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Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten
Autoren: Ian Rankin
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einen Kater zu verscheuchen, was so ziemlich der größte Kraftakt war, zu dem er sich momentan aufraffen konnte. Er hatte sich auf Bänke gesetzt und an Wände gelehnt und sich immer wieder die Stirn abgewischt, obwohl Edinburghs Vorfrühling ein sehr naher Verwandter des Mittwinters war. Sein Hemd klebte ihm feucht am Rücken und spannte jedes Mal unangenehm, wenn er aufstand. Das Wasserschwein hatte ihn fast mitleidig angesehen, und im lang bewimperten Auge des geduckten weißen Nashorns, das so regungslos dastand, dass es in einer Einkaufspassage nicht weiter aufgefallen wäre, aber dennoch in seiner Isoliertheit eine gewisse Würde ausstrahlte, schien etwas wie Wieder erkennen und Mitgefühl aufgeblitzt zu sein.
    Rebus fühlte sich isoliert und in etwa so würdevoll wie ein Schimpanse. Er hatte seit Jahren nicht mehr den Zoo besucht; er meinte, das letzte Mal sei gewesen, als er mit seiner Tochter hergekommen war, um ihr Palango, den Gorilla, zu zeigen. Sammy war so klein gewesen, dass er sie auf den Schultern getragen und dabei ihr Gewicht kaum gespürt hatte.
    Heute trug er lediglich ein verstecktes Funkgerät und ein Paar Handschellen bei sich. Er fragte sich, wie sehr er wohl auffallen mochte dadurch, dass er sich die ganze Zeit in einem so kleinen Bereich aufhielt und die Attraktionen weiter den Hang hinauf und hinunter mied und immer wieder mal zum Kiosk ging, um sich eine Dose Irn-Bru zu besorgen. Die Pinguinparade war gekommen und gegangen, ohne dass er sich von der Stelle gerührt hätte. Seltsamerweise mussten die Zoobesucher erst sensationslüstern weiterziehen, ehe das erste Erdmännchen erschien, sich auf die Hinterbeine stellte und sich mit schlankem schwankendem Rumpf sichernd umsah. Inzwischen waren zwei weitere aus ihrem Bau aufgetaucht und zogen, die Nasen am Boden, ihre Kreise. Dem schweigsamen Mann, der auf der niedrigen Umfassungsmauer ihres Geheges saß, schenkten sie nur wenig Beachtung; zogen in Abständen an ihm vorbei, während sie immer wieder dieselbe Ellipse von harter, festgestampfter Erde erkundeten, und machten lediglich dann einen Satz zurück, wenn er sich mit dem Taschentuch über das Gesicht wischte. Er spürte, wie das Gift in seinen Adern brodelte: nicht der Alkohol, sondern ein frühmorgendlicher doppelter Espresso aus einem der umfunktionierten Polizeikioske in der Nähe der Meadows. Er war auf dem Weg zur Wache gewesen, wo ihn die Mitteilung erwartete, dass heute Tierparkstreife auf dem Dienstplan stand. Der Spiegel auf der Toilette hatte nicht das geringste Taktgefühl bewiesen. Greenslade: »Sunkissed You're Not.« Überleitung zu Jefferson Airplane: »If You Feel Like China Breaking«.
    Aber es hätte schlimmer kommen können, hatte sich Rebus gesagt und stattdessen seine Gedanken auf die zentrale Frage des Tages gerichtet: Wer vergiftete die Tiere des Edinburgher Zoos? Tatsache war, dass irgendjemand es tat. Irgendein grausamer und berechnender Mensch, der bis dato der Aufmerksamkeit der Überwachungskameras wie der Wärter entgangen war. Die Polizei hatte eine ungefähre Personenbeschreibung, und Trage- und Manteltaschen der Besucher wurden stichprobenartig durchsucht. Aber was sich jeder - vielleicht mit Ausnahme der Medien - wirklich wünschte, war eine Festnahme, vorzugsweise bei gleichzeitiger Sicherstellung toxischen Beweismaterials.
    Vorerst hatte man, wie die Tierparkleitung erklärte, die paradoxe Situation, dass der Giftmörder sich positiv auf die Besucherzahlen auswirkte. Bislang waren keine Trittbrettfahrer zu verzeichnen gewesen, aber Rebus fragte sich, wie lange die noch auf sich warten ließen...
    Als Nächstes wurde die Fütterung der Seelöwen angekündigt. Rebus, der einige Zeit vorher an ihrem Becken vorbeigeschlendert war, fand es für eine dreiköpfige Familie nicht gerade groß. Das Erdmännchengehege war mittlerweile von Kindern umringt, während die Erdmännchen selbst wieder verschwunden waren, was bei Rebus eine seltsame Befriedigung darüber hinterließ, ihrer Gesellschaft für würdig befunden worden zu sein.
    Er entfernte sich, aber nicht allzu weit, und ging in die Hocke, um sich einen Schnürsenkel aufzuziehen und wieder zuzubinden - eine Prozedur, mit der er die Viertelstunden zelebrierte. Zoos und dergleichen hatten nie auch nur den geringsten Reiz auf ihn ausgeübt. Als Kind hatte er überdurchschnittlich viele Tiere verschlissen: Seine Schildkröte war trotz des auf dem Panzer aufgemalten Namens ihres Eigentümers auf
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