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In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

Titel: In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.
Autoren: Ephraim Kishon
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verwendete die Firma einen hochorganisierten Computer, der jede Adresse auf ihre geographische Authentizität und jeden Text auf seine Glaubhaftigkeit prüfte, ehe die Karten nach Postleitzahlen gestapelt und ihr Versand in praktisch unbegrenztem Umfang aufgenommen wurde. »Erfolg garantiert!« hieß es im Prospekt. »Sondergebühren für Jahresabonnenten, Studenten und Militär.«
    Die Rationalisierung des Kunstbetriebs hatte einen neuen, gewaltigen Schritt nach vorne getan. Fortan blieb es unseren ausübenden Künstlern erspart, ihr Talent und ihren Erfindungsgeist von so altmodischen Arbeitsprozessen wie dem Anfeuchten von Briefmarken behindern zu lassen.

Frau Winternitz gegen Columbo

    Ehe wir uns von der Unterhaltungsindustrie abwenden, wenden wir uns noch rasch einer der erfolgreichsten Fernsehserien zu: der »Columbo«-Serie.  
    Die Situation ist die folgende:
    Der gutaussehende Architekt hat zur Dämmerstunde den alten Mac O'Muck umgelegt, weil dieser sich skeptisch über den im Bau befindlichen Wolkenkratzer geäußert hatte, und Columbo ist bereits auf einer heißen Spur, denn ein Blick ins Drehbuch hat ihn überzeugt, daß der Schurke nichts so sehr liebt wie klassische Musik. Klar? Eben.
    Mein Fernsehschirm bebt vor innerer Spannung, ich selbst ertappe mich beim Nägelbeißen, und der Hauptverdacht richtet sich gegen die blonde Witwe des Leichnams. Aber das kann man mir nicht erzählen, ich habe den Mord gesehen, den Mörder allerdings nicht, und wenn Columbo sich den Anschein gibt, als ob -
    Rrrrr!
    Irgendwo schrillt das Telefon, noch dazu außerhalb meiner Reichweite. Wer zum Teufel hat die Frechheit, mitten in einen Anschein Columbos hineinzuklingeln?  
    Ich erhebe mich, stolpere im Dunkeln über zwei Stühle und nehme den Hörer ans Ohr, während meine Augen auf den Fernsehschirm geheftet bleiben:  
    »Ja«, sage ich.
    »Hallo«, sagt am anderen Ende die zaghafte Stimme einer unzweifelhaft alten Dame.   »Ich störe Sie doch nicht?«
    »Ja«, sage ich.
    »Ich bin die Mutter von Gad!«
    »Ja.«
    »Gad Winternitz aus Naharia.«
    Der gutaussehende Architekt macht sich über Columbo lustig. Kunststück. Sein Direktor hat ihm ja ein wasserdichtes
    Alibi verschafft. Jetzt probiert er's sogar mit der Blonden. Und dabei wird die ganze Stadt von der Frage bewegt, wo er die Leiche versteckt hat.
    »Ja!« brülle ich ins Telefon. »Wo!«
    »Bitte, ich muß Sie um eine große Gefälligkeit bitten. Mein verstorbener Mann pflegte zu sagen - wir haben damals noch in Bat Jam gewohnt - und das sagte er immer: wenn ich einmal einen Rat brauche, den Rat eines künstlerisch veranlagten Menschen, dann soll ich mich an Sie wenden, weil Sie doch diese Zeichnungen machen und Gads Freund sind, nicht wahr.«
    Wer ist Gad? Wo ist die Leiche?
    »Die Leute sagen«, fuhr Frau Winternitz fort, »daß Sie immer so viel zu tun haben und daß Sie nichts für andere Menschen tun. Aber ich habe ihnen immer widersprochen. Nein, sage ich immer, das stimmt nicht, wenn er kann, dann hilft er, auch wenn er noch so viel zu tun hat mit seinen Zeichnungen. Das habe ich immer gesagt. Hallo.«
    »Hallo«, sage ich. »Wer spricht?«
    »Die Mutter von Ihrem Freund Gad Winternitz. Hallo. Ich wollte Sie wirklich nicht stören, aber mein Schwager meint, daß wir jetzt doch ein wenig Druck ausüben sollten, sonst wissen Sie ja, was passiert. Sie kennen die Zustände in unserem Land, besonders die Regierung. Wenn mein Mann noch am Leben wäre, würde ich natürlich nie. Im Gegenteil. Nur, Sie verstehen, ganz allein mit der Hypothek, da spricht man natürlich zu einer Wand. Also bitte raten Sie mir, ob ich jetzt. Oder lieber noch warten?«
    Ich könnte nicht schwören, daß sie sich wörtlich so ausgedrückt hat, aber so habe ich es gehört. Wie soll man denn wörtlich zuhören, wenn gerade das Haus des gutaussehenden Architekten durchsucht wird, der den alten Mac O'Muck umgelegt hat.
    »Ja«, stöhne ich in die Muschel. »Hallo. Was wünschen Sie?« »Ich möchte wissen, ob ich trotzdem unterschreiben soll.«
    »Das hängt noch von jemand anderem ab.«
    »Von wem, bitte?«  
    »Von dieser Blonden.«
    »Hallo, hier Frau Winternitz. Die Mutter von Gad. Hallo.«
    Dem Mörder ist klargeworden, daß der Film zu Ende geht, aber er bleibt hart. Solange die Leiche nicht gefunden ist, kann ihm Columbo nichts nachweisen. Ich für meine Person habe den Verdacht, daß der Architekt den alten Mac O'Muck in die Mauer des Wolkenkratzers einzementiert
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