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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad
Autoren: Stephen King
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(eine Spezialität der Dick Perry Siding and Door Company) installiert worden waren, und ein paar der an den Schienen angebrachten Strahler brannten. Sie waren auf eine Reihe von Vitrinen gerichtet, die an den Wänden des großen Raumes standen. Die Vitrinen waren noch ziemlich leer. Die Strahlen ergossen ihr Licht über die wenigen Gegenstände, die in ihnen lagen.
    Der Fußboden, der aus nackten Dielen bestanden hatte, als dies noch Western Maine Realty and Insurance gewesen war, war jetzt mit dickem Teppichboden bedeckt, der die Farbe von Burgunder hatte. Die Wände waren eierschalenweiß gestrichen worden. Ein dünnes Licht, so weiß wie die Wände, sickerte durch das zugekalkte Schaufenster herein.
    Es ist trotzdem ein Irrtum, dachte Brian. Er hat noch nicht einmal seine Ware bekommen. Wer immer das GEÖFFNET-Schild irrtümlich an die Tür gehängt hat, hat auch irrtümlich die Tür unverschlossen gelassen. Unter diesen Umständen gebot es die Höflichkeit, die Tür wieder zuzumachen, aufs Fahrrad zu steigen und davonzufahren.
    Dennoch widerstrebte es ihm, sofort wieder zu verschwinden. Schließlich sah er jetzt das Innere des neuen Ladens. Seine Mutter würde den ganzen Rest des Nachmittags mit ihm reden, wenn sie das erfuhr. Das Verrückte daran war: er wußte nicht so recht, was er sah. Da war ein halbes Dutzend
    (Ausstellungsstücke)
    Gegenstände in den Vitrinen, und die Strahler waren auf sie gerichtet – eine Art Generalprobe vermutlich -, aber er vermochte nicht zu sagen, was für Gegenstände es waren. Was sie nicht waren, wußte er dagegen genau – es waren keine gedrechselten Betten und keine schimmligen Kurbeltelefone.
    »Hallo?« rief er unsicher, nach wie vor an der Tür stehend. »Ist jemand da?«
    Er war im Begriff, den Türknauf zu ergreifen, und die Tür wieder zuzuziehen, als eine Stimme erwiderte: »Ich bin da.«
    Eine hochgewachsene Gestalt – eine Gestalt, die auf den ersten Blick unvorstellbar hochgewachsen zu sein schien – kam durch eine Türöffnung hinter einer der Vitrinen. Vor der Türöffnung hing ein dunkler Samtvorhang. Brian durchzuckte ein kurzer und ziemlich heftiger Angstkrampf. Doch dann fiel das Licht von einem der Strahler auf das Gesicht des Mannes, und Brians Angst legte sich. Der Mann war ziemlich alt, und sein Gesicht war sehr gütig. Er musterte Brian interessiert und erfreut.
    »Die Tür war nicht abgeschlossen«, setzte Brian an, »und da dachte ich...«
    » Natürlich ist sie nicht abgeschlossen«, sagte der hochgewachsene Mann. »Ich fand, ich könnte den Laden schon heute nachmittag für eine kurze Weile öffnen – für eine Art Vorbesichtigung. Und du bist mein allererster Kunde. Komm herein, mein Freund. Tritt ein und laß etwas von dem Glück zurück, das zu mitbringst!«
    Er lächelte und streckte die Hand aus. Das Lächeln war ansteckend. Brian fühlte sich sofort zu dem Besitzer von Needful Things hingezogen. Er mußte über die Schwelle treten und in den Laden hinein, um die Hand des hochgewachsenen Mannes zu ergreifen, und er tat es ohne eine Spur von Bedenken. Die Tür schwang hinter ihm zu und verriegelte sich von selbst. Brian bemerkte es nicht. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, zu registrieren, daß die Augen des Mannes tiefblau waren – sie hatten genau dieselbe Farbe wie die Augen von Miss Sally Ratcliffe. Sie hätten Vater und Tochter sein können.
    Der Griff des hochgewachsenen Mannes war sicher und kraftvoll, aber nicht schmerzhaft. Dennoch war er irgendwie unangenehm. Irgendwie – glatt. Auf irgendeine Art zu hart.
    »Ich freue mich, Sie kennenzulernen«, sagte Brian.
    Diese tiefblauen Augen richteten sich auf sein Gesicht wie abgeschirmte Eisenbahnlaternen.
    »Auch ich freue mich, deine Bekanntschaft zu machen«, sagte der hochgewachsene Mann, und so kam es, daß Brian Rusk den Besitzer von Needful Things früher kennenlernte als alle anderen Einwohner von Castle Rock.

4
     
    »Mein Name ist Leland Gaunt«, sagte der hochgewachsene Mann. »Und du bist...«
    »Brian. Brian Rusk.«
    »Sehr schön, Mr. Rusk. Und da du meiner erster Kunde bist, werde ich dir auf jeden Gegenstand, der dich interessiert, einen ganz speziellen Preis einräumen.«
    »Danke«, sagte Brian, »aber ich glaube nicht, daß ich in einem Laden wie diesem irgend etwas kaufen kann. Ich bekomme mein Taschengeld erst am Freitag, und...« Er warf wieder einen zweifelnden Blick auf die Vitrinen. »Und es sieht nicht so aus, als hätten Sie schon Ihre ganze Ware
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