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Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre

Titel: Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre
Autoren: Peter Robinson
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hatte zweifelsohne weitaus mehr verbrannt als seine Haut.
      Es waren gar nicht so sehr die Schmerzen. Die hatten nicht lange angehalten, an vieles konnte er sich eh nicht erinnern. Nein, es war der Verlust seiner irdischen Güter, der ihn am stärksten getroffen hatte. Er hatte das Gefühl, als treibe er dahin, ohne Anker, wie ein Luftballon, den ein unachtsames Kind losgelassen hatte. Noch schlimmer war, dass er meinte, ein Gefühl der Erleichterung verspüren zu müssen, die Befreiung von allem Materiellen, wie es Gurus und weise Menschen predigten, doch stattdessen war er unsicher und nervös. Sein Verlust hatte ihn nicht die Tugend der Einfachheit gelehrt, sondern nur gezeigt, dass ihm seine materiellen Güter mehr fehlten, als er sich je hätte träumen lassen. Dennoch war er bisher nicht in der Lage gewesen, die Energie und das Interesse aufzubringen, die eingebüßten Gegenstände zu ersetzen: seine CD-Sammlung, seine Bücher und DVDs. Er war zu träge, um neu zu beginnen. Kleidung hatte er sich natürlich gekauft - bequeme, praktische Sachen aber das war alles.
      Dennoch, fand er, als er sich eine Scheibe Toast mit Marmelade in den Mund schob und die Kritiken in der Zeitung überflog, dass es tatsächlich jeden Tag ein klein wenig besser wurde. Morgens fiel ihm das Aufstehen leichter, außerdem hatte er sich angewöhnt, an schönen Tagen hin und wieder den Hügel gegenüber hinaufzuwandern. Die frische Luft und die körperliche Anstrengung belebten ihn. Und Penny Cartwrights Musik am vergangenen Abend hatte ihm gefallen, und so langsam fehlte ihm seine CD-Sammlung. Vor einem Monat hatte er sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Kritiken in der Zeitung zu lesen.
      Und jetzt hatte sein Bruder Roy, der ihn im Krankenhaus weder besucht noch angerufen hatte, eine geheimnisvolle, dringliche Mitteilung auf Band gesprochen und sich nicht wieder gemeldet. Zum dritten Mal seit dem Aufstehen versuchte es Banks bei ihm. Wieder sprang der Anrufbeantworter an, die Stimme forderte ihn auf, eine Nachricht zu hinterlassen. Das Handy war noch immer ausgeschaltet.
      Banks konnte sich nicht länger auf die Zeitung konzentrieren. Er sah auf die Uhr und beschloss, seine Eltern anzurufen. Sie müssten inzwischen aufgestanden sein. Es bestand die geringe Chance, dass Roy bei ihnen war oder dass sie Bescheid über seinen Verbleib wussten. Er schien sich jedenfalls öfter bei ihnen zu melden als Banks.
      Seine Mutter ging ans Telefon. Sie wirkte aufgeregt, so früh am Morgen einen Anruf zu erhalten. In ihrer Welt bedeuteten frühe Anrufe niemals etwas Gutes. »Alan? Was ist los? Ist was passiert?«
      »Nein, Mum«, antwortete Banks, um sie zu beruhigen. »Alles in Ordnung.«
      »Geht's dir gut, ja? Bist du noch krank geschrieben?«
      »Ja, ich hab noch Urlaub«, erwiderte Banks. »Hör mal, Mum, ich wollte nur fragen, ob Roy vielleicht bei euch ist.«
      »Roy? Warum sollte der hier sein? Den haben wir das letzte Mal im Oktober bei unserer Goldenen Hochzeit gesehen. Das weißt du doch noch! Du warst doch auch da.«
      »Ja, ich weiß«, entgegnete Banks. »Ich habe bloß versucht, ihn zu erreichen ...«
      Die Stimme seiner Mutter wurde fröhlicher. »Ihr rauft euch also zusammen. Das freut mich.«
      »Ja«, sagte Banks, weil er seiner Mutter diesen kleinen Trost nicht nehmen wollte. »Ich frage lediglich, weil ich ständig seinen Anrufbeantworter dranbekomme.«
      »Wahrscheinlich, weil er auf der Arbeit ist. Du weißt doch, wie hart unser Roy arbeitet. Irgendwas hat er immer zu tun.«
      »Ja«, bestätigte Banks. Meistens etwas, das hart an der Grenze zur Kriminalität war. Weiße-Kragen-Kriminalität allerdings, und die zählte für manche nicht als Verbrechen. Wenn Banks es recht überlegte, hatte er keine Ahnung, womit Roy tatsächlich sein Geld verdiente. Nur dass es viel war. »Ihr habt also in letzter Zeit nichts von ihm gehört?«
      »Das habe ich nicht gesagt. Nein, er hat vor zwei Wochen angerufen, wollte wissen, wie es Vater und mir geht und so.«
      Der versteckte Vorwurf entging Banks nicht; er hatte sich seit einem Monat nicht mehr bei seinen Eltern gemeldet. »Hat er sonst noch was gesagt?«
      »Nicht viel. Nur dass er viel zu tun hätte. Er könnte auch verreist sein, weißt du? Hast du daran schon gedacht? Er hat etwas von einer wichtigen Geschäftsreise erzählt. Ich glaube, es war wieder New York. Da fliegt er ständig hin. Aber ich weiß nicht mehr, wann er dahin
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