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Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck

Titel: Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck
Autoren: Caroline Graham
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erneut, auf und ab zu gehen. Mit leisen Schritten tapste sie über den ausgeblichenen gelben Aubussonteppich. Sie konnte keine Sekunde stillstehen. Und das seit jenem schrecklichen Augenblick auf der Brücke, als Carlotta ihr aus den Händen geglitten und ertrunken war. Denn inzwischen musste sie ganz bestimmt ertrunken sein.
      Ann war laut rufend am Fluss entlanggelaufen, hatte immer wieder ihren Namen gebrüllt und in die dunkle, reißende Strömung gestarrt. Sie war gelaufen, bis sie völlig erschöpft war. Schließlich hatte sie das Wehr erreicht, ein schmaler, weißer Schaumstreifen, der im Mondschein zischte. Nichts. Nicht die geringste Spur von Leben, weder Mensch noch Tier.
      Völlig aufgewühlt und elend vor Angst hatte sie sich ins Dorf zurückgeschleppt. Was sollte sie tun? Laut ihrer Uhr war seit dem Unfall fast eine halbe Stunde vergangen. Was hatte es jetzt noch für einen Sinn, jemanden zu alarmieren? Andererseits konnte sie es auch nicht für sich behalten. Mal angenommen, Carlotta war wie durch ein Wunder nicht ertrunken, sondern irgendwo hinter dem Wehr hängen geblieben. Vielleicht hatte sie es geschafft, sich an einen überhängenden Ast zu klammern, und hing jetzt klatschnass und verzweifelt in dem kalten Wasser und brauchte dringend Hilfe.
      Ann erkannte, dass sie einen furchtbaren Fehler gemacht hatte, als sie suchend und rufend am Flussufer entlanggerannt war. Es war ganz instinktiv geschehen, ein natürlicher menschlicher Impuls. Sie hätte zum nächsten Telefon laufen und den Notruf wählen sollen. Die hätten bestimmt keine halbe Stunde gebraucht. Und sie wären ordentlich ausgerüstet gewesen, mit Lampen und Seilen. Und mit Tauchern.
      Es gab eine Telefonzelle neben dem Red Lion, der bereits für die Nacht verrammelt war. Alle Kneipengäste waren gegangen. Ann drückte dreimal auf die Neun; der Hörer verrutschte immer wieder in ihrer verschwitzten Hand. Auf die Frage, wen sie sprechen wollte, zögerte sie und sagte dann die Polizei. Die würden, wenn nötig, ganz bestimmt den Krankenwagen rufen.
      Leicht wirr beschrieb sie, was passiert war, machte jedoch irgendwie deutlich, dass jemand in den Fluss gefallen und von der Strömung fortgerissen worden war. Eine sofortige Suche wäre ergebnislos geblieben. Sie gab den genauen Ort des Geschehens an, doch als man sie fragte, wann der Unfall passiert wäre, starrte sie auf ihre Uhr und versuchte, die Zahlen auf dem Zifferblatt zu enträtseln. Sie sagte, sie wüsste es nicht. Vielleicht vor einer halben Stunde. Vielleicht auch weniger. Und dann wollte die Person am anderen Ende der Leitung ihren Namen wissen.
      Ann ließ den Hörer fallen, der klappernd gegen die Glaswand der Zelle schlug. Es schnürte ihr die Kehle zu, als ob eine Hand sie fest umklammert hielt. Starr vor Entsetzen stand sie da. Ihr Name. Sie konnte doch unmöglich ihren Namen nennen. Ihre Gedanken rasten, und sie sah ihren Namen bereits in großen Lettern auf der Titelseite der Lokalzeitung - vielleicht sogar in den überregionalen Zeitungen. Sie malte sich die Konsequenzen aus. Den Kummer ihres Mannes und die möglichen Folgen für seinen Ruf. Seine schmerzliche Enttäuschung darüber, dass sie nicht nur versagt hatte, Carlotta das sichere Umfeld zu geben, das diese so dringend brauchte, sondern das Mädchen sogar aus dem Haus getrieben hatte. So würde es zumindest für ihn aussehen.
      Ann verlor sich völlig in ihren quälenden Gedanken. Als sie einige Augenblicke später wieder daraus auftauchte, unglücklich und den Tränen nahe, stellte sie fest, dass sie den Hörer eingehängt hatte.
      Zum Glück sah sie niemand auf dem Rückweg nach Hause. Ann war entsetzt, als sie sich im Flur im Spiegel sah. Ihr Gesicht war ganz schmutzig. Schuhe und Strümpfe klatsch-nass. Der Schweiß, der sich während ihrer wahnwitzigen Raserei den Fluss entlang auf ihrer Haut gebildet hatte, erkaltete nun, und sie fing an zu zittern.
      Noch bevor sie ihren Mantel ausgezogen hatte, ließ sie sich bereits ein Bad ein. Sie entschied sich gegen das Badesalz ihres Mannes, das »Linderung von Schmerzen und Verspannungen sowie eine belebende Wirkung bei Müdigkeit« versprach, und griff stattdessen nach dem die Sinne anregenden Schaumbad von Molton Brown. Es war ein Weihnachtsgeschenk von Louise Fainlight, duftete phantastisch, gab einen wunderbaren Schaum und war sicher viel besser bei VerSpannungen und Schmerzen. Müdigkeit war kein Problem. Im Gegenteil, sie hatte sich
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