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In guten wie in toten Tagen

In guten wie in toten Tagen

Titel: In guten wie in toten Tagen
Autoren: Gina Meyer
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nicht mehr. Sie wusste aber noch, dass sie und Helena auf Helenas Bett gesessen und die Süßigkeiten aus der Schultüte gegessen hatten, bis ihnen schlecht war. Und aus dem Wohnzimmer hörten sie das Geschrei ihrer Eltern.
    Freitags gingen Cara und Vitali nach der Arbeit immer noch in die Kneipe. Cara wusste nicht mehr, wann sie damit angefangen hatte und warum, aber auf einmal war es eine feste Gewohnheit. Sie tranken jeder ein Bier, danach stieg Vitali auf sein Fahrrad und Cara in den Bus.
    Aber mit dieser Tradition war jetzt erst mal Schluss. Cara hatte einfach keine Zeit mehr dafür. »Ich kann heute Abend nicht«, teilte sie Vitali in der Mittagspause mit. Und erzählte ihm dann von Helenas Junggesellinnenabschied und was sie dafür alles vorbereiten, organisieren, planen, besorgen musste.
    »Was? Die Party steigt Ende Mai und deshalb kannst du heute Abend kein Bier mit mir trinken?«, fragte Vitali verständnislos.
    »Ich hab keine Ruhe dazu.«
    »Quatsch. Ich helf dir beim Organisieren.«
    »Das kannst du nicht. Du kennst Helena doch gar nicht.«
    »Du kannst sie mir ja vorstellen.«
    Das hättest du wohl gerne, dachte Cara. Vergiss es, dachte sie, du und Helena, ihr seid zwei Welten, ihr würdet euch nicht verstehen.
    »Heute nicht«, sagte sie. »Nächste Woche wieder.« Oder auch nicht.
    Sie skypte jetzt jeden Abend mit Helena.
    »Vergiss nicht«, mahnte Helena. »Isy ist Vegetarierin, Julia hat eine Laktoseunverträglichkeit und May darf keine Nüsse essen, sonst erstickt sie. Nicht dass es beim Essen böse Überraschungen gibt.«
    »Okay.« Cara notierte die Allergien auf ihrer Liste. »Isy, Viola und May wollen übrigens nach der Party bei uns übernachten.«
    »Aber nicht auf Isomatten auf dem Fußboden«, erwiderte Helena prompt. »Wir sind schließlich keine zwölf mehr.«
    »Ich wollte aufblasbare Gästematratzen besorgen«, sagte Cara. »Und wir brauchen auch noch Bettdecken und ein Kopfkissen fehlt.«
    »Denk bitte auch an das Frühstück am nächsten Morgen. Vielleicht machen wir eher einen Brunch, dann können Julia, Jacky und Ronja auch noch dazukommen.«
    »Gute Idee.« FRÜHSTÜCK schrieb Cara in Großbuchstaben auf ihren Zettel und setzte ein Ausrufezeichen dahinter. Die Liste wurde immer länger.
    »Armes Aschenputtel«, sagte Helena. »Ganz schön viel zu tun, was? Hoffentlich verfluchst du mich nicht schon. Aber tröste dich, ich hab noch viel mehr zu tun. Ich wünschte, Tom wäre nicht so schrecklich unpraktisch. Er ist mir überhaupt keine Hilfe.«
    Denn während Cara nur den Junggesellinnenabschied vorbereitete, musste Helena die ganze Hochzeit organisieren. Mehr als hundert Gäste waren eingeladen, fünfzig weitere kamen zum Sektempfang nach der kirchlichen Trauung. Die Feier sollte in Schloss Haag stattfinden, das hatte ihr Vater so arrangiert, der den Restaurantchef des Hotels persönlich kannte. Er hatte auch den Sekt für den Empfang bestellt und eine Kutsche organisiert, die das Brautpaar von der Kirche zum Schloss bringen sollte. Helena schrieb Einladungskarten, gestaltete Platzkarten und Tischdekorationen, bestellte die Hochzeitstorte und weiße Tauben und verkostete Wein und probierte ein Brautkleid nach dem anderen an. Das Studium lief nebenher. So eine Hochzeit war ein richtiger Fulltime-Job.
    Nach der Arbeit ging Cara jetzt immer einkaufen. Die Küchenschränke füllten sich mit laktosefreien Snacks und vegetarischen Frühlingsrollen und lustigen Hahn- und Henne-Tassen fürs Frühstück am nächsten Morgen. »Sag mal, spinnst du eigentlich?«, fragte ihre Mutter, als Cara wieder mit einem Korb voller Einkäufe ankam. »Der ganze Kram für eine Party?«
    »Es ist doch nicht irgendeine Party«, sagte Cara. »Es geht um Helenas Junggesellinnenabschied. Das ist schließlich der Auftakt zu ihrer Hochzeit!«
    »Na und?« Frau Fliedner beäugte missbilligend das riesige Keramikei, das Cara jetzt aus dem Einkaufskorb zauberte. »Die Hochzeit wird ohnehin schon unglaublich aufwendig – und nun noch eine Riesenparty. Das ist doch total überzogen. Wir sind damals in der Mittagspause zum Standesamt gegangen, das war’s.«
    Cara zuckte mit den Achseln. »Helena macht es eben auf ihre Weise.«
    Besser als ihr, fügte sie in Gedanken hinzu. Die Ehe ihrer Eltern war ein einziges Desaster gewesen, bis sie vor drei Jahren endlich geschieden worden waren. Ihr Vater wohnte jetzt mit seiner neuen Frau und zwei neuen Kindern im neuen Haus am anderen Ende der Stadt. Cara hatte kaum noch
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