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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land
Autoren: Minouche Moser
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Asien hatten wir in den zwei Wochen noch nicht gesammelt, uns bislang vom Hotelpersonal das Alltägliche besorgen lassen und uns in Urlaubsstimmung ein Zuhause angewöhnt, welches ausschließlich touristische Qualitäten aufwies.
    Im Urlaub entwickelt sich bekanntlich nur ein überschaubares Gespür für die Realität unter der Oberfläche und wir verwandelten uns in fünf waschechte Inselgreenhörner auf der Suche nach einer Bleibe.
    „Ich werde dann mal meinen Kollegen Peter fragen“, kündigte Andreas eines schwülen Nachmittags an, nachdem wir uns unter einem Sonnenschirm träge gekocht hatten und die Kinder im Hotelpool Ertrinken übten. „Der wohnt in einem Compound und meinte kürzlich, dort wäre noch ein für uns passendes Haus frei.“
    „Ein Compound“, nuschelte ich hinter einem unterdrückten Gähnen, „was ist denn das?“
    „Eine international bewohnte Häuseransammlung, die von einer zwei Meter hohen Mauer umschlossen ist.“
    Ich stellte mir die laufenden Meter Mauer vor, die uns vom sri-lankischen Leben abschnitten und den Stempel des nicht anpassungswilligen Fremden aufdrückten.
    „Das geht ganz und gar nicht!“, erwachte ich aus meiner Lethargie. „Ich werde doch nicht isoliert von den Einheimischen jahrelang die nicht anpassungswillige Fremde mimen! Ich“, so tönte ich laut und deutlich, würde in Zukunft noch einige Male an mein Getöse zurückdenken, „passe mich an und plane mein Dasein im gemeinsamen Alltag mit den Sri-Lankern.“
    „Wenn du meinst“, sagte der Mann, sprang unvermittelt zu den Kindern in den Pool und spielte dort eine Stunde lang blinde Kuh mit ihnen.
    Spielte und führte mir meine eigene Blindheit vor, die mir demnächst ins Gesicht schlagen würde. In Sri Lanka kommt nämlich nicht nur alles ganz anders, als man es geplant hat, sondern sogar anders, als man es sich je hätte träumen lassen!
    Am Sonntag begaben wir uns auf Häuserschau. Wir fuhren von der Hauptstraße ab und hinein in eine staubige Nebenstraße, parkten unser Mietauto unter einem blühenden Mangobaum direkt an der Kirche, wo ich fortan hautnah mit den Sri-Lankern wohnen wollte.
    „Sehr katholisch“, brüllte Andreas mich beim Aussteigen an, wollte die Lautsprecher übertönen, über die ein Priester voluminös katholische Reden schwang.
    „Ja“, musste ich zugeben, „sehr katholisch!“
    Katholisches verfolgte mich durch den Haupteingang, wo ich fast in einen Fischteich gestolpert wäre, für den im Wohnzimmer ein Becken eingelassen worden war. Stimmungsvoll plätscherte ein elektrischer Springbrunnen in den überdachten Teich, während Fische ihre Kreise zogen. Interessiert und gleichzeitig irritiert blieb ich darin stehen.
    „Das Sprudeln wirkt Temperatur ausgleichend und die Fische sollen sich von den jahrein, jahraus abgelegten Moskitolarven ernähren“, wusste Andreas.
    „Praktisch, nicht?“
    Ich wandte mich dem Makler zu, der uns weiter durch das Haus führen wollte. Mit der himmlischen Botschaft im Genick folgten wir ihm und wehten durch einen fensterlosen, hohen Raum, in dem als Möbelstück ein geblümtes Sofa sein Dasein fristete, direkt auf eine sich ins Obergeschoss windende Holztreppe zu.
    „Der Raum ist gemütlich wie eine Bahnhofshalle“, dachte ich bedrückt und folgte meiner Familie im Gänsemarsch treppauf, hörte den Makler die Musterung des Sofaüberzugs mit „liebevoll möbliert“ loben. Ich sah mich bereits Stoffe einkaufen und über lila und orange Geblümtes werfen, erreichte, ganz in die Dekoration vertieft, eine ausschweifende Galerie, über die ich meine Blicke ausführlich schweifen ließ. Wuchtige Holzbalken und quer darüber laufende Holzverstrebungen bewahrten das lose bedeckte Ziegeldach vor dem Absturz. Mit den geweißelten Wänden hinter dunkel eingelassenen Balken wirkte dieser Raum nach dem unterkühlten Empfang im Untergeschoss warm und gemütlich. Ich ließ mich zur Probe auf einen der beiden Rattansessel nieder, aus dem ich nur mit viel Überwindung wieder aufsteigen konnte. Ich trat zum Fenster und blickte über ein blechbedecktes Dach auf den Kirchenvorplatz, auf welchem mindestens hundert Menschen versammelt standen und sich dort unten an ihrem Glauben festhielten. Ihr Vertrauen in Gott stand in der Aufmerksamkeit geschrieben, mit welcher sie den sich überschlagenden Reden des Priesters folgten, andächtig ein Kreuz schlugen und „Amen“ murmelten. In diesem Moment beneidete ich sie ehrlich um ihre Gottesfürchtigkeit, die mir in
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