimmt etwas abgewinnen, was sie als in Sachen Wasser höchst bewandert erscheinen ließ.
    »Leitungswasser? Brunnenwasser? Quellwasser? Ich habe ein ausgezeichnetes Zandinski da, das ich aus Sankt Petersburg beziehe. Natürlich mit einem Schuss Wodka verfeinert.«
    Er erwiderte ihr Lächeln. »Wenn Sie San Pellegrino haben, das wäre schön.«
    »Selbstverständlich habe ich das.«
    Wer das nicht hätte, könnte wohl kaum stolz erhobenen Hauptes umhergehen, oder?
    Sie stellte ihr grünes Gebräu auf den Tisch und erhob sich. Dann flatterte sie von dannen. Sie trug Haremshosen. Die waren gelb, und das mit Pailletten reich verzierte Oberteil hatte die Farbe ihres Drinks.
    Solange sie weg war, sah Melrose sich im Zimmer um. Besonders faszinierend fand er die kleinen schwarzen Objekte, die zwischen diversen Tierköpfen an der Wand hingen. Er überlegte, worum es sich dabei handeln könnte, ohne sich ihnen jedoch weiter zu nähern. Natürlich waren auch Fotografien an die Wände geheftet. Auf einer waren Berge zu sehen oder vielmehr ein Berg, vor dem ein Grüppchen Leute stand, das sich entweder rüstete, ihn zu besteigen, oder gerade von der Bergtour zurückgekehrt war oder den Gipfel einfach nur aus der Ferne betrachtete. Wo war das? In den Schweizer Alpen? War das der Annapurna? Der Kilimandscharo? Das Hügelland gleich hinter dem Kreisverkehr kurz vor Northampton?
    Dann war sie mit seinem Pellegrino wieder da, das sie auf den Tisch stellte. »Heute bekommt man doch kaum noch Personal, besonders wenn man ein Hausmädchen ohne Akzent will. Wirklich, jeder kleine Laden wird von Ausländern betrieben. Gott sei Dank gibt es Fortnum’s! Ich muss gestehen, ich beziehe viele von meinen Mahlzeiten aus der Lebensmittelabteilung dort.«
    »Ich mag eigentlich Harrods Lebensmittelabteilung sehr gern« (in die er sich nie gewagt hatte), behauptete er, weil er zeigen wollte, dass er ebenfalls die Gewohnheit hatte, sich Mahlzeiten zum Mitnehmen einpacken zu lassen.
    »Oh, absolut! Meine Köchin, zwanzig Jahre hatte ich sie, hat geheiratet und ist nach Haworth gezogen, die Ärmste.«
    »Ah, Haworth. Dort war ich erst vor ein paar Jahren.« Was ihm von Haworth in Erinnerung geblieben war, war nicht das Haus der Brontës, das er links liegen gelassen hatte, sondern das Besucherzentrum und dieser grauenvolle Junge.
    »Billy hatte mit seiner Köchin doch großes Glück.«
    »Mit Mrs. Jessup?« Es war ihm herausgerutscht, bevor er es zurückpfeifen konnte. Woher sollte er Mrs. Jessup kennen?
    Sie war in der Tat überrascht. »Sie sind mit Mrs. Jessup bekannt? Wie höchst sonderbar. Nun, bei Ihrer Tätigkeit muss man wahrscheinlich mit jedem reden.«
    Im Stillen pries er sie dafür, ihm die Begründung geliefert zu haben, wenngleich sie die Detektivarbeit so hinstellte, als läge sie nur eine Stufe höher als die Tätigkeit in einem Kaufmannsladen. »Im Zuge meiner Ermittlungen befrage ich natürlich alle zum Hausstand Gehörenden. Dabei habe ich festgestellt, dass die Bediensteten oft mehr wissen als die Hausherrin oder der Hausherr.«
    Lachend meinte sie: »Ja. Das ist
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