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In tödlicher Gefahr

In tödlicher Gefahr

Titel: In tödlicher Gefahr
Autoren: Christiane Heggan
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nächstes Geld kommen sollte, und plötzlich war alles klar. Jawoll, endlich lächelten die Götter auf Ian McGregor herab. Und all das verdankte er einer Laune des Schicksals – oder in diesem Fall einem Druck auf die Fernbedienung.
    Wer behauptete, dass Wunder nur für die Gläubigen bestimmt waren?
    28. Mai
,
    Stateville Gefängnis
,
    Akron, Ohio
    Ians erster Besuch, nachdem er zehn Tage später das Allen Correctional Center verlassen hatte, galt nicht Rose, sondern einem alten Kumpel, der seit sechs Jahren in Stateville in der Todeszelle saß.
    Ian hatte Earl Kramer vor über zehn Jahren in San Francisco kennen gelernt. Sie waren Partner beim Einschleusen illegaler Einwanderer aus China gewesen – Männer und Frauen, die so verzweifelt ein besseres Leben suchten, dass sie pro Person zehntausend Dollar für eine sichere Passage in die Vereinigten Staaten zahlten. Ehe Ian und Earl aber auch nur einen Penny daran verdienten, war der Dritte im Bunde mit der Kasse getürmt.
    Pleite und verbittert hatten Ian und Earl sich getrennt, jeder auf der Suche nach dem nächsten Coup für den schnellen Dollar. Ein paar Jahre später hörte Ian, dass Earl wieder im Gefängnis saß, diesmal wegen Polizistenmordes. Dafür wurde er zum Tode verurteilt.
    Ian hätte keinen weiteren Gedanken an Earl verschwendet, doch seinen cleveren kleinen Plan, Abbie auszunehmen, konnte er ohne seinen alten Kumpel nicht umsetzen. Eine Besuchserlaubnis zu bekommen war jedoch kein leichtes Unterfangen gewesen. Obwohl Stateville kein Hochsicherheitsgefängnis war, galt das Besuchsrecht bei Todeskandidaten nur für engste Familienangehörige. Erst als Earls Frau Anna bei den Gefängnisoffiziellen intervenierte, Ian sei ein alter Freund und gehöre praktisch zur Familie, hatte man ihm den Besuch gestattet.
    Nachdem er gründlich durchsucht worden war, wurde er mehrere schmale Korridore entlanggeleitet und in einen Raum mit zwei Kabinen geführt, die durch eine dicke Glasscheibe getrennt waren.
    Ian wählte die hintere Kabine, setzte sich und blickte sich nervös um. Die Atmosphäre in diesem Flügel war anders, ruhiger und bedrückender. Man konnte förmlich eine Uhr ticken hören, obwohl er nirgends eine sah. Vielleicht rührte das unheimliche Gefühl von dem Wissen, dass sich irgendwo an diesem Flur die Hinrichtungskammer befand und auf den nächsten Insassen wartete. Ian fröstelte.
    Als er das sich nähernde Rasseln von Ketten hörte, begann er heftig zu schwitzen. Einen Augenblick später kam Earl herein, begleitet von zwei Wachen. Trotz der sechs langen Jahre im Todestrakt hatte er sich erstaunlich gut gehalten. Sein Haar war jetzt von einem schmutzigen Grau und stand ihm in stacheligen Büscheln vom Kopf ab. Außerdem war er schwerer, als Ian ihn in Erinnerung hatte, und wirkte massiger unter dem verblichenen blauen Gefängnisanzug.
    An Händen und Füßen gefesselt, schlurfte er zur Kabine und setzte sich. Da bemerkte Ian das kleine schwarze Buch, das Earl mitgebracht hatte und auf den Tisch legte. Er hatte gehört, dass einige Insassen im Todestrakt zu Gott fanden, wenn nichts anderes mehr half, aber er hätte sich nie träumen lassen, dass der bösartige, Zoten reißende Earl gläubig wurde. Besorgt, seine Hoffnung auf rasches Geld begraben zu müssen, blickte er seinem Gegenüber eine Weile forschend ins Gesicht und hoffte, das erlösende Wort „angeschmiert“ aus seinem Mund zu hören. Falls Kramer die Besorgnis seines alten Partners spürte, so zeigte er es jedoch nicht.
    Ian wartete, bis Earl mit beiden Händen den Hörer genommen hatte, ehe er in seinen sprach. „Wie geht’s dir, Kumpel?“
    Earl sah ihn finster an. „Ich bin hier im gottverdammten Todestrakt. Was glaubst du wohl, wie’s mir geht?“
    Ian entspannte sich. Das war genau der Earl, den er kannte. „War wohl ’ne dumme Frage.“
    Die halbherzige Entschuldigung schien seinen früheren Partner nicht zu interessieren. „Was zum Geier suchst du hier? Ich dachte, nach Garcias Drohungen wärst du längst über alle Berge.“
    „Bin ich auch bald.“ Ian warf den beiden Wachen an der Tür einen flüchtigen Blick zu. Sie beobachteten ihn, wirkten jedoch eher gelangweilt als argwöhnisch. Er senkte die Stimme. „Ich habe einen Vorschlag für dich.“
    „Du willst mich rausholen?“
    Ian lachte. „Ich dachte, ein Mann mit deinen Verbindungen hätte inzwischen einen Weg gefunden, hier rauszukommen.“
    „Verbindungen sind nicht billig.“
    Ian grinste. „Wenn das so
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