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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille
Autoren: Inge Löhnig
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Handy hat er Fotos gemacht …« Einen Moment herrschte Schweigen. Die Suppentassen standen unberührt auf dem Tisch.
    »Und damit hat er Albert erpresst?«, fragte Caroline.
    Babs nickte. Übelkeit breitete sich in ihr aus wie ein Eimer verschüttetes Putzwasser. Sie fühlte sich besudelt, benutzt, missbraucht. Wenn sie daran dachte, warum Albert ihr dieses Zeug in den Gin Tonic gekippt hatte, weshalb er mit ihr geschlafen … Sie stand auf. »Ich muss jetzt nach Hause.«
    »Willst du damit sagen, Albert hat Bertram erschossen?« Als Babs nickte, ließ Caroline die Stirn in die aufgestützten Hände sinken.
    Worte wurden zu Materie. Wie ein Batzen Ton klatschten sie auf den Tisch, formten aus dem Unfassbaren das Geschehene, wurden zur Mauer, die sie nun auf immer von Albert trennen würde. »Er hat nicht nur Wolfram verdursten lassen und Bertram kaltblütig erschossen, er hätte auch mich getötet. Er ist das Opfer. So sieht er das!«
    * * *
    Es war kurz vor acht, als Dühnfort vor das Präsidium trat. Feierabend. Alois hatte sich telefonisch gemeldet. Bertrams zerstörtes Handy war, wie von Albert angegeben, in einem Müllcontainer in der Nähe des Kurfürstenplatzes gefunden worden. Nach dem Laptop, den er an der Wittelsbacher Brücke in die Isar geworfen hatte, suchten Taucher. Die Flasche Tullamore Dew, die Albert zu seinem Treffen mit Bertram mitgebracht und in die er das GHB gerührt hatte, war in der Praxis sichergestellt worden, ebenso die Flasche
Superclean.
    Auch die Sache mit dem vertauschten Rad war nun vollständig geklärt. Albert war sich sicher gewesen, dass er es in den Schuppen zurückgestellt hatte. Als er es hatte holen wollen, hatte es jedoch am Holzstoß gelehnt. Mit dem Rad aus dem Schuppen hatte Bertram sich aus dem Staub gemacht, denn mit seinem eigenen hätte er den Bewegungsmelder ausgelöst, der die Terrassenbeleuchtung steuerte. Albert hatte also das Rad, das er für das seines Vaters hielt, vor Eintreffen der Polizei in den Kofferraum gelegt und, nachdem er sich von Dühnfort verabschiedet hatte, in Starnberg an den Bahnhof gestellt, damit es gestohlen wurde. Vorher war er allerdings zum Hotelparkplatz gefahren und hatte hastig seine Fingerspuren vom Auto seines Vaters abgewischt. Dühnfort faszinierte dieseDiskrepanz zwischen Kaltblütigkeit und Panik, zwischen Überlegtheit und Dummheit.
    Kälte schlug ihm entgegen, als er die Treppe hinunterging. Der Föhn hatte den Kampf gegen ein Islandtief im Laufe des Tages verloren; ein eisiger Wind blies durch die Stadt, das mediterrane Intermezzo war bereits Erinnerung. Fröstelnd knöpfte Dühnfort den Mantel zu.
    Der Kühlschrank war leer, die Läden schlossen bald. Am besten, er ging irgendwo Abend essen. Das Vibrieren seines Handys unterbrach diesen Gedanken. Er nahm das Gespräch an. Gleichzeitig bemerkte er, wie Gina neben ihn trat und die Hände in der Jackentasche vergrub. Der Schorsch von der Segelschule meldete sich. »Ich wollt’ nur fragen, ob Ihnen das am Montag passt, dass wir die Sissi ins Winterquartier bringen.«
    Dühnfort hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sich bei dem Mann noch nicht gemeldet hatte, und entschuldigte sich dafür. Sicher konnte er sich für ein paar Stunden freimachen. »Das ist sehr freundlich von Ihnen. Wann haben Sie denn Zeit?«
    »Bei mir geht es am besten am Vormittag. Sagen wir um zehn.«
    »Gut, dann um zehn beim Boot. Soll ich irgendetwas mitbringen?«
    »Na, da brauchen Sie nichts mitbringen.«
    Dühnfort dankte ihm nochmals und beendete das Gespräch.
    »Was für ein Boot? Hast du dir eines gekauft?« Gina zupfte verwundert an einem Ohrläppchen.
    »Die Sissi vom verstorbenen Herrn Ullmann. Es war eine gute Gelegenheit.«
    »Sissi.« Gina grinste.
    »Ich taufe es natürlich um.«
    »Wie wäre es mit True Love?« Gina begann die Cole-Porter-Melodie zu summen und entlockte damit Dühnfort ein Lächeln.
    »Ich denke darüber nach. Hast du Lust, am Montag mitzukommen? Bevor sie ins Winterquartier muss, will ich eine Runde auf dem See drehen.«
    Bedauernd verzog Gina den Mund. »Tolles Angebot. Das wäre echt klasse. Aber meine Mutter hat am Montag ein Vorstellungsgespräch und ist aufgeregter als vor einem Zahnarzttermin. Ich habe ihr versprochen, sie hinzufahren und auf sie zu warten.«
    »Schade.«
    »Aber im Sommer komme ich gerne einmal mit. Meine Mutter lässt dich übrigens grüßen. Die Rouladen sind super geworden. Am Sonntag bist du bei uns zum Sauerbraten eingeladen. Hast du Zeit?
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