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Innerste Sphaere

Innerste Sphaere

Titel: Innerste Sphaere
Autoren: Sarah Fine
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ist nur der Stress.« Als sie meinen unsicheren Blick sah, lachte sie. »Komm schon, Lela. Ein alter Kitschfilm reicht mir, um dem Alltag zu entfliehen. Die Schnulze ruft.«
    Ich schüttelte den Kopf und kicherte, meine Laune besserte sich sprunghaft, als wäre eine schwere Last von meinen Schultern genommen. »Was tut man nicht alles für die Freundschaft.«

2
    In den Wochen nach der Nacht, in der ich bei Nadia gewesen war, hatte sie ungewöhnlich viel zu tun. Aber es schien ihr besser zu gehen, sie war fast wieder die Alte. Nur fragte ich mich allmählich, ob sie mir aus dem Weg ging. Schließlich fing ich sie nach der Schule ab und schlug vor, was zusammen zu machen, aber sie meinte, sie hätte noch was zu erledigen, müsste nach Hause. Schon wieder.
    Als ich den Wagen in unserer Einfahrt abstellte, stand Diane schon ganz hibbelig vor Aufregung vor der Eingangstür. »Schatz, er ist da«, rief sie in dem Moment, als ich die Autotür öffnete. Sie lief die Betonstufen hinunter und schwenkte einen dicken Umschlag. »Darauf hab ich gewartet. Spann mich nicht noch länger auf die Folter.«
    Diane drückte mir den Umschlag in die Hand und hüpfte auf und ab, während ich ihn mit zitternden Händen aufriss. Allmählich hatte ich schon gedacht, am College hätten sie nur gelacht und meine Bewerbung in den Papierkorb geworfen, sobald sie bei ihnen eingetrudelt war.
    Von einem Ohr zum anderen grinsend überflog ich den Brief. Das vorbestrafte Mädchen hatte es geschafft. Ich würde studieren.
    Rasch las ich den Brief durch, dann sah ich mir die nächste Seite an, erwartete ein Formular für die Einschreibung oder so. »O mein Gott«, flüsterte ich, als ich das zweite Schreiben hinter dem ersten überflog. »Sie geben mir ein Stipend–«
    Diane schloss mich in die Arme, bevor ich mich wegducken konnte. Sie drückte meinen Kopf an ihre Brust, während sie Luftsprünge machte, jauchzte und weinte. Ich bekam keine Luft und wollte mich losreißen, aber das war auch ihr großer Moment. Diane hatte mich aufgenommen, als mich andere Pflegeeltern nicht haben wollten. Und das Risiko hatte sich gelohnt.
    Ich ließ mich also ein paar Sekunden von ihr drücken, dann hielt ich ihr den Brief hin, um sie abzulenken. Sie ließ mich los und nahm ihn. Ich machte einen Schritt rückwärts, holte mein Handy aus der Tasche und funkte Nadia an. Sie nahm nicht ab.
    »Was wünscht du dir heute zum Abendessen, Schatz?«, fragte Diane und wischte sich die Augen. »Ich mache, was du willst, alles, was du willst.«
    »Können wir das auf ein andermal verschieben? Ich möchte Nadia den Brief zeigen.« Egal was Nadia vorhatte, ich wusste, dass sie begeistert wäre.
    Diane nickte und gab mir den Brief zurück. »Bedank dich für mich bei ihr.« Sie drohte mir mit dem Finger. »Und sei nett, wenn sie sagt, ›ich hab’s ja gleich gesagt‹.«
    Ich legte den Brief auf den Beifahrersitz und las ihn bei jeder roten Ampel noch mal durch, bis ich in Nadias Straße an der Bucht einbog. Ich klopfte ein paar Mal an die Vordertür, aber es machte niemand auf. Mit dem Brief in der Hand lief ich ums Haus herum zur Terrasse. Der kühle Meereswind fuhr mir ins Haar und ließ meine Locken tanzen. Ungeduldig schob ich mir die Strähnen aus der Stirn. »Nadia, bist du da?«
    Sie saß auf ihrem Lieblingsplatz auf der hinteren Veranda, schaute von ihrer Liege aus aufs Meer hinaus. Ich sprang auf das kunstvolle Mauerwerk und wartete darauf, dass sie den Kopf drehte. Schließlich stupste ich sie an. »He, du bist nicht ans Handy gegangen.«
    Sie sah zu mir auf. Ihre Augen waren hell, ihre Pupillen klein wie Stecknadelköpfe. Ich kämpfte meine Angst nieder und kniff die Augen zusammen, vielleicht spielte mir ja das Abendlicht einen Streich. Leider nicht.
    »Ich hab’s … nicht gefunden«, sagte sie.
    Sie war völlig zugedröhnt.
    Ich atmete ganz tief durch die Nase ein. Bloß heute Abend keinen Streit vom Zaun brechen. Nicht wenn wir allen Grund hatten, glücklich zu sein. »Ich hab heute den Brief bekommen. Jetzt ist es offiziell. Und rat mal, was noch?«
    Ich wedelte mit dem Brief vor ihrer Nase herum, damit sie munter wurde und danach griff. Als sie das nicht tat, legte ich ihn neben ihre pedikürten Zehen auf die Liege. Sie schaute immer noch zu mir hoch, ein mattes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Du bist glücklich. Schön, dass du glücklich bist.«
    »Wir haben’s geschafft!«, lachte ich. »Wir gehen auf die Uni! Wir können uns jetzt im Wohnheim
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