Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron
Autoren: Catherine Fisher
Vom Netzwerk:
wie das Auge verblasste.
    Â 
    Finns Sicht war verschwommen, und sein ganzer Körper fühlte sich leer an. Er lag zusammengekrümmt; nur Keiros Arm trennte seinen Kopf vom Fußboden. Einen Moment lang, ehe der Gestank des Gefängnisses wieder auf ihn einströmte und die Welt wieder da war, wusste er mit aller Gewissheit, dass er ein Prinz und Sohn eines Königs war. Dass seine Welt von goldenem Sonnenlicht bestrahlt worden war und dass er wie im Märchen eines Morgens in einen dunklen Wald hineingeritten und nie wieder zurückgekehrt war.
    Â»Trink etwas.« Attia flößte ihm Wasser ein; er schaffte es, ein wenig davon hinunterzuschlucken und versuchte, sich aufzusetzen.
    Â»Es wird schlimmer mit ihm«, sagte Keiro zu Claudia. »Das ist es, was dein Vater ihm angetan hat.«
    Sie schenkte ihm keinerlei Beachtung und beugte sich über Finn. »Das Gefängnisbeben hat aufgehört. Es ist einfach ganz von allein urplötzlich still geworden.«

    Â»Gildas?«, murmelte Finn.
    Â»Der alte Mann ist tot. Jetzt muss er sich keine Gedanken mehr über Sapphique machen.« Keiros Stimme klang rau. Als Finn sich umdrehte, sah er, dass der Sapient mit geschlossenen Augen auf dem Boden lag. Sein Körper war zusammengerollt, als ob er schlief. An seinem Finger war der letzte Schädelring zu sehen, aber er saß locker und wirkte trüb, als ob Keiro ihn in der vergeblichen Hoffnung über die Fingerglieder geschoben hatte, Gildas damit doch noch retten zu können.
    Â»Was hast du getan?«, fragte Claudia. »Er … hat sonderbare Dinge gesagt.«
    Â»Ich habe ihm den Weg hinaus gezeigt.« Finn fühlte sich, als wäre er wund und sauber geschrubbt. Er wollte jetzt nicht darüber sprechen, wollte den anderen nicht erzählen, an was er sich erinnert zu haben glaubte, und so setzte er sich langsam auf und fragte: »Du hast versucht, ihm den Ring auf den Finger zu schieben?«
    Â»Es hat nicht funktioniert. Auch damit hatte er recht. Vielleicht hat keiner der Schädelringe je eine Wirkung gehabt.« Keiro drückte Finn den Schlüssel in die Hände. »Geh. Verlass Incarceron. Bring den Sapienten dazu, einen Kristall zu schaffen, der auch mich hinausgelangen lässt. Und schick jemanden, der das Mädchen holt.«
    Finn sah Attia an. »Ich werde selber kommen. Das schwöre ich.«
    Attia lächelte schwach, und Keiro sagte: »Das will ich auch hoffen. Ich will doch nicht hier mit ihr feststecken.«
    Â»Und auch dich komme ich holen. Ich werde alle Sapienti in meinem Reich darauf ansetzen, einen Schlüssel für dich anzufertigen. Wir haben einen Eid geschworen, Bruder. Glaubst du, ich habe ihn vergessen?«
    Keiro lachte. Sein hübsches Gesicht war grimmig und voller
Blutergüsse, sein Haar stumpf vom Schmutz, sein prächtiger Mantel zerrissen. Und trotzdem, dachte Finn, war er derjenige, der wie ein Prinz aussah. »Vielleicht. Oder vielleicht ist das auch deine Chance, mich endlich loszuwerden. Vielleicht hast du ja Angst davor, dass ich dich außerhalb töten und deinen Platz einnehmen würde. Lass dir gesagt sein: Wenn du nicht zurückkommst, werde ich genau das tun.«
    Finn lächelte. Einen Moment lang sahen sie einander quer durch die abschüssige Zelle und über die herumliegenden Handschellen und Fußfesseln hinweg an.
    Dann drehte Finn sich zu Claudia um. »Du zuerst.«
    Sie sagte: »Und du kommst nach?«
    Â»Ja.«
    Sie schaute erst ihn an, dann die anderen. Rasch berührte sie das Auge des Adlers und war in einem plötzlichen Licht verschwunden, das so gleißend war, dass sie alle scharf die Luft einsogen.
    Finn sah auf den Schlüssel, den er in der Hand hielt. »Ich kann das nicht«, sagte er. Attia lächelte strahlend. »Ich vertraue dir. Und ich werde auf dich warten.«
    Aber sein Finger bewegte sich nicht, sondern verharrte über dem dunklen Auge des Adlers. Und so war es Attia, die die Hand ausstreckte und für ihn das Feld auf dem Kristall betätigte.
    Â 
    Claudia fand sich auf einem Stuhl sitzend wieder, um sich herum aufgeregte Stimmen und ein Hämmern gegen die Tür. Von draußen schrie Caspar: »… unter Arrest wegen Hochverrats. Hüter! Könnt Ihr mich hören?« Das Metall vibrierte unter den zornigen Hieben.
    Ihr Vater nahm ihre Hand und half ihr beim Aufstehen. »Meine Liebe. Wo steckt denn nun unser junger
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher