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Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten
Autoren: Ian Rankin
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und er stand mit eingeschalteter Warnblinkanlage am Bordstein und dachte über Nicky Petrie nach. Ihm einen Besuch abstatten oder nicht? Würde seine Freundin da sein? Würde Petrie ihm wieder eine bunte Mischung aus Lügen und Halbwahrheiten auftischen? Clarke wollte gerade den Mund aufmachen, um etwas zu sagen, als sie bemerkte, wie sich seine Hände um das Lenkrad krampften.
    Eine Frau kam gerade die Außentreppe von Petries Haus herunter. Rebus sah erst jetzt, dass ein Taxi am Straßenrand wartete. Sie stieg ein. Er hatte sie nur flüchtig gesehen: groß, gertenschlank. Ein blonder Pagenkopf. Schwarzes Kleid und schwarze Strumpfhose unter einem weiten schwarzen Wollmantel. Rebus schaltete die Blinker aus, fädelte sich hinter dem Taxi ein, fing an, Clarke die Situation zu erklären.
    »Was glauben Sie, wo sie hinwill?«
    »Gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.«
    Das Taxi fuhr in Richtung Princes Street, überquerte sie und kroch dann The Mound hinauf. Am oberen Ende über die Ampel und dann rechts in die Victoria Street hinein. Auf dem Grassmarket war Endstation. Nicola bezahlte den Fahrer und stieg aus. Sie sah sich etwas unsicher um. Ihr Gesicht wirkte wie eine Maske.
    »Bisschen stark geschminkt«, kommentierte Clarke. Rebus sah sich nach einer Parklücke um. Als er keine fand, ließ er den Wagen im Parkverbot stehen. Wenn er ein Knöllchen bekam, konnte es den übrigen im Handschuhfach Gesellschaft leisten.
    »Wo ist sie lang?«, fragte er, während er ausstieg.
    »Die Cowgate runter, glaube ich«, sagte Clarke.
    »Was, zum Teufel, will sie da?«
    Während der Grassmarket mittlerweile zu einer teuren Adresse geworden war, bildeten die sich unmittelbar östlich daran anschließenden Straßen noch immer »Hostel City«: ein Viertel, das die Besitzlosen der Stadt vorerst noch als ihr Revier betrachten durften. Sobald sich die Politiker auch hier breit gemacht hätten, würde die Sache natürlich anders aussehen.
    Sie standen an Straßenecken oder saßen auf den Stufen geschlossener Kirchen - mit ausgebeulten Hosen und wilden Barten, mit Zahnlücken und krummem Rücken. Als Rebus und Clarke um die Ecke bogen, sahen sie, dass die Frau übertrieben langsam durch ein Spalier von Bewunderern schritt, von denen sich nur eine Hand voll die Mühe machten, sie um etwas Kleingeld oder eine Zigarette anzubetteln.
    »Setzt sich gern in Szene«, sagte Clarke.
    »Und ist nicht wählerisch, was ihr Publikum anbelangt.«
    »Nur eins gibt mir zu denken, Sir -«
    Aber Nicola hatte sich umgedreht, um für einen anerkennenden Pfiff zu danken, und entdeckte die zwei Beamten. Sie wandte sich rasch wieder um und beschleunigte ihren Schritt, während sie ihre Umhängetasche aus Zebrafell fest an sich drückte.
    »Nicht gerade die geschickteste Beschattung«, meinte Clarke.
    »Sie kennt uns«, zischte Rebus. Sie eilten den Bürgersteig unter der George TV. Bridge entlang. Die Frau trug flache Schuhe, lief trotz ihres hinderlichen langen Mantels gut. Sie erwischte eine Lücke im Verkehr und flitzte über die Straße. Die Cowgate war ein Albtraum: eine enge Schlucht zwischen hohen Gebäudefronten. Zu den Hauptverkehrszeiten konnte das Kohlenmonoxid nirgendwo entweichen. Die Verletzung an der Brust zwang Rebus, etwas langsamer zu gehen.
    »Guthrie Street«, sagte Clarke. Darauf hielt Nicola zu. Die Guthrie würde sie hinauf zur Chambers Street führen, wo es für sie leichter sein würde, ihre Verfolger abzuschütteln. Aber als sie links in die steile Straße einbog, prallte sie mit einem Passanten zusammen, und das brachte sie aus dem Gleichgewicht. Etwas fiel zu Boden, aber sie rannte weiter. Rebus hielt kurz an, um das Ding aufzuheben. Eine blonde Perücke.
    »Was, zum Teufel...?«
    »Das versuchte ich Ihnen ja gerade zu sagen, Sir«, sagte Clarke. Weiter oben verließen Nicola allmählich die Kräfte, sie stützte sich an der Wand ab, schleppte sich förmlich die steile Straße hinauf.
    Hinken tat sie auch noch, hatte sich bei der Kollision offenbar einen Knöchel verstaucht. Als sie gerade die Chambers Street erreicht hatte, gab sie schließlich auf und blieb, jetzt mit kurzen, nicht mehr blonden, sondern sandfarbenen Haaren, mit dem Rücken an der Wand und laut keuchend stehen. Schweiß löste ihr Make-up auf. Und hinter der Maske entdeckte Rebus jetzt jemanden, den er nur allzu gut kannte.
    Nicht Nicola - Nicky, Nicky Petrie.
    Petries Worte: Eine puritanische alte Stadt — wo sonst sollten wir unsere Kicks
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