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In Zeiten der Flut

In Zeiten der Flut

Titel: In Zeiten der Flut
Autoren: Michael Swanwick
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man hinter seiner Unscheinbarkeit etwas Tiefgründiges zu erkennen meinte. Im Schlaf hätte dieses Gesicht häßlich gewirkt, doch mit einem Zucken der Mundwinkel, einem Blinzeln würde es zu Schönheit erwachen. Es war ausgeschlossen, daß sich dieses Gesicht hinter der rosigen Rundheit des falschen Chu verborgen hatte.
    »Unser Eindringling trug Handschuhe, weil er ein Zauberer ist.« Leutnant Chu bewegte nervös die Finger. »Zauberer tätowieren sich für jedes Wissensgebiet, das sie beherrschen, die Hände, angefangen vom Mittelfinger bis hinauf zu den Handgelenken. Bei einem Magus reichen sie bis zu den Ellbogen. Schlangen und Monde und was nicht noch alles. Hätten Sie seine Hände gesehen, würden Sie ihn niemals für einen Offizier vom Piedmont gehalten haben.«
    Bergier räusperte sich, und als sie sich beide zu ihm umwandten, sagte er: »Mit der Technik, die Sie uns vorenthalten, könnte ein einzelner Mann dieses Schiff steuern. Er könnte sämtliche Aufgaben von der Gepäckverwahrung bis zum Passagierservice erfüllen, ohne auch nur einen einzigen Gehilfen zu haben.«
    »Die gleiche Technik würde Ihren Job überflüssig machen«, erklärte der Bürokrat. »Glauben Sie wirklich, Ihre Regierung würde sich einen so teuren Luxus wie dieses Luftschiff leisten, wenn sie eine Flotte schneller, billiger, die Atmosphäre zerstörender Shuttle haben könnte?«
    »Die Tyrannei hat immer logische Argumente.«
    Ehe der Bürokrat antworten konnte, warf Chu ein: »Wir haben Gregorians Mutter ausfindig gemacht.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja.« Chus großspuriges Grinsen ließ darauf schließen, daß sie von selbst darauf gekommen war. »Sie lebt in einem Flußstädtchen gleich hinter Lightfoot. Dort gibt es keine Heliostatenstation, aber wir können uns von jemandem ein Boot leihen, es ist nicht weit. Dieser Ort wäre am besten geeignet, um mit unseren Nachforschungen zu beginnen. Anschließend nehmen wir uns die Femsehspots vor und versuchen das Geld zurückzuverfolgen. Sämtliche Sendungen werden vom Piedmont ausgestrahlt, aber wenn Sie den Spots nachgehen wollen, an der Heliostatenstation gibt es ein Gate, das ist kein Problem.«
    »Als erstes besuchen wir morgen die Mutter«, meinte der Bürokrat. »Ich hatte allerdings schon früher mit Planetenbanken zu tun, und ich habe ernsthafte Zweifel, daß wir das Geld werden zurückverfolgen können.«
    Bergier sah ihn geringschätzig an. »Geld läßt sich immer zurückverfolgen. Es hinterläßt eine Schleimspur, wo immer es hingeht.«
    Der Bürokrat lächelte skeptisch. »Das ist sehr aphoristisch.«
    »Lachen Sie mich bloß nicht aus! Als ich jünger war, hatte ich fünf Frauen im Tideland.« Bergier steckte sich eine weitere Tablette in den Mund, hüllte sie in Speichel. »Ich hatte sie optimal plaziert und in solchen Abständen entlang meiner Route verteilt, daß keine etwas von der Existenz der anderen ahnte.« Der Bürokrat merkte, daß der Kommandant nicht mitbekam, wie Chu die Augen verdrehte. »Doch dann kam ich dahinter, daß mir meine Ysolt untreu war. Vor Eifersucht drehte ich beinahe durch. Das war, kurz nachdem man die Hexenkulte ausgemerzt hatte. Ich kehrte nach wochenlanger Abwesenheit zu ihr zurück. Mann, war die scharf. Ihre Periode hatte gerade eingesetzt. Das ganze Haus roch nach ihr.« Seine Nasenflügel weiteten sich. »Sie können sich nicht vorstellen, wie sie manchmal war. Als ich zur Tür reinkam, warf sie mich auf den Boden und riß meine Uniform auf. Sie war nackt. Es war, als würde ich von einem Wirbelsturm vergewaltigt. Ich mußte dauernd daran denken, daß wir einen Skandal in der Nachbarschaft vermeiden mußten.
    Ich glaube, das hätte einen Fisch zum Lachen gebracht, wie ich da unter dieser kleinen Wildkatze strampelte. Rot im Gesicht, halb nackt und mit einem Arm fuchtelnd, um die Tür zu schließen.
    Schön und gut. Ich war ein junger Mann. Aber was sie alles mit mir anstellte! Irgendwie hatte sie Dinge gelernt, die ich ihr nicht beigebracht hatte. Manches davon war mir völlig unbekannt. Wir waren schon seit Jahren verheiratet. Und jetzt auf einmal hatte sie neue Vorlieben entwickelt. Wie war sie darauf gekommen, hm? Wie bloß?«
    »Vielleicht hatte sie ein Buch gelesen«, meinte Chu trocken.
    »Ach was! Sie hatte einen Liebhaber! Soviel war klar. Ysolt war keine gerissene Person. Sie war wie ein Kind, das mir ein neues Spielzeug zeigte. Probieren wir doch mal das aus, sagte sie ... Tim wir mal so, als wärst du die Frau und ich der Mann
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