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Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel

Titel: Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
Autoren: Peter Robinson
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freikommt. Vielleicht haben Sie ja Recht, Michael. Vielleicht werden wir die Geschworenen nicht davon überzeugen können, dass ein rechtschaffener Bürger wie Sie zwei junge Mädchen ermordet hat. Vielleicht können wir es Ihnen nicht einmal mit Ihren Texten und dem Tagebuch und den Haaren, die wir auf Deborahs Kleidung finden werden, beweisen. Aber Ihnen ist klar, wer uns glauben wird, nicht wahr, Michael? Ihnen ist klar, wer ganz genau weiß, wer >Onkel Michael< ist, wer weiß, was Montclair ist und dass es dort keine Schlösser an den Badezimmertüren gibt. Ihnen ist völlig klar, wer wissen wird, wer der Schreiber ist und um was es hier geht. Sir Geoffrey wird es wissen. Und Sie werden gar nichts erreicht haben. Wenn ich es recht bedenke, würde ich mich an Ihrer Stelle eher den Geschworenen stellen oder gar ins Gefängnis gehen, als mich dem Zorn von Sir Geoffrey auszusetzen, dessen einzige Tochter von dem Mann ermordet worden ist, dem er seit mehr als zwanzig Jahren vertraut hat. Was meinen Sie?«
      Einen Moment schwieg Clayton. »Ich will meinen Anwalt«, krächzte er dann. »Jetzt. Holen Sie sofort meinen Anwalt! Ich sage kein Wort mehr.«
      Verdammt und zugenäht, dachte Banks, da wären wir also wieder! Er rief den Constable von draußen ins Verhörzimmer. »Bringen Sie ihn bitte in die Vollzugsabteilung, Wigmore. Und sorgen Sie dafür, dass er seinen Anwalt anrufen kann.«
     
    * VI
     
    Owen saß bei seinem zweiten Pint und einem Scotch im Nag's Head und versuchte all seinen Mut zusammenzunehmen, um über die Straße zu Rebecca und Daniel zu gehen. Das Problem war, dass er sich schämte, ihnen gegenüberzutreten. Sie hatten an seine Unschuld geglaubt und er hatte sie bitter enttäuscht. Wenn diese Angelegenheit überhaupt noch irgendwie gerettet werden konnte, dann würde er ihnen die ganze Wahrheit erzählen müssen, auch das, was er mit Michelle gemacht hatte. Und er wusste nicht, ob er jetzt dazu in der Lage war. Er konnte sich selbst kaum eingestehen, dass er genau das geworden war, für was ihn jeder hielt: ein Mörder.
      Er schaute sich in dem einfallslos eingerichteten Pub um und fragte sich, was zum Teufel er eigentlich hier tat. Als er von der Brücke aus das Schild des Pubs gesehen hatte, kam es ihm wie ein Wink des Schicksals vor: Der Kreis schloss sich. Doch jetzt schien es keine so gute Idee mehr zu sein.
      Im Nag's Head herrschte ausgelassene Stimmung. An der Theke unterhielt der Wirt ein paar Freunde mit schmutzigen Witzen, an den Tischen saßen lachende Paare und Gruppen minderjähriger Teenager, die schon ein bisschen zu viel getrunken hatten.
      Er hatte keine Ahnung, was er machen sollte, wenn er ausgetrunken hatte. Entweder nach Hause gehen und auf die Polizei treffen oder noch etwas trinken und Rebecca und Daniel gegenübertreten. Aber noch mehr Alkohol würde es ihm auch nicht leichter machen, dachte er. Betrunken könnte er sich den beiden nicht mehr anvertrauen. Am besten trank er aus, stellte sich der Polizei und kehrte dann in die Arrestzelle zurück, in der er sich mittlerweile schon fast zu Hause fühlte.
      »Was haben Sie gesagt?«
      Als er die Stimme hörte, schaute Owen auf. Die Gespräche und das Gelächter waren verstummt. Der Wirt sammelte leere Gläser ein. Er stand vor Owens Tisch. »Tut mir Leid«, sagte er. »Ich dachte, Sie hätten was gesagt.«
      Owen schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich hatte er Selbstgespräche geführt. Er wich dem musternden Blick des Wirtes aus. Trotzdem spürte er noch, dass der Mann ihn anschaute und langsam erkannte. Er hatte sich seit ein paar Tagen nicht rasiert, durch Bewegungsmangel ein paar Pfund an den Hüften zugelegt und war im Gefängnis blass geworden, aber ansonsten sah er kaum anders aus als die Person, die in einer nebligen Nacht im letzten November allein in ebendiesem Pub gesessen hatte.
      Am besten trank er aus und verschwand, beschloss er, leerte den Scotch in einem Zug und spülte ihn mit Bier hinunter.
      Plötzlich sagte der Wirt: »Verdammt, er ist das! Ich glaube es nicht. Der hat ja Nerven!«
      Die Gäste an der Bar drehten sich wie ein Mann nach Owen um.
      »Er ist das«, wiederholte der Wirt. »Der Kerl, der in dieser Nacht hier war. Der diese beiden Mädchen ermordet hat.«
      Owen wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab, stand auf und bewegte sich auf die Tür zu.
      »Nee, sie haben ihn freigelassen«, sagte jemand.
      »Ja, aber nur, weil sie nicht genug Beweise
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