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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen
Autoren: Gina Meyer
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dottergelbe Chicken-T-Shirt über ihr schwarzes Top. Wie dünn sie immer noch war, stellte Cara betroffen fest. Sie hatte für Ronja ein Shirt in Größe 34 bestellt und das hing nun von ihren mageren Schultern wie ein Zelt.
    »Das war ja meine Therapie«, meinte May. »Ich brauchte Gegeneindrücke, um Daniels Schleimspuren zu verwischen.« Sie schlug ihre langen braunen Beine übereinander. Obwohl Cara in der Einladung geschrieben hatte, dass alle in Jeans kommen sollten, war May in superknappen Shorts und High Heels erschienen. Das war typisch für sie, sie ließ keine Gelegenheit aus, ihren Körper zur Schau zu stellen.
    »Und du?«, fragte Helena Jacky. »Wen hast du als Erstes geküsst?«
    »Jan Kahler. Beim Flaschendrehen.«
    »Flaschendrehen gilt nicht.«
    »Gilt doch. Ich war verrückt nach Jan. Aber danach wollte ich ihn nicht mehr. Er hat mir seine Zunge in den Hals gesteckt, brrrr.«
    »Das macht man so beim Küssen«, erklärte Viola.
    »Und bei dir, Viola?«, erkundigte sich Jacky. »Lass mich raten: Benny.«
    Viola zuckte mit den Schultern. Sie war mit ihrem Freund zusammen, seit sie vierzehn war. Nach dem Abitur waren sie zusammen nach Düsseldorf gezogen, wo sie nun beide Musik studierten.
    »Das ist ja wohl keine Frage«, sagte May. »Mich würde eher interessieren, ob Viola außer Benny auch mal jemand anderen geküsst hat.«
    Violas schmale Finger fuhren durch ihr braunes langes Haar, das glänzte wie frisch gebügelt. Ihr schönes Madonnengesicht zeigte keine Regung.
    »Keine Antwort ist auch eine Antwort«, meinte May. »Und bei dir, Cara? Wie sieht’s da aus? Schon mal geküsst?«
    Schon mal geküsst . Also wirklich. Cara war neunzehn, natürlich hatte sie schon geküsst: Aron und Jens und Fritz und Max. Mit Max war sie sogar ein halbes Jahr zusammen gewesen. Ihr bisheriger Rekord.
    »Hat eine von euch schon mal mit einem Mädchen geknutscht?«, fragte Jacky, bevor Cara antworten konnte.
    »Bin ich lesbisch oder was?«, fragte May zurück.
    »Ich«, sagte Helena.
    »Was, echt?«, fragte Jacky. »Du verarschst uns nur, oder?«
    »Nee, ohne Scheiß. Ich hab mit Isy geknutscht. Wir wollten beide mal wissen, wie das ist. Mit einer Frau.«
    »Und? Wie ist es?«, wollte Julia wissen.
    »Anders«, sagte Helena. »Gut, finde ich. Mit Isy war es gut. Aber mit Tom ist es besser.«
    »Na hoffentlich«, sagte Ronja.
    Helena seufzte. »Ich vermisse sie so. Es ist so gemein, dass sie meine Hochzeit verpasst. Meine beste Freundin ist nicht dabei, wenn ich heirate.«
    »Echt schade«, sagte Viola. »Was ist eigentlich mit diesem Josh, in den sie so verliebt war? Sind die beiden noch zusammen? Als wir letztens geskyped haben, hat sie ihn nicht erwähnt und ich wollt auch nicht nachfragen.«
    »Nee, es ist aus«, sagte Helena. »Hat wohl doch nicht so gut funktioniert. Mir hat Isy auch nicht so viel erzählt. Ich glaub, sie will nicht drüber reden.«
    »Hat sie Schluss gemacht?«, fragte Julia.
    »Josh hat sie verlassen«, meinte Helena. »Vielleicht hat sie die Grippe ja deshalb so umgehauen. Weil sie wegen der Trennung so fertig war. Sie fehlt mir so. Ich heirate und Isy ist nicht da. Das ist so verdammt ungerecht.«
    »Dafür sind wir ja hier«, sagte Cara mit belegter Stimme.
    Helenas Miene hellte sich wieder auf. »Das stimmt, Cara. Die coolsten Freundinnen und die beste Schwester der Welt. Cheers!« Sie hob ihr Sektglas.
    »Wie sieht denn dein Brautkleid aus, Helena?«, fragte May. »Lang und weiß oder kurz und scharf?«
    »Weiß natürlich«, sagte Helena. »Aber mehr wird nicht verraten. Nächste Woche erfährst du alles.«
    »Hast du es schon gesehen?«, wandte May sich nun an Cara. »Sag doch mal!«
    »Meine Lippen sind versiegelt«, sagte Cara, die das Kleid zuerst ganz furchtbar gefunden hatte. Ein Sahnebaiser aus weißem Satin und Taft und Rüschen. Eintausendfünfhundert Euro hatte ihr Vater dafür bezahlt – Schleier, Corsage und Schleppe nicht eingerechnet. Aber dann hatte Helena es angezogen, nur für dich, Cara, und hatte so wunderschön darin ausgesehen, dass Cara Tränen in die Augen gestiegen waren.
    »Wenn Evelyn nicht gewesen wäre, dann würde ich wahrscheinlich in einem Lumpen von Karstadt heiraten«, sagte Helena. »Sie ist wochenlang mit mir durch sämtliche Brautmodenläden der Nation gezogen, bis wir endlich das Richtige gefunden haben.«
    »Wer ist denn Evelyn?«, fragte Viola.
    »Die zweite Frau meines Vaters. Meine Mutter ist zu so was nicht zu gebrauchen. Die hat mich in eine
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