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In Schinkenbüttel ist der Affe los!

In Schinkenbüttel ist der Affe los!

Titel: In Schinkenbüttel ist der Affe los!
Autoren: Werner Schrader
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blonden Strähnen auf den Rücken fiel. Und da konnte er nicht länger an sich halten. Er sprang dem ahnungslosen Mädchen auf die Schulter und zog ihm das bunte Tuch über die Augen.
    Zu Tode erschrocken schrie Irene auf. So grell und nadelspitz stießen ihre Hilferufe in die Stille des Hauses, daß nicht nur der Mann im Bett erschrak und sich unter sein Kopfkissen verkroch, sondern auch Filip zusammenfuhr und auf den Schrank zurückkletterte. Dabei rempelte er die dumme Figur an, die prompt herunterfiel und sich in Arme, Bauch und Beine zerteilte. Der Kopf rollte scheppernd unter das Bett. Weil Irene immer noch die Nacht mit ihrem Gebrüll in Scheiben schnitt, mochte Filip nicht länger in ihrer Nähe bleiben. Er schwang sich auf die offenstehende Tür und sprang von dort in den Flur hinaus. Den Wirt, der mit einer Gaspistole die Treppe heraufrannte, um seiner Angestellten zu Hilfe zu kommen, ließ er vorbei und fegte dann ins Erdgeschoß hinab.
    Er wäre gern ins Freie gegangen, an die frische Luft, da er aber die Haustür verschlossen fand, mußte er noch eine Weile im Hause bleiben. Wie von ungefähr gelangte er in die Küche. Dort standen sieben große Torten fix und fertig auf dem Tisch. Die waren für die Geburtstagsfeier des Bürgermeisters bestimmt. Der verdienstvolle Mann wurde morgen sechzig Jahre alt. Filip setzte sich in die erste Torte hinein. Es war eine Nußsahnetorte, verziert mit Wal- und Haselnüssen. Sie quoll nach allen Seiten auseinander und vergrößerte sich merklich. Filip gefiel sie so viel besser. Er ergriff die zweite und versuchte sie auf die dritte zu legen. Das gelang ihm aber nicht. Sie rutschte ihm aus den Händen und klatschte kopfüber auf die Steinfliesen des Fußbodens. Filip sah erstaunt, wie sie sich dort breitmachte und nach allen Seiten Sahnekleckse verspritzte. Ohne zu zögern, nahm er nun die dritte und warf sie ebenfalls hinunter. Er wollte sehen, ob die auch so schön mit Sahne um sich schoß. Doch sie fiel auf die Kante und knickte zu einem häßlichen Berg zusammen. Die vierte aber spritzte auch recht lebhaft umher, als sie auf dem Fußboden landete. Von der fünften knabberte er alle Marzipanrosen ab und seifte sich dann mit der Buttercreme Gesicht, Hals und Ohren ein. Die sechste verarbeitete er zu Schneebällen, mit denen er nach den Töpfen auf den Regalen zielte. Zwei traf er, so daß sie das Gleichgewicht verloren und herunterpolterten. Die anderen Bälle klatschten an die Wand und rutschten langsam herab. Bevor Filip sich mit der siebten Torte beschäftigte, hielt er inne und horchte, ob das dumme Topfgeklapper nicht einen bösen Feind herbeigelockt hätte. Als aber alles ruhig blieb, abgesehen von dem Geschrei in dem Zimmer seines Einstiegs, nahm er sich die letzte Torte vor und fuhr mit ihr Schlitten. Er drehte sie herum, setzte sich darauf und stieß sich mit den Füßen ab. Das ging prächtig! Allerdings wurde der Schlitten immer niedriger. Dafür wurde es jedoch bald auf dem Tisch so glatt, daß man auch ohne Schlitten herrlich darauf rutschen konnte. Schließlich machte ihm das keinen Spaß mehr. Er sah sich suchend um und entdeckte ein Bord an der Wand, auf dem viele bunte Flaschen standen. Die verlockten ihn zu einem kurzweiligen Spiel. Er kletterte hinauf, nahm eine Flasche in die Hand und schlug die andern damit herunter. Das klirrte herrlich. In weniger als zwei Minuten lagen alle Flaschen auf dem Fußboden. Die meisten waren zerbrochen und ausgelaufen, nur wenige hatten den Sturz unbeschädigt überlebt. Filip kreischte vor Wonne. Plötzlich wurde ihm bewußt, daß er noch immer eine Flasche in der Hand hielt. Schon wollte er sie den anderen nachwerfen, da erinnerte er sich daran, daß er vor einer knappen Stunde aus einer ähnlichen Flasche einen tollen Saft getrunken hatte, von dem ihm so fröhlich ums Herz geworden war. Er roch an der Flasche, schüttelte sie und zog endlich den Korken mit den Zähnen heraus. Und dann nahm er einen tiefen Schluck. Tatsächlich, das Zeugs in dieser Flasche war genauso komisch wie das in der andern. Es schmeckte halb süß und halb bitter und wärmte den ganzen Körper. Noch zweimal setzte er die Flasche an den Mund und trank. Dann zerdepperte er sie auf dem Fußboden.

    Darauf wurde er nach und nach müde, sehr, sehr müde. Die Glieder waren mit einemmal so schwer, daß er sich gar nicht mehr bewegen mochte. Er gähnte und sah sich mit glasigen Augen nach einem Bett um. Das gab es hier aber nicht. Doch nachdem er
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