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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman
Autoren: Colleen McCullough
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vor, hielt ihre unruhigen Hände, während Peg und Mag die Laken wechselten, und wusch ihr kleines Gesäß, das so runzlig und ausgetrocknet war wie bei einer alten Frau. Das Fieber ging nicht zurück. Als die Pusteln schließlich aufplatzten und zu Wunden wurden, erlosch Mary sanft und leise wie eine Kerze.
    Vetter James, der Kirchenmann, war pausenlos mit Beerdigungen beschäftigt. Doch die Morgans genossen verwandtschaftliche Vorrechte, und so beerdigte er die dreijährige Mary Morgan trotz seiner knappen Zeit mit allem Pomp, den die anglikanische Kirche zu bieten hatte. Am Ende ihrer Kräfte und kurz vor der Niederkunft stehend, stützte Peg sich auf ihre Tante und Schwiegermutter. Richard schluchzte hemmungslos und erlaubte niemandem, sich ihm zu nähern. Seinem Vater, der selbst Kinder verloren hatte - und wer hatte das nicht? -, war der maßlose Kummer, das unschickliche, unmännliche Verhalten seines Sohnes peinlich, doch Richard kümmerte das nicht, er merkte es nicht einmal. Seine kleine Mary war tot, und er, der gerne an ihrer Stelle gestorben wäre, lebte. Gott war nicht gut, nicht freundlich und gnädig. Gott war ein Ungeheuer, schlimmer noch als der Teufel, der wenigstens nicht so tat, als sei er gut.
     
    Es war ein Glück, dass Peg bald ihr zweites Kind bekommen würde, darin waren sich Dick und Mag Morgan einig. Die einzige Abhilfe für Richards Kummer war ein neues Baby, das er lieben konnte.
    »Vielleicht lehnt er es ab«, meinte Mag besorgt.
    »Richard doch nicht!«, sagte Dick verächtlich. »Der ist viel zu weich.«
    Dick behielt Recht. Zum zweiten Mal tauchte Richard Morgan in ein Meer von Liebe ein. Diesmal allerdings kannte er dessen ungeheure
Tiefen, die Gewalt seiner Stürme und seine endlose Weite. Bei diesem Kind, hatte er sich geschworen, würde er den Dingen ihren Lauf lassen, würde er seine Kraft nicht in nutzlosen Kämpfen verausgaben. Ein Vorsatz, der freilich nicht länger währte als bis zu jenem ewigen Augenblick, in dem er das Gesicht und die unschuldigen kleinen Händchen seines Sohnes zum ersten Mal sah - dieses quicklebendigen neuen Wesens auf der traurigen alten Erde. Blut von seinem Blut, Fleisch von seinem Fleisch.
    Nicht die Frauen gaben den Kindern die Namen. Diese Aufgabe fiel Richard zu.
    »Nenne ihn Richard«, sagte Dick. »Das ist Tradition.«
    »Nein, wir haben schon einen Dick und einen Richard, was sollen wir da noch mit einem Dickon oder Rich?«
    »Mir gefällt Louis gut«, sagte Peg ruhig.
    »Noch ein papistischer Name!«, brüllte Dick. »Und ein Name für einen Franzmann!«
    »Ich werde ihn William Henry nennen«, sagte Richard.
    »Bill, wie sein Onkel«, sagte Dick erfreut.
    »Nein, Vater, nicht Bill und nicht Will, auch nicht Willy oder Billy oder William. Er heißt William Henry, und so werden ihn alle nennen.« Richard hatte es so entschieden gesagt, dass die anderen verstummten.
    Die ganze Familie freute sich über den Namen. Wer von allen William Henry genannt wurde, musste ein bedeutender Mann werden. Richard erzählte Mr Thistlethwaite davon, als er ihm seinen neugeborenen Sohn vorstellte. Mr Thistlethwaite schnaubte verächtlich.
    »Genau wie Lord Clare, der eigentlich Robert Nugent heißt«, sagte er. »Begann als Schulmeister, heiratete drei dicke, hässliche alte Witwen, die alle schwerreich waren, hatte, äh, das Glück, sie alle schnell wieder loszuwerden, wurde Parlamentsabgeordneter für Bristol und begegnete in dieser Funktion dem Prinzen von Wales. Der simple Robert Nugent, er schwamm nur so im Geld, das er dann großzügig an unseren aufgeschwemmten Thronerben verlieh. Keine Zinsen und keine Tilgung durch den Prinzen, bis nicht einmal mehr der König die Schulden ignorieren konnte. So wurde
der simple Robert Nugent zum Viscount Clare befördert, und jetzt ist eine Straße in Bristol nach ihm benannt. Er wird noch als Graf enden. Meine Londoner Informanten berichten mir, dass sein Geld nach wie vor in großer Menge dem Prinzen zufließt. Du musst zugeben, mein lieber Richard, der Schulmeister macht Karriere.«
    »Das macht er in der Tat«, sagte Richard, überhaupt nicht beleidigt. »Obwohl es mir lieber wäre, wenn William Henry Erster Seelord würde und sich den Adelsstand verdiente. Generäle sind immer adlig, weil sich Armeeoffiziere ihre Beförderungen erkaufen müssen, aber Admiräle können durch Prisengelder und ähnliche Dinge zu Vermögen kommen.«
    »So spricht ein echter Bürger Bristols! Er denkt immer zuerst an Schiffe. Obwohl
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