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Innerste Sphaere

Innerste Sphaere

Titel: Innerste Sphaere
Autoren: Sarah Fine
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mit hinaus nimmst? Er hat sie erst vor ein paar Stunden wieder reingeschleppt.«
    Ich schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln. »Wir haben uns mit Nadia geeinigt, nicht wahr?«
    Ich warf Nadia einen Blick zu, die fügsam nickte. Dann sah ich Hani an, diesmal mit ernster Miene. »Wie kommst du auf die Idee, ich könnte irgendetwas ohne Malachis Erlaubnis tun? Wir alle wissen, was los ist, wenn seine Befehle nicht befolgt werden.«
    Hani schauderte. »Na gut, ihr könnt gehen.«
    »Danke, Hani, einen schönen Tag noch«, rief ich fröhlich und schob Nadia auf die Straße hinaus.
    »Wo gehen wir hin?«, fragte sie. Anscheinend zweifelte sie an meiner Aufrichtigkeit.
    »Mir nach.« Ich schloss die Augen und stellte mir den Blick vom Turm auf die Stadt vor.
    »Hier entlang.« Ich nahm Nadias Hand und rannte in die Richtung, wo ich das Allerheiligste gesehen hatte. Selbst wenn Malachi es mir nicht gezeigt hätte, so hätte ich schwören können, dass ich es spürte wie ein Band um mein Herz, das mich in die richtige Richtung zog. Damit war hoffentlich ausgeschlossen, dass ich mich verirrte. Vielleicht würde ich ja in den nächsten Jahrzehnten die Stadt so gut kennenlernen wie Malachi. Vielleicht würde ich irgendwann ein so guter Wächter sein, wie er es gewesen war.
    Und womöglich würden sie mir sogar erlauben, sein Quartier zu beziehen, sobald er befreit war. Wenn ich in seinem Zimmer wohnen dürfte, könnte ich den Erinnerungen an ihn nachhängen. Wie lange sein Geruch sich dort wohl halten würde? Natürlich war es blöd, an so etwas zu denken, wenn man wusste, was er geplant hatte, aber ich konnte nicht anders.
    Wir hatten mindestens zwei Dutzend Häuserblocks hinter uns, als ich zwischen zwei heruntergekommenen mehrstöckigen Häusern nach links abbog. Da traten wir in etwas, das sich wie feuchter Zement anfühlte, und ich blieb abrupt stehen, als ein Grollen den Boden erzittern ließ. Eine riesige Pfütze aus zähem, grauem Schlamm wälzte sich bis an meine Stiefel heran, schwappte dann zurück und richtete sich auf – vor unseren Augen wuchs der Embryo eines Hauses. Noch war es nicht größer als ein Mensch, aber es schwoll rasch an und verstellte uns den Weg. Nadias Hand fest umklammernd trat ich den Rückzug an und rannte in eine Fraumit Wuschelkopf. Sie war so mager, dass sich ihre Ellbogen und Wangenknochen deutlich abzeichneten. Sie fiel hin und lag reglos da, ohne den Blick von dem pulsierenden, triefenden Haus zu wenden.
    »Ich will ein eigenes«, sagte sie wie im Selbstgespräch.
    »Das ist eine Umleitung, Nadia«, rief ich und zog sie in eine Seitenstraße. Kaum hatten wir es geschafft, die stolze Hausbesitzerin und ihr schleimiges Neugeborenes zu umgehen, da stürmte ein Mazikin aus einer Gasse, ging vor uns in die Hocke, entblößte seine vier Giftzähne und zischte.
    »Du«, fauchte Clarence. »Ich hab dich gerochen. Du hast meine Familie umgebracht, Fräulein.«
    Wimmernd versteckte sich Nadia hinter mir. Obwohl sie doch wollte, dass alles aufhörte, war Tod durch Clarence offenbar nicht ihre bevorzugte Methode, einen Schlussstrich zu ziehen. Das verstand ich sogar. Mir schien es auch nicht verlockend. Ich schubste Nadia hinter einen Müllcontainer, rückte ein paar Schritte von ihr ab und wünschte, ich würde mich ein bisschen stärker fühlen. Und mir wäre nicht so schummrig. »Ich hab deine Verwandten nicht umgebracht. Na ja, vielleicht einen, aber der hatte es wirklich drauf angelegt.« Ich nahm eine Verteidigungshaltung ein und warf einen prüfenden Blick auf den Eingang der Gasse. »Du bist jetzt also allein?« Mit einem alten Ekel konnte ich es vielleicht aufnehmen, aber wenn er Freunde mitbrachte, hatte ich schlechte Karten.
    Mit einem Knurren spannte sich Clarence an. Sprungbereit. »Sil und die anderen sind bereits draußen, du Dummchen. Endlich haben wir diese verfluchten Mauern überwunden. Jetzt fängt der Spaß erst an. Ich bin zu ihnen unterwegs. Sil wird sich freuen zu hören, wie schlimm ich dich vor meinem Abschied aus der Stadt zugerichtet habe.«
    Ich lächelte grimmig, stöhnte aber innerlich. Mit dem Problem würde ich mich beschäftigen müssen, sobald ich Wächterin wäre. Sil hatte es geschafft. Die Mazikin würden sich vermehren und weiterhin Ärger machen – auf beiden Seiten der Mauer. Das warerst der Anfang der Schlachten, die ich würde schlagen müssen. Ich hoffte nur, dass ich, sobald mich der Richter verurteilt hatte und ich in die Stadt gehörte, dafür
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