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Inferno

Inferno

Titel: Inferno
Autoren: Dan Brown
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für das, was ich erreicht habe. Du verstehst, dass mir keine Wahl bleibt. Um der Menschheit willen – ich muss mein Meisterwerk schützen.
    Es wächst selbst jetzt noch … wartend … schwelend in den blutroten Wassern der Lagune, in der sich nie spiegeln die Sterne.
    Und so löse ich mich von deinem Anblick und betrachte den Horizont. Hoch über dieser schwer beladenen Welt spreche ich mein letztes Gebet.
    Allmächtiger Gott, ich bete darum, dass die Welt mich nicht als einen ungeheuerlichen Sünder in Erinnerung behält, sondern als den glorreichen Erlöser, der ich, wie du weißt, in Wahrheit bin. Ich bete darum, dass die Menschheit begreift, welches Geschenk ich ihr hinterlassen habe.
    Mein Geschenk ist die Zukunft.
    Mein Geschenk ist die Erlösung.
    Mein Geschenk ist … Inferno.
    Ich flüstere ein leises Amen  … und trete einen letzten Schritt vor, hinein in den Abgrund.

KAPITEL 1
    Die Erinnerungen kehrten nur langsam zurück … wie Blasen, die aus den Tiefen eines bodenlosen Brunnens an die Oberfläche steigen.
    Eine verschleierte Frau.
    Robert Langdon starrte sie über einen Fluss hinweg an, dessen schäumende Fluten rot waren von Blut. Die Frau stand am anderen Ufer, ihm zugewandt, reglos und ernst, das Gesicht mit einem Schleier verhüllt. In der Hand hielt sie eine blaue Taenia , eine Kopfbinde, die sie nun hob, zu Ehren des Ozeans aus Leibern am Boden ringsum. Der Gestank nach Tod hing über allem.
    Suche , flüsterte die Frau. Suche, und du wirst finden.
    Langdon hörte die Worte, als hätte die Frau in seinem Kopf gesprochen. »Wer sind Sie?«, wollte er rufen, doch seine Kehle blieb stumm.
    Die Zeit drängt, flüsterte die Frau. Suche und finde.
    Langdon trat einen Schritt auf den Fluss zu. Er wollte ihn durchqueren, doch das Wasser, das blutrote Wasser, war zu tief. Als er den Blick wieder zu der verschleierten Frau hob, hatte sich die Zahl der Körper zu ihren Füßen vervielfacht. Jetzt waren es Hunderte, vielleicht Tausende, manche noch am Leben, sich windend in entsetzlichen Qualen, unvorstellbare Tode sterbend … verzehrt vom Feuer, unter Fäkalien begraben, einander verschlingend. Die klagenden Schreie der Gepeinigten hallten über das Wasser.
    Die Frau trat einen Schritt auf ihn zu. Sie hielt die zierlichen Hände ausgestreckt, als flehe sie um Hilfe.
    »Wer sind Sie?«, wiederholte Langdon seine Frage, und diesmal gehorchte ihm seine Stimme.
    Zur Antwort zog die Frau sich langsam den Schleier vom Gesicht. Sie war von atemberaubender Schönheit, doch viel älter, als Langdon vermutet hatte – bestimmt über sechzig, würdevoll, erhaben und zeitlos wie eine Statue. Ihre Miene zeigte Entschlossenheit, ihre Augen waren tief und voller Gefühl, und ihr langes, silbergraues Haar fiel ihr in gelockten Kaskaden über die Schultern. Um den Hals trug sie ein Amulett aus Lapislazuli – eine Schlange, die sich um einen Stab wand.
    Langdon war sicher, dass er die Frau kannte … dass er ihr vertraute. Aber … woher? Warum?
    Sie deutete auf ein sich windendes Paar Beine, das aus dem Erdreich ragte und anscheinend einer armen Seele gehörte, die mit dem Kopf voran bis zur Hüfte eingegraben worden war. Auf dem blassen Oberschenkel des Mannes war ein einzelner Buchstabe zu erkennen, geschrieben mit Schlamm, ein R .
    R? , dachte Langdon unsicher. Wie in Robert? »Bin … Bin ich das?«
    Das Gesicht der Frau war ausdruckslos. Suche und finde , wiederholte sie.
    Unvermittelt erstrahlte sie in weißem Licht … schwach zuerst, dann heller und heller. Ihr gesamter Leib fing an zu vibrieren, bis sie unter ohrenbetäubendem Donnerhall in tausend splitternde Scherben aus Licht zerbarst.
    Langdon fuhr schreiend hoch. Er war mit einem Schlag wach.
    Das Zimmer war hell erleuchtet. Er war allein. Der scharfe Geruch nach medizinischem Alkohol hing in der Luft, und irgendwo pingte eine Maschine in leisem, rhythmischem Einklang mit seinem Herzschlag. Langdon hob den rechten Arm ein wenig, doch sogleich durchfuhr ihn ein stechender Schmerz. Er blickte an sich hinunter und sah einen intravenösen Tropf in seinem Unterarm.
    Sein Puls ging schneller, und die Maschine hielt mit ihm mit. Das leise Pingen wurde drängender.
    Wo bin ich? Was ist passiert?
    Langdons Hinterkopf pochte – ein nagender, anhaltender Schmerz. Behutsam tastete er mit der linken Hand nach der Ursache für seine Kopfschmerzen. Unter dem verfilzten Haar fand er eine verkrustete Narbe: etwa ein Dutzend Stiche.
    Er schloss die Augen
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