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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman
Autoren: Colleen McCullough
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still um die Pläne, während Liverpool, ideal am Mersey gelegen, beständig an Bristols Seehandel knabberte. Und der gesamte Handel der Stadt wurde per Schiff abgewickelt, denn auf Grund des bergigen Umlands und der entsetzlich schlechten Straßen mussten alle Güter die Stadt auf dem Seeweg verlassen - Schnupftabak, Gebrauchsgegenstände aus Messing und Kupfer, Kalk, Porzellan, Glas, Stoffe, raffinierter Zucker, Rum, Seife und vieles mehr.
    Den Bürgern von Bristol bereitete all dies erhebliches Kopfzerbrechen. Auch in Richard kamen beim Anblick der vielen Schiffe instinktiv alte Sorgen hoch, doch wandte er sich in Gedanken bald wieder den Problemen zu, die ihn vordringlich beschäftigten.

    Herr im Himmel, erhöre mein Gebet! Behüte meinen Sohn. Nimm ihn nicht von uns …
     
    Richard Morgan war nicht der einzige Sohn seines Vaters. Er hatte einen jüngeren Bruder, William, Betreiber eines Sägewerks drunten am St.-Philips-Ufer des Avon, und drei Schwestern, die alle eine gute Partie gemacht hatten und mit angesehenen Bürgern verheiratet waren. Morgans gab es in verschiedenen Stadtteilen, aber die Morgans von Richards Familie, ursprünglich vielleicht Einwanderer aus Wales, waren inzwischen so lange in der Stadt ansässig, dass sie eine gewisse gesellschaftliche Bedeutung erlangt hatten. Wichtige Mitglieder der Sippe wie Vetter James, der Apotheker, standen großen Unternehmen vor, gehörten bedeutenden Handelsgesellschaften an oder saßen in der Stadtverwaltung. Sie spendeten erhebliche Summen an die Armenhäuser und hofften, eines Tages Bürgermeister zu werden.
    Richards Vater gehörte nicht zu den bedeutenden Familienmitgliedern, er machte der Familie aber auch keine Schande. Nach einer einfachen Schulbildung hatte er eine Lehrzeit als Gastwirt absolviert. Dann, nach Abschluss seiner Ausbildung und als freier Mann, der seine Gebühr bezahlt hatte, hatte er nur noch ein Ziel vor Augen: ein eigenes Wirtshaus. Eine standesgemäße Heirat wurde arrangiert. Margaret Biggs kam aus einer Familie braver Bauern und konnte sogar lesen, allerdings nicht schreiben. Die Kinder kamen in kurzen Abständen, was darüber hinweghalf, dass nicht alle überlebten. Das erste Kind war ein Mädchen, zuletzt waren es zwei Söhne und drei Töchter, gesunde Kinder und nicht so viele, dass das Essen nicht für alle gereicht hätte. Zumindest ein Sohn sollte lesen und schreiben können. Als klar wurde, dass William, zwei Jahre jünger als sein Bruder, kein guter Schüler war, konzentrierte Dick seine Hoffnungen auf Richard.
    Im Alter von sieben Jahren wurde Richard in Colstons Knabenschule gegeben. Er trug jetzt den berühmten blauen Mantel, der allen Bristolern anzeigte, dass sein Vater arm, aber rechtschaffen war und ein treuer Anhänger der anglikanischen Kirche. Im Lauf der nächsten fünf Jahre bekam er Lesen, Schreiben und Rechnen
eingebläut. Er erlernte eine saubere Handschrift und das Kopfrechnen und arbeitete sich durch Cäsars Gallischen Krieg , Ciceros Reden und Ovids Metamorphosen , angetrieben durch den pfeifenden Rohrstock und den beißenden Spott des Lehrers. Richard war ein guter, wenn auch kein glänzender Schüler und obendrein von ruhigem, einnehmendem Wesen, deshalb überstand er die philantropische Einrichtung des verstorbenen Mr Colston unbeschadeter als manch anderer und mit mehr Gewinn.
    Mit zwölf Jahren war es Zeit, die Schule zu verlassen und ein Gewerbe oder Handwerk zu wählen, das seiner Schulbildung entsprach. Sehr zur Überraschung der Verwandtschaft schlug Richard einen Weg ein, den bisher noch kein Morgan gegangen war. Er hatte eine besondere Begabung für mechanische Dinge, für das Zusammensetzen der Teile eines Puzzles. Damit einher ging eine für einen so jungen Menschen bemerkenswerte Geduld. Auf eigenen Wunsch wurde er Lehrling bei Senhor Tomas Habitas, dem Büchsenmacher.
    Sein Vater war darüber insgeheim erfreut. Ihm gefiel die Vorstellung eines Morgan, der einmal kein Kaufmann oder Gastwirt war, sondern Handwerker. Außerdem gehörte der Krieg zum Leben, und Gewehre gehörten zum Krieg. Wer Gewehre herstellen und reparieren konnte, war weniger gefährdet, Kanonenfutter auf dem Schlachtfeld zu werden.
    Sieben Jahre dauerte die Lehrzeit. Richard fand Gefallen an der Arbeit, auch wenn er mit einigen Entbehrungen vorlieb nehmen musste. Er wohnte wie alle Lehrlinge im Haus des Meisters, bediente diesen bei Tisch, ernährte sich von den Essensresten und schlief auf dem Fußboden. Glücklicherweise
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