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Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3

Titel: Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3
Autoren: Piers Anthony
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einen ganzen Tag damit verloren und vielleicht auch noch die Drachenpatrouille in Aufruhr
versetzt. Also ging ich diesen Drachen gewissermaßen blind an. Nie wieder! Ich weiß, ich war
vermessen und töricht aber immerhin kannte ich auch so ziemlich jede Drachenart, die es auf der
Welt gab; ich dachte, daß es dieses eine Mal schon klappen würde.
Da war ich nun, zu Fuß und mit Schwert und Schild bewaffnet, wie es für derlei Begegnungen
angemessen ist, und kühn wagte ich mich in das Nest des Ungeheuers. Und das war wirklich ein
Ungeheuer! Ich konnte Krallenspuren an den großen Bäumen erkennen, die bis zu zehn Fuß in der
Höhe waren. Eine echte Herausforderung! Ich marschierte zu seiner Höhle und forderte es laut
heraus, und das Ungeheuer kam hervorgerannt, kein Feuer, nur Knurren - und dann erkannte ich
meinen Fehler. Das war kein Drache - es war ein Dinosaurier! Ein Allosaurus, um genau zu sein;
ich habe das nachgeschlagen, als es schon zu spät war. Ich dachte, die wären ausgestorben; ich
glaube, Satan hat ihn einfach wieder zum Leben erweckt, nur um mich zurechtzustutzen.«
Nun meldete sich Norton zu Wort. »Ist denn ein Dinosaurier einem Drachen nicht sehr
ähnlich?«
»Ja und nein«, meinte Gawain ernst. »Es müßte eigentlich genauso leicht sein, den einen zu
erlegen wie den anderen, denn sie sind ja verwandt. Drachen verfügen über Feuer und eine bessere
Panzerung, manche von ihnen sind ziemlich gerissen. Dinosaurier dagegen sind reichlich dumm, die
müssen alles mit Zähnen und Klauen und Muskelkraft tun, weshalb sie viel eigensinniger und
verzweifelter sind. Ich war auf Drachen eingestellt und für sie ausgebildet worden; ich kannte
ihre typischen Mätzchen. Ein Drache wird beispielsweise immer versuchen, Sie zuerst mit seinem
Feuer oder seinem Dampf zu versengen. Wenn Sie diesem Feuer ausweichen, müssen Sie sofort einen
tödlichen Hieb nachschieben. Der Allosaurus dagegen... dieses Ungeheuer machte ja nicht mal eine
Pause, um nachzusehen, wie gut es getroffen hatte, denn es besaß keine Angriffshitze. Es raste
einfach los, überraschte mich völlig. Ich wollte seitlich ausweichen, und das half mir diesmal
gar nichts. Ich stach ihn mit dem Schwert in den Hals, doch er schien es nicht zu bemerken. Das
ist auch so ein Unterschied... ein Drache brüllt vor Schmerz und Zorn, wenn er verletzt ist...
die sind unverschämt stolz auf ihr Gebrüll... Dieser Karnosaurier aber griff mich immer wieder
an. Sein System war viel primitiver. Das Vieh riß mich zu Boden und biß mir ein Stück von meinem
Körper ab, komplett mit Rüstung. Ich versuchte nicht einmal, davonzukriechen, ich wußte, daß das
Herumkauen auf meinem Körper höchstens dazu führen würde, daß sich das Ungeheuer die Zähne
abschliff.
Das war mein dritter Fehler. Anscheinend gehört zur Zauberei eine beachtliche psychologische
Komponente; die Leute glauben an ihre Macht, und deshalb hat sie Macht. Ein Drache hätte gewußt,
daß die Rüstung nicht zu durchdringen war, weil der Geruch des Zaubers daran hing, und er hätte
nur leicht zugebissen, um seine Zähne zu schützen. Das Zubeißen wäre eher eine Show gewesen. Doch
dieser Allosaurus stammte aus der Zeit vor der wahren Magie und biß recht herzhaft zu, mit der
Art von Biß, der Knochen zermalmen kann.«
»Aber die Magie ist nicht bloß psychologisch!« protestierte Norton. »Als ich dieses Feuer hier
entzündet habe, brauchte das Holz nicht an die Magie zu glauben, es brannte trotzdem.«
»Das stimmt. Mein Panzer war gegen die Zähne des Ungeheuers gefeit«, stimmte Gawain zu. »Aber das
Kettenhemd war dehnbar, damit es mich beim Kämpfen nicht einengte. Dieses Reptil besaß äußerst
kraftvolle Kiefer. Als es zubiß, drang kein Zahn durch den Panzer, aber ich wurde zu Tode
gequetscht. Ein Drache hätte so etwas nie getan - aber dieses dumme Reptil! Es hat sich einige
Zähne dabei ausgebissen und sich selbst fürchterliche Schmerzen zugefügt - und mich ganz nebenbei
ausradiert.« Das Gespenst wirkte angewidert.
»Jetzt verstehe ich«, sagte Norton. »Es tut mir leid, Ihnen unter solchen Umständen zu begegnen.«
Das war höflich ausgedrückt; wahrscheinlich hätte es Norton auch leid getan, Gawain in lebendigem
Zustand zu begegnen.
»Ist nicht Ihre Schuld«, sagte Gawain. »Sie sind ein freundlicher Zuhörer. Viele Leute fürchten
sich vor Gespenstern oder ignorieren sie.«
»Viele Leute sind auch gesetzter als ich«, meinte Norton.
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