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Inkarnationen

Inkarnationen

Titel: Inkarnationen
Autoren: Vampira VA
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ausgestreckt hatte und nach der Hand der Stifter-Plastik griff. Sie stellte eine junge, bildhübsche, wenn auch knabenhaft schlanke Frau dar, und Salvat erinnerte sich genau, daß sie selbst darum gebeten hatte, daß man sich ihrer nicht als Elisabeth Stifter erinnern sollte, sondern unter dem Namen, der seither auch auf dem Schilde stand: Lydia.
    Geburts- und Sterbejahr von Stifters Frau fehlten. Manchmal hatte Salvat sie verdächtigt, ihre Herkunft selbst nicht zu kennen - ein andermal wiederum hatte ihm ihr Verhalten signalisiert, daß sie es wohl kannte, aber nicht daran erinnert werden wollte. Am Erstaunlichsten aber war und blieb, daß nicht das Geringste über das Schicksal der Frau, die nicht alterte, bekannt geworden war. Unmittelbar nach Tobias Stifters Dahinscheiden war sie verschwunden, und seither gab es nicht die kleinste Spur, die Aufschluß über ihr weiteres Leben gegeben hätte.
    Im nachhinein bedauerte Salvat, nie wirkliche Anstrengungen unternommen zu haben, ihr Geheimnis zu lüften. Damals war sie im Sog einer der Dreigestalten des Satans in Heidelberg aufgetaucht und hatte dort im Verdacht gestanden, dem Teufel ein Kind geboren zu haben .
    ... aber nicht einmal das hatte aufgeklärt werden können.
    Niemand hatte es auch je wollen, und erst recht nicht mehr, nach-dem dreißig Jahre später, 1666, die Entscheidung gefallen und die letzte Schlacht gegen den Leibhaftigen eingeläutet worden war .
    Die letzte?
    Zweifel nagten an Salvat, als er seinen Weg fortsetzte. Nicht bloßer Zufall hatte ihn bei Tobias und Lydia innehalten lassen; vermutlich hatte es ihn ganz unbewußt dorthin gezogen, denn beide hatten seinen Weg im selben Jahr gekreuzt wie eine dritte Person, die er damals als »Lilena« kennengelernt hatte und die in der Pestgrube zu London gestorben war .. . 2
    ... um drei Jahrhunderte später in neuer Gestalt zu reinkarnieren?
    Ganz wie SEINE Ausgeburten? dachte Salvat bitter.
    Vor zwei Tagen waren aus dem Tor in der Inneren Halle, jenem Tor, hinter dem die Hölle des Urbösen begann, zwei Gestalten zurückgekehrt, die Wochen zuvor davon verschlungen worden waren - weil es einem sonderbaren Kind gelungen war, die Siegel zu brechen und den dahinter lauernden unersättlichen Moloch, von Salvat und seinesgleichen dereinst gezähmt, für Sekunden zu entfesseln. 3
    Lilena.
    Salvat hatte dieses Mädchen nie vergessen, und hätte ihm nicht sein eigener Sohn die Augen geöffnet, hätte er die Frau aus dem Tor auch nie mit ihr in Verbindung gebracht.
    Kurz schweiften seine Gedanken zu Raphael, den er verloren, der sich geopfert hatte, um zu verhindern, daß noch mehr von jenseits der Schwelle in diese Welt herüber floß!
    Es waren seltsame Stunden, die Salvat in dieser Halle voller Erinnerungen verbrachte. Überall, in jedem Antlitz, das seine Blicke streiften, berührten, liebkosten, stand eine Geschichte zu lesen. Eine Episode, die eng mit dem Wirken der Illuminaten über die Jahrhunderte hinweg verflochten war. Tobias war nur einer von vielen, die ihr Leben in den Dienst der Sache gestellt hatten und ihre geheimen Kräfte aufgebraucht hatten, um die Funktion der ursprünglich vorgesehenen Wächter zu übernehmen, die damals .
    Nein! Salvat hob die Hände und preßte die Kuppen von Zeige-und Mittelfinger gegen seine Schläfen.
    Das Blut rauschte in seinen Adern.
    Diese Hülle war ihm vertraut geworden, aber oft genug war sie auch etwas, das er aus tiefstem Denken und Gefühl heraus verabscheute!
    Das bin ich nicht! quälte ihn in solchen Momenten sein Wissen. Dieser Körper war nur sein Vehikel, seine Krücke, um - Eine Stimme brach ein in seine Verzweiflung: »Hier bist du ...«
    Salvat ließ die Arme sinken. Noch bevor er sich den aufklingenden Schritten zuwandte, wußte er, wer zu ihm gesprochen hatte.
    »Adrien. Gibt es Neuigkeiten?«
    »Sie ist zu sich gekommen«, sagte der gebrechliche Ankömmling. »Obwohl ... nicht ganz.«
    Salvat ging dem Alten, den er Freund nannte, entgegen.
    »Was heißt das?« fragte er und versuchte die Schatten seiner Vergangenheit zu verdrängen.
    »Es scheint«, sagte Bruder Adrien, »daß sie ihr Gedächtnis verloren hat. Sie ist bar jeder Persönlichkeit und rein wie ein neugeborenes Kind!«
    Die Torpassage, dachte Salvat, nachdem er sich schnell von seiner ersten Überraschung erholt hatte. Die Torpassage mag dies verschuldet haben. Noch nie ging jemand von hüben nach drüben - und kehrte wieder zurück ... Sein Sohn kam ihm in den Sinn, und so fügte er
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