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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Isabel Allende
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Hengst, obwohl wir einander schon kannten, als wären wir seit Olims Zeiten verheiratet. Mancher Tag war angefüllt mit Liebe, die Stunden vergingen uns im Flug, und wir kamen gar nicht dazu, uns anzukleiden, ja aßen sogar im Bett. Aber trotz der unbändigen Leidenschaft merkte ich schnell, daß diese Ehe, vernünftig betrachtet, ein Irrtum war. Juan hielt keine Überraschungen für mich bereit, er hatte mir seinen Charakter in den Jahren zuvor gründlich offenbart, aber seine Schwächen mit einem gewissen Abstand zusehen war etwas anderes gewesen, als mit ihnen leben zu müssen. Wenn ich heute an ihn zurückdenke, fallen mir nur zwei Vorzüge ein: sein untrüglicher Instinkt, mich im Bett glücklich zu machen, und sein Stierkämpferwuchs, an dem ich mich nicht satt sehen konnte.
    »Dieser Mann taugt nicht viel«, warnte mich meine Mutter, als sie uns einmal besuchte.
    »Solange er mir Kinder schenkt, soll der Rest mir gleichgültig sein.«
    »Aber wer wird die Kleinen denn ernähren?«
    »Na, ich«, sagte ich trotzig. »Dafür habe ich Nadel und Faden.«
    Ich war es gewohnt, von früh bis spät zu arbeiten, und es fehlte mir nicht an Kundschaft für meine Näharbeiten und die Stickerei. Außerdem buk ich in den Gemeindeöfen der Mühle salzige, mit Fleisch und Zwiebeln gefüllte Kuchen und verkaufte sie frühmorgens auf der Plaza Mayor. Ich hatte lange ausprobiert, bis ich die perfekte Mischung aus Fett und Mehl fand, die einen geschmeidigen, dünnen, aber reißfesten Teig ergab. Meine Kuchen, oder Empanadas, wurden sehr beliebt, und bald verdiente ich mit Backen mehr als mit Nähen.
    Meine Mutter schenkte mir eine kleine geschnitzte Holzstatuette unserer sehr wundertätigen Señora del Socorro, die meinen Bauch segnen sollte, doch hatte die Jungfrau gewiß Dringlicheres zu tun, jedenfalls blieben meine Bitten unerhört. Das essiggetränkte Schwämmchen benutzte ich schon lange nicht mehr, aber ein Kind wollte sich nicht einstellen. Aus der Leidenschaft, die Juan und ich geteilt hatten, wurde für uns beide Verdruß. Je mehr ich ihm abverlangte und je weniger ich ihm verzieh, desto weiter entfernte er sich von mir. Am Ende redete ich kaum noch mit ihm und er mit mir nur noch brüllend, doch wagte er nicht, mich zu schlagen, denn das einzige Mal, als er die Hand gegen mich erhob, zog ich ihm eine Eisenpfanne über denSchädel, wie es meine Großmutter bei meinem Großvater und später meine Mutter bei meinem Vater getan hatte. Angeblich war mein Vater wegen dieses Pfannenstreichs auf Nimmerwiedersehen von uns fortgegangen. Jedenfalls war meine Familie in dieser Hinsicht etwas Besonderes, denn nur die Kinder wurden geschlagen, die Frauen nie. Was ich Juan versetzte, war kaum mehr als eine Kopfnuß, aber die Pfanne war heiß, und so blieb eine kleine Narbe auf seiner Stirn zurück. Diese unbedeutende Verbrennung war für den eitlen Pfau ein Drama, aber wenigstens hatte ich ihn Respekt gelehrt. Er drohte mir nicht mehr, aber ich muß zugeben, daß dieser Vorfall unser Miteinander nicht verbesserte; jedesmal, wenn Juan mit den Fingern über die Narbe strich, trat ein mörderisches Funkeln in seine Augen. Er strafte mich, indem er mir die Freuden versagte, die er mir zuvor überreich gewährt hatte. Mein Leben wandelte sich, die Wochen und Monate schleppten sich hin, ich rackerte wie ein Galeerensträfling, und dazu kam der Kummer über meinen trockenen Bauch und die Armut. Die Launen und Schulden meines Mannes wurden zu einer schweren Last, die ich auf mich nahm, weil ich mich schämte, seinen Gläubigern in die Augen zu sehen. Vorbei war es mit unseren langen Nächten voller Küsse und mit den zwischen den Laken vertändelten Morgenstunden; unsere Begegnungen brachten keine Nähe, sie waren kurz und grob wie Vergewaltigungen. Ich ertrug sie in der Hoffung auf ein Kind. Heute, da ich mit der Gelassenheit des Alters auf mein Leben zurückschaue, begreife ich, daß es der wahre Segen der Jungfrau war, mir die Mutterschaft zu versagen und mir so die Erfüllung einer außergewöhnlichen Bestimmung zu erlauben. Mit Kindern wäre ich gebunden gewesen, wie es die Mütter von jeher gewesen sind; mit Kindern wäre ich von Juan de Málaga verlassen worden, hätte genäht und Empanadas gebacken; mit Kindern hätte ich dieses Königreich Chile niemals erobert.
    Mein Mann kleidete sich weiter wie ein schmuckes Bürschchen und gab sich weiter verschwenderisch wie ein Edelmann, weil er wußte, daß ich mich krummlegen würde, um seine
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