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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen
Autoren: Noemi Jordan
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wieder Aufstieg bedeutet, wäre sie heute zu gerne mit ihrem Schwangerschaftsbauch im salzigen Meer schwimmen gegangen. Sie liebte das Gefühl, mit dem Baby vom Salzwasser getragen zu werden. Doch ohne Kelii, der ihr beim Aufstieg helfen würde, traute sie es sich nicht mehr zu. Und Kelii wollte nicht, dass Elisa sich in der unteren Bucht zeigte. Es hatte erneut Unruhen gegeben, wie er ihr an diesem Morgen sagte, bevor er zu seiner Versammlung aufbrach. Über dreihundert neue Arbeiter für die Plantagen waren angekommen, erneut aus China, wieder halb verhungert, wütend und teilweise bereits krank.
    Seit vielen Wochen hatte Elisa in ihrer Bucht kein einziges Schiff aus Europa mehr ankern sehen. Es hieß, dass es nicht sicher sei, weil auf den Schiffen oft auch Menschen eingeschmuggelt würden, die Krankheiten verbreiteten. Die Waren von Übersee mussten von nun an grundsätzlich in Honolulu, auf der Insel Oahu, verzollt und dann erst auf kleinere Schiffe umgeladen werden. So konnte man ankommende Menschen, die einwandern wollten, besser kontrollieren, so hieß es. Wegen fremder Krankheiten sei diese Maßnahme zum Schutz der Ureinwohner nötig.
    Elisa begrüßte auch diese neue Bestimmung nicht, da sie nicht eine Sekunde lang glaubte, sie sei zum Schutz der Hawaiianer erlassen worden. Im Gegenteil, sie würde der Urbevölkerung erneut schaden, zumindest auf Kauai, weil keine eigenen Handelsbeziehungen mehr entstehen konnten, wenn von nun an alle Waren in Honolulu abgefertigt würden. Nicht umsonst war Elisa als Tochter eines erfolgreichen Reeders zur Welt gekommen. Die Amerikaner wollten sämtliche Inseln Hawaiis unter ihre Knute zwingen, und deshalb zentralisierten sie alles in Honolulu, um die Kontrolle zu haben.
    Vor sieben Jahren war Elisa in dieser Bucht mit einem Schiff aus Deutschland angekommen, im Jahr 1893, als Königin Lili’uokalani gefangen genommen wurde.
    Auf diesem Felsen, an dessen Fuß Elisa jetzt stand, hatte sie als junge Einwanderin im Dickicht des Dschungelwaldes die ersten halbnackten Hawaiianer erspäht. Unzivilisierte Wilde waren das, meinte der deutsche Kapitän. Voller Neugierde und Erwartung, und vor allem viel zu jung, um zu widersprechen, hatte Elisa sich schon damals gewünscht zu wissen, wer diese Wilden wirklich waren.
    Â»Kommst du, Ma? Schaffst du es mit den Körben?«
    Makuahine, das traditionelle Wort für Mutter, benützte Eli nur selten. Für ihn war Elisa meistens Ma.
    Â»Ich komme und helfe dir!«
    Schon war Eli von seinem Baum geklettert, lief zu ihr und nahm ihr mit prüfendem Blick auf ihr erschöpftes Gesicht einen der beiden Wäschekorbe ab. Elisa strich ihm dankbar über die verschwitzten langen Haare. Ihr Sohn trug sie zurzeit so lang, dass sie einen Zopf daraus flechten konnte.
    Â»Mahalo, Eli. Wo sind deine Freunde?«
    Â»Sie sind schon vorausgegangen. Aber ich gehe jetzt das letzte Stück mit dir. Soll ich auch den zweiten Korb nehmen?«
    Â»Nein, danke, das schaffe ich schon …«
    Die Gedanken ihres Sohnes waren in letzter Zeit oft bei ihr, wenn Kelii nicht da war. Vorsichtig legte er seine Hand auf ihren Bauch.
    Â»Alles in Ordnung da drinnen? Ist er brav?«
    Â»Ich glaube schon«, antwortete Elisa. »Aber ob es ein Brüderchen wird, kann ich dir immer noch nicht versprechen … vielleicht bekommst du auch eine Schwester.«
    Eli nickte. »Papa sagt, es ist am wichtigsten, dass das Kind gesund auf die Welt kommt. Deshalb soll ich aufpassen. Du darfst nicht zu viel tragen.«
    Elisa sah jedoch, wie seine beiden Freunde bereits wieder den Weg heruntergehüpft kamen.
    Â»Du machst das großartig. Lieb, wenn du einen Wäschekorb mitnimmst, aber gehe ruhig zu deinen Freunden. Schau, sie warten auf dich!«
    Die Jungs blieben schräg über ihnen stehen und bliesen kleine Kerne durch ihre Blasrohre.
    Â»Na, los … weg mit dir!«
    Eli drückte sich noch kurz an Elisas Bauch, dann lief er zu den Kernspuckern.
    Das fröhliche Lachen der Jungs machte Elisa glücklich. Die neuen Kinder waren Waisen, zumindest nahm Elisa es an. Nicht alle im Dorf waren dafür, sie in die Gemeinschaft aufzunehmen, doch eine knappe Mehrheit hatte bei der Abstimmung gesiegt. Da die Kinder keine Verwandten im Dorf hatten, würde Elisa sich um sie kümmern, und nur Kelii zuliebe wurde es überhaupt gestattet.
    Als Sohn des Dorfchefs war Elisas Mann geachtet, und
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