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Inkarnationen

Inkarnationen

Titel: Inkarnationen
Autoren: Vampira VA
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heiße ich?«
    Seine Reaktion verriet, daß er sich den Verlauf ihrer Begegnung anders vorgestellt hatte. »Du weißt deinen Namen nicht mehr?«
    »Nein.«
    Als er aufstand, meinte sie kurz das Knirschen seiner Gelenke zu hören. Er war mager; der Stoff seiner Kutte schabte förmlich um seine hautumspannten Knochen.
    »Darauf war ich nicht vorbereitet«, räumte er ein.
    »Was heißt das?«
    »Er wollte nicht, daß du allein bist, wenn du zu dir kommst. Deshalb bin ich hier .« Er stockte kurz und faßte sie in einer Weise ins Auge, daß sie das Gefühl hatte, ihn nicht einmal hintergehen zu können, wenn sie dies gewollt hätte.
    Aber warum hätte sie das tun sollen?
    Sie war hilflos.
    Sie brauchte diesen Mann und .
    »Wer ist >er    »Salvat«, sagte Adrien.
    »Salvat ...?«
    »Du erinnerst dich auch nicht an ihn?«
    »Ich erinnere mich an gar nichts! Wie heiße ich? Bitte, nennen Sie mir meinen Namen, wenn Sie ihn kennen! Bitte!«
    Sein Blick wurde fast mitleidig, während er sich von dem Bett, auf dem sie saß, entfernte. »Was ist deine letzte Erinnerung?«
    Sie atmete tief ein und wieder aus.
    »Es gibt keine >letzte< Erinnerung«, sagte sie. »Ich wurde wach ... und fühle mich vollkommen leer. Ich weiß weder, wo ich bin noch wer! Das müssen Sie mir glauben! Helfen Sie mir ...!«
    »Ich glaube dir.« Adrien war bei der Tür angekommen und öffnete sie.
    »Bleiben Sie doch, bitte!« Sie setzte die Füße neben das Bett und wollte ihm nacheilen, aber eine Geste hielt sie zurück.
    »Ich komme wieder, das versichere ich dir. Und das nächste Mal wird er bei mir sein. Vielleicht weiß er Rat .«
    »Salvat?«
    Adrien nickte andeutungsweise. Als er schon fast aus der Tür war, holte ihn noch einmal ihr Schrei ein, der an ein in die Enge getriebenes Tier erinnerte, das keinen Ausweg mehr sah: »Bitte!«
    Und kurz bevor er die Tür wieder hinter sich ins Schloß zog, hörte sie seine verhaltene Stimme durch den sich schließenden Spalt: »Li-lena. Du heißt Lilena .«
    Dann war sie allein in dem Zimmer, aus dem mit Adriens Fortgang auch die Helligkeit gewichen zu sein schien.
    Dunkle Schatten krochen aus den Verstecken ihrer Seele und zerstörten das Idyll, das sie aus eigener Kraft nicht aufrecht erhalten konnte .
    2. Erinnerungen Er war allein.
    Schon länger, als irgendein Mensch solches Alleinsein ertragen hätte.
    Aber er war ja kein Mensch. Und seine Einsamkeit wog durch die sechs Milliarden Anderer, deren Nähe ihm stets gegenwärtig war, nicht geringer.
    Es gab nur wenige Sterbliche, zu denen er Beziehungen aufgebaut hatte. Fast immer waren diese Verbindungen über viele Jahre hinweg entstanden - und jedesmal hatte der unerbittliche Tod diese Bande zerschnitten.
    Er selbst konnte nicht sterben. Nicht in einer Million Jahren - und auch nicht in einem x-fachen dieser Spanne. Er gehörte nicht einmal wirklich hierher .
    Salvat blieb vor einem Bild stehen, eines von vielen in diesem gewaltigen, kirchenschiffähnlichen Raum innerhalb des Klosters. Das Bild zeigte ihn, und der Künstler, der es ihm einst gefertigt und signiert hatte, war selbst in der Gegenwart noch unvergessen.
    Um Salvats Züge prägte sich die Andeutung eines Lächelns. Er hatte gelernt, mit dieser allzu beschränkten Hülle umzugehen.
    Eine Weile verharrten seine Augen auf dem verschnörkelten Namenszug in der rechten unteren Ecke des Ölgemäldes.
    Leonardo, dachte er weich. Ich hoffe, der Himmel stand dir offen ...
    Noch einmal blickte er auf sein eigenes Bildnis, das so anrührend lebensecht gelungen war, daß er ebensogut in einen Spiegel hätte schauen können.
    Dann wanderte er weiter, verloren in seinen wie Packeis dahintrei-benden Gedanken.
    Der kalte Hauch der Endzeit, der aus dem Tor im Herzen des Monte Cargano geströmt war, bevor es Salvat gelungen war, es doch noch einmal zu schließen, schien für einen Moment auch durch die Phalanx der Skulpturen zu brausen, die parallel zu den Bilder-wänden verlief.
    Alle verdienten Illuminaten waren hier verewigt; ihre Geschichten reichten bis in die Anfänge des Klosters zurück.
    Bis in meine Anfänge, dachte Salvat, in den Fesseln dieses Kosmos.
    Wieder blieb er stehen. Vor einer Figur, die einen alten Mann zeigte, fast so furchenübersät wie Bruder Adrien. Auf dem goldenen Schild des Sockels stand in einer Schrift, die aus purem Licht zu bestehen schien, zu lesen:
    Tobias Stifter
    * 11. Juni 1615 t 2. September 1704
    Gleich neben dieser Statue stand eine zweite, die den Arm
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