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In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen
Autoren: Diane Cooper
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auf den Fußballtribünen und die unzurechnungsfähigen Kriminellen und die königliche Familie - alle mit einem Ziel, um gemeinsam Höherem entgegenzumarschieren. Stiefel sind das Symbol. Es ist sehr lustig, sehr...»
    «Erotisch? Ich hab fast den Eindruck, er ist Fetischist», sagte ich mißtrauisch. Auf so schlichte Dinge wie Alle Macht dem Volk, Gleiches für alle, Was-mein-ist-ist-auch-dein und Brüderlich-teilen fiel Marsha doch nicht mehr rein.
    Sie kicherte. «Na ja, er hat wunderschöne Augen und sehr unbenutzte Hände. Aber sein Vater ist Diplomat und seine Mutter die letzte lebende Romanoff, sagt er. Er hat ein Haus am Wilston Crescent und möchte etwas auf dem Land kaufen. Als Aktionsbasis für die Revolution natürlich.» Wußte Hetty das?
    «Wir müssen uns alle hinter ihn stellen, um die Welt zu verändern.» Es war die alte, die uralte Geschichte, nur in schickeren Stiefeln, nahm ich an.
    «Ich glaube nicht, daß ich gleich eine andere Welt haben möchte. Ich war schon mit ein paar kleinen Verbesserungen zufrieden. Ich mag nun mal ein bißchen schöpferische Unordnung.» Ich blickte mich in der Küche — meiner Welt -um. Der Gemeindeabgabenbescheid lehnte auf dem Büfett lässig an einem Steuervorauszahlungsformular. Durchwursteln, hatte meine Mutter es genannt. Jedenfalls waren damit keine Neurosen verbunden. «Hat er einen Porsche?»
    «Was hat das damit zu tun?» Aber es klang betreten.
    «Also ein ziemlich hoher Level, stimmt’s?»
    «Wie dem auch sei, dieses unglaubliche Wetter hat mir fast den Rest gegeben. An einem Morgen bin ich sogar mit dem Fahrrad im Schnee steckengeblieben.»
    Ich stieß einen kleinen Entzückensschrei aus. «Fahrrad? Du hast ein Fahrrad?»
    Aber sie überhörte es und fuhr fort: «Jetzt ist fast alles getaut, und ich dachte, wir könnten mit dem Rad kommen und eine oder zwei Wochen bleiben.»
    «Sehr gute Idee», hörte ich mich sagen. «Tut das.» Sie würde nicht mal bis Hampstead Heath kommen.
    Es nahm ihr total den Wind aus den Segeln. Zuerst kam gar nichts. Dann, mit enttäuschter Stimme: «Hattet ihr da unten überhaupt Schnee?» Aber ich merkte, daß meine Friedlichkeit ihr einen richtigen Schlag versetzt hatte. War es möglich, daß sie die ganzen Jahre einfach das kleine Geplänkel gebraucht hatte und ich jedesmal darauf reingefallen war?
    «Schnee? Doch, wir hatten auch welchen. Jetzt ist es nur kalt und naß.» Ich war nicht in der richtigen Verfassung, sonst hätte ich gesagt: arktische Temperaturen mit Wolkenbrüchen.
    «Vielleicht warte ich doch besser bis zum Frühling.»
    «Tu das», stimmte ich wieder zu, «aber laß Igor zu Haus.» Ich glaube, wir waren beide traurig, daß unser Telefonat keinen Pep mehr hatte.
    Der Schnauzer sollte in den nächsten Tagen kommen, und Hetty hatte einen Corgi und einen mexikanischen Nackthund in petto, der sich in einem unbewachten Augenblick mit einem Springerspaniel vergnügt hatte. Ich meinte nur: «Fabelhaft! Wir werden ein paar kahle Hürdenläufer für die nächste Olympiade haben», und Hetty erwiderte: «Besser als ein Boxer und ein Pinscher, die würden sicher disqualifiziert.» Sie lachte und lachte, so daß ich folgerte, Igor sei noch nicht abgehakt.
    Später rief Posy an und schlug vor, ich solle auf eine Tasse Kaffee vorbeikommen. Sie gab auch ein paar Neuigkeiten aus dem Dorf zum besten. Posy kannte jeden, weil sie zu den Leuten gehört, die jeder gern kennen möchte. Sie erzählte, daß Hettys Gutsherr aus Italien, Tony-mit-dem-Bugatti, kürzlich heimgefahren sei, da der Schnee seiner Zuversicht einen Stoß versetzt habe, und ob ich wüßte, daß Hettys Mann zurückkomme?
    «Nein. Weiß Hetty es?»
    «Natürlich.» Und da verstand ich, warum Hetty ihren kleinen Scherz so witzig gefunden hatte. Ich war unendlich erleichtert. Erst später fiel mir ein, daß es vielleicht deshalb war, weil Igor ihr bereits mitgeteilt hatte, er werde mit einer Freundin in unsere Gegend kommen - und er verfolgte sicher nur die Absicht, Marsha bei mir abzuladen. Nur ein weiterer Schneesturm konnte eine Situation retten, die so viele tatsächliche Gefahren barg.
    Bei allen anderen geschah wenigstens etwas. Sie veränderten sich, verbesserten ihre Lage, machten sich bereit für schönere Tage. Alle, nur ich nicht. Ich versuchte, nicht vor Selbstmitleid zu schniefen. Ich sah mich in meiner urgemütlichen Küche um und fragte mich, wie lange es noch dauern würde, bis Knickers Sattersthwaite-Pells anfing, alles auseinanderzunehmen.
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