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Klickpfiff

Titel: Klickpfiff
Autoren: William Jon Watkins
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1
     
    Dr. John Pearson saß an seinem Schreibtisch und wartete geduldig darauf, daß es anfangen würde. Sein Wissen da r über, was geschehen würde, war eher eine uralte genetische Erinnerung als eine Vorahnung, und er war sich nicht sicher, was es für ein Ereignis sein würde – zumindest nicht auf der bewußten Ebene. Es war wie ein Alptraum, an den er sich nicht erinnern wollte. Selbst die Hypnose hatte nur zwei Dinge herausgebracht – es war von kosmischem Ausmaß, und auf eine sehr tiefgehende Art würde es sein Ende bede u ten.
    Er starrte auf seinen Schreibtisch und wartete darauf, daß es anfangen würde. Der Schreibtisch war ein Chaos: ein Stapel Bücher über Delphine, von denen er den größten Teil selbst geschrieben hatte, das Band von dem Burroughs-Experiment, das ihn ein halbes Jahr sein Augenlicht und fast ein ganzes Jahr seine geistige Gesundheit gekostet hatte, Computerdrucke und statistische Analysen eines laufenden Experiments in übersinnlicher Wahrnehmung, ein zerknitte r tes Bild von seiner Frau, von der er sich getrennt hatte, das in dem Institut für Delphinforschung gemacht worden war, kurz bevor er es geschlossen hatte.
    Der Schreibtisch trug eine große Ähnlichkeit mit seinem Leben, und er verspürte kein Bedürfnis danach, ihn aufz u räumen. Es war ein beruhigendes Chaos, das von der Intuit i on in ein noch angenehmeres Licht gerückt wurde, da es für ihn schon bald bedeutungslos werden würde. Er hatte sich in den letzten acht Jahren wieder daran gewöhnt, allein zu l e ben. Er hatte das hauptsächlich dadurch geschafft, daß er sein Leben wie eine Reihe von Übungen behandelte, als eine sich wiederholende, aber notwendige Folge von Vorbere i tungen auf eine Prüfung, die nicht festgelegt war.
    Bis diese Prüfung stattfand, erschien ihm alles – der Tod der Delphine, die Schließung des Instituts, daß seine Frau ihn verlassen hatte, das Experiment über chemisches B e wußtsein und sein Zusammenbruch, der darauf gefolgt war, die von der nachwirkenden Droge beeinflußten Halluzin a tionen, selbst seine neuere Arbeit in übersinnlicher Wah r nehmung – so belanglos wie ein Tagtraum. Die Ereignisse in seinem Leben schienen wie kleine Punkte, die, zwar in sich bede u tungslos, zusammen eine Fotografie ergaben. Die Punkte von dreiundfünfzig Jahren waren jetzt an ihrem Platz, und er wartete geduldig darauf, daß sich ein Bild fo r men würde.
    Er hörte die Männer nicht, die in sein Arbeitszimmer k a men, genausowenig, wie er das unhörbare Piepsen gehört hatte, mit dem die Kombination seiner Tür entriegelt worden war. Sie sahen aus, als hätten sie die Tür ebensogut mit ph y sischer Gewalt öffnen können, und er konnte sich denken, wer sie waren. Er war nicht groß, und sie hätten ihn selbst dann weit überragt, wenn er gestanden hätte; trotzdem hatte er keine Angst vor ihnen.
    Der Nächststehende sprach ihn an. „ Dr. Pearson, Seine Exzellenz möchte Sie sprechen. “
    Er sah sie einen Augenblick lang ausdruckslos an und schaute wieder weg.
    „ Sofort “ , fügte der zweite Mann hinzu.
    Pearson rührte sich nicht. Der erste Mann zog widerstr e bend seine Pistole. Pearson unterdrückte halb ein Lächeln; wie die Prüfung auch immer aussehen würde, die Pistole würde keine größere Rolle darin spielen, wohl aber der B e fehl. Pearson seufzte und stand widerwillig auf. Der Rest hatte schon vor Stunden angefangen.

 

2
     
    Es waren fünfzig, und keiner der Delphine war weniger als zwölf Fuß lang. Fünfzig schlanke Torpedos aus Muskeln mit harten Schnäbeln aus Knochen. Fünftausend Zähne, die mit fünfzig Knoten durch das Wasser sch osse n, hundert Flossen, die in der Lage waren, einen Hai aus ihrem Weg zur Seite zu schleudern. Fünfzig schnelle, starke Körper auf schweige n dem Weg wie dunkle Schiffe, die jede halbe M i nute zum Luftschnappen auftauchten, ohne dabei die Form a tion im geringsten zu u n terbrechen.
    Fünfzig Körper mit einem einzigen Bewußtsein, verbu n den mit Tausenden von anderen irgendwo in dem dunklen, unermeßlichen Atlantik. Alle mit einem gemeinsamen G e dächtnis, alle mit einem gemeinsamen Bewußtsein, alle mit einer gemeinsamen Angst vor dem bevorstehenden Kampf. Ihr gemeinsames Bewußtsein angefüllt mit Bildern von Mordwalzähnen, ihr gemeinsames Gedächtnis übe r schwemmt von vergangenen Szenen.
    Das gemeinsame Gedächtnis bewegte sich zu den Erinn e rungsbildern von Klickpfiff, dem Meister der Dichter unter den Delphinen.
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