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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen
Autoren: Noemi Jordan
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seit sein Vater im letzten Jahr plötzlich verstorben war, wurde Kelii dringend gebraucht. Dem Dorf standen schwierige Zeiten bevor, denn wie überall auf den Inseln war das Leben ohne den Schutz ihrer Königin sehr viel härter geworden. Das ursprüngliche Verwaltungssystem der Hawaiianer, basierend auf den Ali’i, der Schicht von Adeligen, zu denen auch Keliis Familie gehörte, brach nach und nach zusammen.
    Elisa wusste sich keinen Rat, wodurch das Altbewährte ersetzt werden konnte. Auf jeder der Inseln hatten mittlerweile weiße Plantagenbesitzer das Sagen. So hatten es die Amerikaner bestimmt in angeblich demokratischen Abstimmungen, die bei näherem Hinsehen mehr als kriminell waren. Gerit Janson, ihr ehemaliger Vergewaltiger, war das beste Beispiel dafür. Wer diesem Mann in die Quere kam, verließ am besten sofort die Insel. Das war auch der Grund, warum Elisa sich kaum noch aus dem Radius ihres Bergdorfes hinauswagte. Sie wollte Janson keinesfalls provozieren.
    Die Freunde aus dem Dorf, die oft noch abends am Feuer über die neusten Entwicklungen berieten, waren sich einig, dass die weißen Einwanderer nicht viel anzubieten hatten außer ihrer Gier nach immer mehr Profit durch Zuckerrohr.
    Â»Braucht Downtown Honolulu eine moderne Straßenbahn?«
    Â»Warum soll eine Hawaiianerin ihren fülligen Bauch in ein Gefängnis aus Fischknochen sperren, in dem sie kaum mehr atmen kann?«
    Â»Muss der neue Hafen von Pearl Harbor ausgebaut werden, um aus aller Welt Schiffe zu versorgen, obwohl das Korallenriff an der Hafeneinfahrt der heilige Ort unserer aumakua ist? Was werden die Haie sagen? Welches Unheil werden die Götter über uns bringen, wenn wir die alten Heiligtümer nicht mehr verehren und bewahren?«
    Elisa konnte keine dieser Fragen wirklich beantworten, ob es nun um Straßenbahnen oder um Korsetts ging. Meistens wurde sie bei solchen Gesprächen still und schmiegte sich an Kelii. Auch sie hatte Angst vor der Zukunft. Würden die vielen Schiffe noch mehr Unheil über diese paradiesischen Inseln und ihre Bewohner bringen? Was für Krankheiten kamen als Nächstes? Die Beulenpest, Masern, Syphilis und jetzt verstärkt das Gelbfieber und Lepra hatten die Urbevölkerung ohnehin schon gefährlich geschwächt. Nur noch ein Fünftel der Inselbewohner waren Polynesier, dazu kamen einige, die sich mit anderen Völkern vermischt hatten.
    Elisa hatte sich erst vor Kurzem mit ihrem Mann über das Thema Gerechtigkeit gestritten, denn im Jahr 1900 stellten den größten und vor allem ärmsten Bevölkerungsanteil auf Hawaii arme Chinesen und Japaner, aus beiden Ländern wurden ständig neue ungebildete Gastarbeiter nach Hawaii geholt. Die Arbeiter aus den hawaiischen Dörfern reichten schon lange nicht mehr, um den Profit der weißen Plantagenbesitzer zu erhöhen.
    Vor allem die Chinesen waren ein Desaster für Hawaii, da die Männer deutlich in der Überzahl waren und ständig nach Frauen suchten. Die Krankheiten, die diese Einwanderer mit sich brachten, vor allem, wenn sie kurzlebige Beziehungen mit jungen Hawaiianerinnen eingingen, waren oft tödlich für die ursprünglichen Einwohner eines ganzen Dorfes. Die Körper der Hawaiianer hatten nicht genug Abwehrkräfte ausgebildet. Dazu kam der gnadenlose Kampf um Grundbesitz, den vor allem reiche und skrupellose Plantagenbesitzer wie Elisas Onkel Paul auf den Inseln anheizten. Doch seit einigen Jahren schon bekamen die fleißigen Chinesen ebenfalls Land. Das stellte die oftmals trägeren Hawaiianer, die ihre Felder nicht ebenso intensiv bestellten, sondern lieber vom Fischfang lebten, vor eine zusätzliche Herausforderung.
    Elisa hatte in der Auseinandersetzung kein Blatt vor den Mund genommen, sondern Kelii ihre Meinung gesagt.
    Â»Auch ihr müsst euch ändern, wir müssen uns alle ändern, wenn wir in dieser neuen Zeit auf den Inseln überleben wollen. Selber müssen wir etwas auf die Beine stellen …«
    Â»Du mit deiner deutschen Tüchtigkeit, Elisa! Wir hier sind nicht so, wir müssen nicht von morgens bis abends arbeiten, um unsere Getreidespeicher für eisige Winter zu füllen … Wir werden von unseren Göttern geliebt. Sieh dich doch um!«
    Seit einiger Zeit brachte Elisa ihrem Mann deutsche Geschichte bei. Sie hatte nur ein einziges Buch, aber sie hatte Freude daran, ihm von Europa zu erzählen. Es linderte
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