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Infinitas - Krieger des Glaubens (German Edition)

Infinitas - Krieger des Glaubens (German Edition)

Titel: Infinitas - Krieger des Glaubens (German Edition)
Autoren: Andrea Wölk
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den Geräuschpegel einfach abzuschalten. Sein Versuch zu schlafen misslang, denn er war überhaupt nicht müde, und seine innere Unruhe, ein Gefühl, das er nicht außer Acht lassen konnte, machte das unmöglich. Es musste doch Hinweise auf seine Identität geben. Jemand, der ihn vermisste.
 
    Er stieg aus dem Bett, zuerst etwas unsicher, doch dann, als sein Gleichgewichtssinn tadellos funktionierte, ging er zum Fenster und schaute hinaus. Es war bereits dunkel, aber das war im Winter auch kein Wunder. Leichter Schnee bedeckte die Straßen und Häuser, die mit ihren weißen Hauben wie eine Spielzeugkulisse wirkten. Sein Blick fiel in der Ferne auf die beleuchtete Silhouette der Space Needle.
Seattle!
Ein Lächeln umspielte seine wohlgeformten Lippen. Sein Gehirn hatte sich doch noch nicht gänzlich von ihm verabschiedet. Angespornt durch diesen kleinen Erfolg, setzte er sich in Bewegung und ging auf der Suche nach einem Spiegel ins angrenzende Badezimmer.
Das Gesicht, das ihm entgegenblickte, kam ihm verändert vor. Seine schwarzen Haare hingen ihm strähnig in die Stirn. Sie waren um einiges länger, als er erwartet hatte. Kalte dunkelgraue Augen fixierten ihn, umgeben von einem Kranz dichter dunkler Wimpern. Er registrierte die aristokratisch geformte Nase über einem sinnlichen Mund. Volle dunkelrote Lippen und ausgeprägte Wangenknochen rundeten die Physiognomie eines gutaussehenden Mannes ab. Nur der leichte Schatten seiner Bartstoppeln störte die vollkommene Schönheit. Er fuhr sich mit der Hand über sein raues Kinn. Nun, er konnte wirklich eine Dusche und Rasur vertragen.
 
    Channing drehte den Wasserhahn auf und zog das nicht gerade attraktive Krankenhaushemd über seinen Kopf. Der Anblick seines nackten Oberkörpers im Spiegel ließ ihn erstarren. Violettschwarz zog sich eine breite Tätowierung von seinem Brustbein über die Schultern seinen Rücken hinunter und endete an seinen Lenden. Wie ein endloser Fluss überzog dieses Tattoo in fortlaufenden Windungen seinen Körper. Doch bei genauer Betrachtung erkannte Channing nicht wahllose Zeichen, sondern Buchstaben, die so gezeichnet waren, dass man sie erst auf den zweiten Blick als solche erkennen konnte, die jedoch von weitem wie fremde Symbole wirkten.
Er trat näher an den Spiegel, um das Geschriebene zu lesen. Es war eine ihm unbekannte Sprache. Weder Französisch noch Englisch. Aber so schien es nur auf den ersten Blick. Bei genauer Betrachtung konnte Channing einige Begriffe entziffern. Er stolperte über Worte wie Primus und Memento . Latein!, kam es ihm in den Sinn. Eine tote Sprache. Er entdeckte, dass sich die Worte in regelmäßigen Abständen wiederholten.
› Primus inter Pares – Erster unter Gleichen ‹ und › Momento te hominem esse – Bedenke, dass du ein Mensch bist! ‹
Verwirrt betrachtete Channing sein Spiegelbild. Warum konnte er diese Sprache verstehen? Und noch wichtiger, wie zum Teufel kam er an solch ein Tattoo? Auch die ausgeprägten Muskeln seines Oberkörpers, im Grunde genommen seines ganzen Körpers, entsprachen nicht dem, was er für durchschnittlich und normal hielt. Er hatte keine Erinnerung daran, an seiner Form gearbeitet zu haben. Auch konnte er sich absolut nicht vorstellen, dass er Stunden in einem Tattoo-Studio zugebracht haben sollte. All diese Dinge passten gar nicht zu ihm, und doch waren sie Realität, Fakten seines neuen Lebens!
 
    Das warme Wasser tat ihm gut. Er ließ den starken Strahl über seinen Körper laufen und spürte, wie jede Faser zu neuem Leben erwachte. Je heißer er das Wasser einstellte, umso wohler fühlte er sich. Dichter Dampf breitete sich unter der Dusche und im Badezimmer aus und vernebelte ihm die Sicht. Er streckte seine langen Arme und stemmte sie gegen die Fliesen, ließ das Wasser endlos über seinen gesenkten Kopf und seinem Körper hinunterprasseln. Es fühlte sich gut an, so lebendig wie noch nie. Nichts erinnerte ihn mehr daran, dass er erst kurz zuvor einen schweren Verkehrsunfall überlebt hatte.
Einige Zeit später wischte Channing den beschlagenen Spiegel frei und seifte sein Gesicht ein. Sein Körper war trotz der kalten Jahreszeit gebräunt, und als er seine Hand hob, um den Rasierer anzusetzen, trat sein Bizeps mit einer enormen Wölbung hervor. Überrascht von diesem Anblick, rutschte er mit der scharfen Klinge ab, und ein blutiger kleiner Schnitt zeigte sich auf seiner Wange. Das Blut lief in einem dünnen Rinnsal von seinem Gesicht senkrecht in das
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