Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Innerste Sphaere

Innerste Sphaere

Titel: Innerste Sphaere
Autoren: Sarah Fine
Vom Netzwerk:
einen dumpfen Schmerz in der Schulter, als wir hinter einen Müllcontainer hechteten. Wir fuhren herum, um zu sehen, ob die Gefahr in der Nähe war, und sahen, wie ein lebloser Mann ein, zwei Meter entfernt auf einem Haufen landete. Nadia reckte den Hals und duckte sich sofort wieder hinter die Metallwand, aber wir hatten doch einen Blick auf ihn geworfen.
    Der Hals des Mannes war bis zur Wirbelsäule aufgeschnitten.
    Da meldete sich mein Verstand wieder und versuchte zu verarbeiten, was ich gesehen hatte. Ich hatte gedacht, das sei das Jenseits und diese Leute seien schon gestorben. Aber dieser Mann war eben erst getötet worden und er sah nicht so aus, als würde er bald wieder aufstehen.
    Das Klirren von Metall auf Metall riss mich aus meinen angstvollen Gedanken. Nadia spähte hinter dem Müllcontainer hervor und überlegte fieberhaft, wie sie entkommen könnte. Bei ihrer Begegnung mit der bestialischen alten Frau war ihr klar geworden, dass die Leute hier gefährlich waren. Sie wollte sich nicht zeigen oder durch irgendwelchen Lärm Aufmerksamkeit auf sich lenken, also saß sie hier fest, bis die anderen weggehen würden. Ich hätte ihr gern gesagt, dass ich diesen Plan gut fand, aber sie konnte mich ja nicht hören, obwohl ich ihre Gedanken las, als wären es meine eigenen.
    Vor uns näherten sich zwei Männer und eine Frau ihrer Beute. Sie schwangen Krummsäbel, ähnlich denen der Wächter, die in der Stadt patrouillierten. Der Mann in der Mitte hatte goldbraune Haut und rabenschwarzes Haar und trug ein schäbiges weißes Gewand wie ein Scheich aus dem Nahen Osten. Der Mann links von ihm war groß und blond wie ein moderner Wikinger. Rechts von ihm stand eine Frau mittleren Alters in einem Jogginganzug und Laufschuhen. Typ Vorstadthausfrau. Die Gruppe sah im Grunde aus wie all die anderen armen, selbstvergessenen Selbstmörder, die durch die Straßen der Stadt zogen, nur dass diese Leute wussten, was sie wollten. Sie verfolgten eine Absicht: jemanden umbringen.
    Bei jedem Schritt, den der Scheich vorwärtsging, machten die anderen beiden zwei, sodass sie sich in einer V-Formation auf ihren Gegner zubewegten. Auf ihren Gesichtern spiegelten sich Hass und gespannte Erwartung. Den Blick kannte ich. Ich hatte ihn bei den Gefängniswärtern im Jugendknast gesehen – sie glaubten, sie würden gewinnen, aber leicht würde es nicht werden.
    Nadia wechselte ihre Position, sodass ich endlich in die andere Richtung schauen konnte. Und da stand … ein Mann. Er war ähnlich gekleidet wie die riesenhaften Wächter, sah ihnen aber sonstnicht ähnlich. Groß war er schon, aber nicht so kolossal wie die anderen. Sein Oberkörper war nicht durch eine Eisenrüstung geschützt, sondern durch einen Lederpanzer, an den Schultern und an der Seite mit Schnallen befestigt wie eine mittelalterliche kugelsichere Weste; der gezackte Kragen war am Nacken höher als vorne. Eine ähnliche Lederrüstung trug er an den Unterarmen und an den Waden. Helm oder Visier wie die Wächter hatte er nicht und so sah ich, dass er jung war, nicht viel älter als ich. Seine Haut war hellbraun, sein schwarzes Haar kurz geschnitten und um seine Mundwinkel zuckte ein siegessicheres Lächeln, während seine dunklen Augen hin und her schweiften und gelassen die Lage einschätzten.
    »Ihr Mazikin seid in letzter Zeit recht umtriebig gewesen, Ibram. Ich hätte dazu nur ein paar Fragen an euch«, sagte der Wächter mit einem abgehackten, harten Akzent. Für jemanden, der nicht einmal eine Waffe in der Hand hatte, klang er ziemlich ruhig. Die Schwertscheide an seinem Gurt war leer, sein Schwert lag ein paar Meter entfernt auf dem Boden. Dann fiel mein Blick auf die beiden Lederriemen um seine Oberschenkel – an jedem steckten zwei Dolche, außerdem hatte er einen Polizeiknüppel an seinem Gurt. Das schien erst mal nicht viel gegen drei Schwertkämpfer.
    Ibram, der Scheich, lachte. »Wenn du nur reden wolltest, hättest du Frank nicht getötet.« Er warf einen Blick auf den Toten. »Gut, dass ich einiges an Verstärkung mitgebracht habe.«
    »Und einige gestohlene Krummsäbel.« Der Wächter wich ein paar Schritte zurück. Er bewegte sich absolut präzise und kontrolliert – ohne Zögern, aber auch ohne Hast.
    Ibram richtete den Blick auf die elegant geschwungene Klinge, die er führte, dann musterte er den Wächter vielsagend. Er grinste. »Ja, das Einzige, dessen Besitz sich lohnt in dieser Stadt. Schön und wirksam.« Seine Zähne blitzten weiß und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher