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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman
Autoren: Colleen McCullough
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flussaufwärts zu William Champions Schmelzhütten auf flache Lastschiffe umgeladen. Quäker, friedliche Leute, aber trotzdem so geldgierig und ehrgeizig. Die Champions und Harfords, Frys und Farleys, Teasts und Blannins, Callowhills und Goldneys. William Penn hatte eine Callowhill geheiratet. Die Bristoler Quäkergemeinde hatte ihm Geld geliehen, als ein Angestellter ihn durch Unterschlagungen in Schwierigkeiten gebracht hatte. Jetzt gehörte die Kolonie, die seinen Namen trug, Pennsylvania, zu den dreizehn Kolonien, denen der König den Krieg erklärt hatte. Quäker, die mit der Brown Bess hantierten. Seltsam.
     
    Es gibt so viele seltsame Dinge auf Erden, Gott. Nimm mir nicht meinen Sohn!
     
    Richard wünschte sich sehnlichst, in Clifton zu leben. Dort erkrankten die Menschen nicht an der Schwindsucht, an der Ruhr und an bösartigen Halsentzündungen, Fieber oder Pocken, weder die einfachen Leute in den Hütten und Verschlägen drunten an der Straße nach Hotwells noch die hochmögenden Herrschaften droben in den säulengeschmückten Palästen. In Clifton hatten die Kinder eine Chance, zu überleben.
    Mary war sein täglicher Sonnenschein gewesen. Sie hatte seine graublauen Augen und seine gewellten dunklen Haare geerbt, dazu die wohlgeformte Nase ihrer Mutter und die reine Haut beider Eltern. Das Beste von beiden, wie Richard zu sagen pflegte. Dabei hatte er gelacht und das kleine Wesen an sich gedrückt, und Mary hatte ihn entzückt mit ihren Augen - seinen Augen - angesehen. Mary war Papas Liebling, daran gab es keinen Zweifel. Sie konnte nicht genug von ihm bekommen, und ihm ging es mit ihr genauso. Die beiden klebten förmlich aneinander, stellte Dick Morgan leicht missbilligend fest. Die stets beschäftigte Peg hatte sich nur lächelnd damit abgefunden. Nie machte sie ihrem geliebten Richard Vorhaltungen, dass er den Teil der Zuneigung des Kindes, der eigentlich ihr, der Mutter, gebührte, ebenfalls für sich beanspruchte. Spielte es denn eine Rolle, von wem die Liebe kam, solange sie da war? Nicht alle Männer waren gute Väter, und bei
den meisten setzte es allzu schnell Prügel: Richard erhob nie die Hand gegen seine Tochter.
    Nach drei Jahren war Peg endlich wieder schwanger. Die Nachricht versetzte beide Eltern in freudige Erregung. Sie hatten sich schon Sorgen gemacht. Jetzt würden sie endlich einen Jungen bekommen!
    »Ganz bestimmt ist es diesmal ein Junge«, sagte Peg, als ihr Bauch anschwoll. »Es fühlt sich anders an.«
    Dann brachen die Pocken aus. Seit undenklichen Zeiten lebten die Menschen mit dieser Geißel. Allerdings war die Zahl der Todesfälle wie bei der Pest langsam zurückgegangen. Nur noch ganz schlimme Epidemien forderten viele Opfer. Auf der Straße begegnete man oft von Pockennarben entstellten Gesichtern - hässlich zwar, aber wenigstens waren die Menschen mit dem Leben davongekommen. Auch Dick Morgan hatte im Gesicht einige leichte Narben. Mag und Peg dagegen hatten als Mädchen nur Kuhpocken gehabt. Der Aberglaube auf dem Lande wollte, dass, wer die Kuhpocken gehabt hatte, niemals die Pocken bekam. Mag hatte Richard deshalb mit fünf Jahren auf den Hof ihres Vaters in der Nähe von Bedminster gebracht, als dort die Kuhpocken umgingen. Sie hatte den kleinen Burschen so lange zum Melken mitgenommen, bis sich bei ihm die gutartige, immunisierende Variante der Pocken zeigte.
    Richard und Peg hatten mit Mary dasselbe vorgehabt, doch gab es in Bedminster zu dieser Zeit keine Kuhpocken. Noch nicht vier Jahre alt, bekam Mary plötzlich schreckliches Fieber. Sie krümmte sich vor Schmerzen und schrie immerzu in panischer Angst nach ihrem Vater. Als Vetter James, der Apotheker, kam - die Morgans wussten, dass er ein besserer Arzt war als alle offiziellen Ärzte von Bristol -, schaute er sehr ernst drein.
    »Wenn das Fieber zurückgeht, sobald sich die Flecken zeigen, wird sie überleben«, sagte er. »Es gibt keine Arznei, die Gottes Willen ändern kann. Haltet sie warm, lasst keine Zugluft an sie heran.«
    Richard pflegte seine Tochter aufopferungsvoll. Stunde um Stunde saß er an ihrem Bettchen, das er selbst gezimmert und
kunstvoll mit Kardanringen versehen hatte, sodass es sanft schaukelte und nicht knarrte wie andere Wiegen. Am vierten Tag nach Beginn des Fiebers zeigten sich die Flecken, graublaue Pusteln, die aussahen, als ob Blei in ihre Mitte injiziert worden wäre. Sie bedeckten Gesicht, Unterarme und Hände, Unterschenkel und Füße. Richard sprach mit Mary, sang ihr leise
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