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In tödlicher Gefahr

In tödlicher Gefahr

Titel: In tödlicher Gefahr
Autoren: Christiane Heggan
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schon glücklich gewesen, unter die ersten zehn zu kommen. Schließlich habe ich zum ersten Mal an einem Wettbewerb teilgenommen.“
    „Wie haben die Franzosen auf Ihren Sieg reagiert?“
    Abbie DiAngelo lachte, und Ian glaubte, ein Grübchen in der linken Wange zu erkennen. „So wie sie auf Lance Armstrong reagiert haben, als er die erste Tour de France gewann.“ Mit gespieltem Entsetzen legte sie beide Hände an die Wangen. „‚
Une Arméricaine? Mon Dieu. C’est pas possible.‘“
    Die Reporterin lachte, doch Abbie wurde gleich wieder ernst. „Tatsächlich hätten sie vor, während und nach dem Wettkampf kaum netter sein können. Ein Lokalreporter nannte mich
La Petite Américaine
– die kleine Amerikanerin. Der Name blieb an mir haften, und als der Wettkampf vorüber war, freuten sich alle Mitbewerber mit mir.“
    „Was bedeutet Ihnen dieser Preis, Abbie?“
    Ihre Augen begannen zu strahlen. „Nun, zum einen tut er meinem Stolz sehr gut.“
    „Wie man mir sagte, haben Sie keinen.“
    Sie lachte wieder. „Da seien Sie mal nicht so sicher. Ein Küchenchef ohne Stolz ist wie ein Soufflee ohne Luft. Er wird den Anforderungen nicht gerecht. Nein, ernsthaft“, fuhr sie fort, „die wahre Belohnung war für mich, eine Woche lang Mitglied einer so elitären Gruppe zu sein und mit weltbekannten Küchenchefs zu arbeiten, Tipps mit ihnen auszutauschen und Techniken zu vergleichen. Unter so starkem Druck drei Tage lang zu kochen hat mich überzeugt, jeder Herausforderung gewachsen zu sein. Ich bin bereit.“
    „Das Menü, das Sie für die Richter gekocht haben, war beeindruckend. Werden Sie einige dieser Gerichte Ihrer gegenwärtigen Speisekarte hinzufügen?“
    „Das habe ich bereits. Und alle waren ein großer Erfolg.“
    Die Reporterin beugte sich zu Abbie vor und blinzelte dabei in die Kamera. „Bekommt man deshalb so schwer eine Tischreservierung bei Ihnen?“
    „Ich weiß nicht, mag sein“, erwiderte Abbie lächelnd. „Vielleicht versuchen Sie es mal über Ihre Beziehungen.“
    Warmath stieß Ian in die Rippen. „He, was ist das mit dir und dieser Tusse, Mann?“ Er wand sich wieder und fragte im Singsang: „Biste verliebt, McGregor?“
    Ian starrte weiter auf den Bildschirm. „Nein, aber ich glaube, ich kenne die.“
    „Ach was.“ Der Mitgefangene lachte schallend. „Also, warum stellst du sie uns nicht vor? Wir möchten sie auch kennen lernen.“ Und an die anderen gewandt: „Stimmt’s nich’, Kumpels?“
    „Halt die Klappe, ja?“ Ian blendete, konzentriert auf das Interview, die Stimmen der anderen aus. Er war sich fast sicher, dass die Frau auf dem Bildschirm seine Stiefschwester war.
    „Wollten Sie immer schon Chefköchin werden?“ fragte die Reporterin.
    Hinter ihr ging ein Kellner in schwarzer Hose mit weißem kurzärmeligem Hemd von Tisch zu Tisch und legte Silberbesteck neben die Teller. „Eigentlich wollte ich Ballerina werden.“
    Sie ist es, dachte Ian und erinnerte sich an die Ballettposter in Abbies Zimmer, an die Tanzstunden, die sie zweimal wöchentlich bekam, und an die Aufführungen, zu der er mit seiner Schwester Liz hatte gehen müssen. Sie ist es wirklich. Heiliger Strohsack!
    Die Blondine blickte dem Kellner einen Moment nach, ehe sie sich wieder Abbie zuwandte. „Wann kam der Sinneswandel?“
    „Das weiß ich nicht genau. Meine Mutter war und ist immer noch eine wunderbare Köchin. Das hat wohl für mich letztlich den Ausschlag gegeben, in die Gastronomie zu gehen.“
    Irene lebte also noch. Das war nicht überraschend. Sie war erst Mitte dreißig gewesen, als sie seinen Vater geheiratet hatte.
    „Ich danke Ihnen, Abbie, dass Sie sich bei Ihrem hektischen Terminplan die Zeit genommen haben, mit uns zu reden. Und noch einmal Glückwunsch zu Ihrem Preis.“ Die Reporterin wandte sich der Kamera zu und zeigte ihre strahlend weißen Zähne. „Wir sprachen mit Abbie DiAngelo, der Gewinnerin des prestigeträchtigen Bocuse d’Or. Loraine Grant für CBS.“
    Warmath stieß Ian wieder an. „Vielleicht sollten wir die Braut hierher einladen, damit sie für uns kocht. Der Gefängnisfraß, den wir kriegen, frisst mir ‘n Loch in den Magen so groß wie der Grand Canyon.“
    Doch Ian hörte nicht zu, sondern dachte nach. Obwohl er nicht gerade religiös war, konnte er es nicht für einen Zufall halten, dass er Abbie nach achtundzwanzig Jahren wieder gefunden hatte. Es war ein Zeichen von oben, das er nicht ignorieren durfte. Eben noch hatte er sich gefragt, woher sein
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