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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen
Autoren: Noemi Jordan
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ihr Heimweh. Elisa hatte man nach ihrer Rückkehr mit offenen Armen empfangen, weil das ganze Dorf begeistert davon war, wie viel Kelii über die Welt und die Sitten der Weißen wusste. Sie wurden gebraucht, als Heiler, aber noch viel mehr als Berater. In dieser Nacht würde Kelii offiziell zum neuen Oberhaupt des Dorfes gewählt werden. Auch deshalb war Elisa heute hinunter zum Wasserfall gegangen. Sie brauchten die magische Pflanze für die Zeremonie.
    Kurz sah Elisa jetzt nach der kostbaren Beute, die eingewickelt in ein fleischiges Blatt auf der Wäsche in dem kleineren der beiden Körbe lag. Sechs dünne Pflanzenstiele, teils gewunden, hingen als Geflecht an einem zarten Blatt. Elisa hatte sie auf einem mit Moos bewachsenen Wasserfelsen gefunden. Sie fühlte sich der seltenen Pflanze zutiefst verbunden. Mit ihrer Hilfe konnte sie zwischen den Welten wandern und hatte einen Lichtfaden zu ihrer Blutschwester Maja in der fernen Zukunft.
    Diese geheimen Pfade waren nur wenigen Eingeweihten offen und würden in der Zukunft ganz verschlossen werden, so zumindest lautete die alte hawaiische Prophezeiung. Deshalb war es für Elisa so wichtig, ihrer Nebelfreundin Maja über die Träume Botschaften zu schicken. Es war nur mithilfe dieser magischen Pflanze möglich. Jedoch war es inzwischen bei Strafe verboten, Tausend-Nebel-Heilpflanzen zu pflücken, zu besitzen oder zu Heilzwecken zu verwenden.
    Elisa hatte sich nach dem Abschneiden vergewissert, ob die Pflanze auch feucht genug eingewickelt war, um bis zum Dorf zu überleben. In ihrer Hütte hatte Maja ein spezielles Tongefäß.
    Es war ein seltenes Geschenk der Pflanzengöttin, ihr heute sechs Stiele und ein ganzes Blatt im Wasserbecken zu offerieren. Keinesfalls durfte die Wirkung abgeschwächt werden, indem die Pflanzen zu schnell austrockneten.
    Das potente Halluzinogen war seit Jahren essentieller Bestandteil in Elisas Heilkräuterapotheke. Als Traumgängerin der höchsten Ebene war sie zwar im Rahmen ihrer Ausbildung zur Kahuna initiiert worden, doch ohne die Pflanze kam kein Traumgänger sehr weit. Sich über Zeitebenen hinwegzuträumen und immer wieder den gleichen Menschen zu erreichen, war eine große Kunst, die ohnehin nur wenige beherrschten. Jetzt, während der Schwangerschaft, überließ Elisa es Kelii. Er war der Einzige im Dorf, der ebenfalls zum Traumgänger ausgebildet war.
    Â»Ma! Du musst dich beeilen!«
    Eli rief nach ihr und winkte heftig mit den Armen. Seine Stimme klang alarmiert. Neben ihr konnte Elisa ihre Freundin Amala ausmachen, die ebenfalls mit den Armen ruderte. Sie musste sich beeilen.
    Â»Ich komme …«
    Elisa packte die Pflanze wieder weg, ohne ein winziges Stück auf seine Wirkung hin zu testen, wie sie es sonst immer tat. Wegen des Kindes in ihrem Bauch traute sie sich nicht. Dann hastete sie das restliche Stück Weg nach oben.
    Als sie kurz darauf vom Dorfrand aus mit Eli und Amala die weißen Männer in Uniformen auf der anderen Seite des Tals sah, begannen ihre Hände zu zittern. Sie war froh, dass Eli und Amala ihr rechtzeitig Bescheid gesagt hatten, denn so würde sie die verbotenen Pflanzen noch rechtzeitig verstecken können. Die Männer kamen den offiziellen Weg zum Dorf hoch, das dauerte mindestens noch zwanzig Minuten. Sie waren insgesamt zu sechst, unter ihnen der Verwalter ihres Onkels, Piet van Ween. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
    Â»Wollen sie dir etwas tun, Ma?«
    Â»Das weiß ich nicht, Eli, aber das regle ich schon. Du kannst ruhig mit den anderen Kindern spielen.«
    Doch Eli rührte sich nicht von der Stelle. Obwohl er ihr noch nicht einmal ganz bis zum Bauchnabel ging, stellte er sich instinktiv vor sie. Mit grimmiger Miene und dem Gebaren eines Kriegers sah er den Männern entgegen.
    Das Auftauchen von Uniformierten bedeutete in letzter Zeit nichts Gutes. An diesem Spätnachmittag waren fast nur ältere Frauen und kleinere Kinder im Dorf, die anderen arbeiteten für die Plantage von Elisas Onkel unten im Tal, eine gute Stunde Fußmarsch entfernt. Die älteren Männer, die zu verbraucht waren, um auf den Zuckerrohrfeldern zu arbeiten, bereiteten oberhalb des Dorfes den Versammlungsort für das nächtliche Fest vor. Bei ihnen war auch Kelii.
    In den Bergen, oberhalb des großen Felsens, wurde bei Vollmond die große Dorfversammlung mit Tanz, Gesang und üppigem Essen abgehalten. Heute
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