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Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche

Titel: Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche
Autoren: Peter Robinson
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Freundschaft. Unsere Familien kennen sich schon seit Jahren. Harry hatte morgens immer schreckliche Probleme, aus dem Bett zu kommen, und wenn die beiden einen langen Tag haben wollten, ist er schon abends rübergefahren, damit Michael dafür sorgen konnte, daß er früh genug aufstand. Den Abend haben sie dann damit verbracht, ihre Notizen durchzugehen und die nächsten Pläne festzulegen. Zu einer Vermißtenanzeige war also wirklich kein Grund. Ich habe doch geglaubt, Harry wäre in York.» Ihre Stimme geriet ins Schwanken, und die Tränen flossen erneut.
      Banks wartete einen Moment und ließ ihr Zeit, sich die Augen zu trocknen, bevor er seine nächste Frage stellte: «Mr. Ramsden war doch sicher beunruhigt, als Ihr Mann nicht auftauchte. Hat er angerufen, um zu erfahren, was passiert ist?»
      «Nein.» Sie legte eine Pause ein, um sich die Nase zu schneuzen, und fuhr dann fort: «Ich sagte Ihnen doch, es war eigentlich keine richtige Arbeit, sondern eher eine Art Hobby. Außerdem hat Michael sowieso kein Telefon. Wahrscheinlich hat er sich einfach gedacht, daß wir plötzlich Besuch bekommen haben und Harry nicht wegkonnte.»
      «Eine Frage noch, Mrs. Steadman, dann werde ich Sie nicht länger belästigen... Wissen Sie möglicherweise, wo Ihr Mann seinen Wagen abgestellt haben könnte?»
      «Auf dem großen Parkplatz am Fluß», antwortete sie. «Das Bridge hat keine eigenen Einstellplätze, deshalb parken die meisten Gäste da unten. Schließlich kann man die Wagen ja nicht einfach am Straßenrand stehenlassen, das ist wirklich zu eng.»
      «Haben Sie einen Zweitschlüssel?»
      «Harry muß ihn hier irgendwo deponiert haben. Ich benutze den Wagen nie, ich habe meinen alten Fiesta. Warten Sie einen Moment, ich schaue mal nach.» Mrs. Steadman verschwand in der Küche, kam kurz darauf mit den Schlüsseln zurück und gab Banks die Nummer von Steadmans beigefarbenem Sierra.
      «Könnten Sie mir vielleicht auch Mr. Ramsdens Adresse geben. Ich möchte, daß er möglichst rasch erfährt, was inzwischen passiert ist.»
      Mrs. Steadman schien ein wenig erstaunt, stellte jedoch keine Frage und gab die gewünschte Information. «Sie werden das Haus leicht finden», fügte sie hinzu. «Es gibt sonst nichts, im Umkreis von einer halben Meile. Werden Sie mich noch brauchen, um die... eh...»
      «Sie meinen, um die Leiche zu identifizieren?»
      Mrs. Steadman nickte.
      «Ja, ich fürchte, das muß sein. Aber das hat Zeit bis morgen. Gibt es jemanden, der eine Zeitlang bei Ihnen bleiben könnte?»
      Sie starrte ihn an, das Gesicht häßlich und vom Weinen aufgedunsen. Ihre Augen wirkten fischig hinter den gnadenlos vergrößernden Lupen der Brillengläser. «Mrs. Stanton von nebenan... wenn Sie vielleicht...»
      «Aber natürlich.»
      Banks ging zum Nachbarhaus. Mrs. Stanton, eine langnasige, aufgeweckte Person, hatte die Situation sofort erfaßt. Banks versuchte, ihr den Schock zu erleichtern. «Ich weiß», sagte er, «das kommt sehr plötzlich. Wenn man sich überlegt, daß Sie ihn wahrscheinlich gestern noch gesehen haben.»
      Sie nickte. «Ja, wirklich. Und die Vorstellung, daß das passieren konnte, während Emma und ich dagesessen und uns diesen dummen Film angesehen haben... Wie dem auch sei», schloß sie abgeklärt, «es steht uns nicht zu, die Wege des Herrn in Frage zu stellen.» Sie bat ihren Mann, der sich gemütlich in einen Ohrensessel gefläzt hatte und die News of the World studierte, den Braten im Auge zu behalten, und machte sich unverzüglich auf den Weg, um ihre Nachbarin zu trösten. Die trauernde Witwe in guten Händen wissend, kehrte Banks zurück zu seinem Wagen und zu Weaver, der unterdessen wieder die gewohnte rosige Gesichtsfarbe angenommen hatte.
      «Tut mir leid, daß mir schlecht geworden ist, Sir», murmelte Weaver. «Ich habe...»
      «Ich weiß, Sie haben noch nie eine Leiche gesehen. Machen Sie sich nichts daraus, Constable, das geht allen so beim erstenmal - und das Mitleid ist bei weitem schlimmer. Wie wär's, wenn wir jetzt rüber ins Bridge fahren und etwas essen?» Weaver nickte. «Was mich betrifft, ich sterbe vor Hunger», fuhr Banks fort, «und Sie sehen ganz danach aus, als ob Sie einen Brandy vertragen könnten.»
      Während er auf der High Street von Helmthorpe die kurze Strecke zum Bridge zurücklegte, rekapitulierte er sein Gespräch mit Mrs. Steadman. Er hatte sich seltsam befremdet und unbehaglich gefühlt. Nach dem ersten
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