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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land
Autoren: Ernest Hemingway
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einem einfachen, viereckig geschnittenen Nachthemd, das aussah, als ob es aus grober Baumwolle gemacht war. Sie lächelte mir zu.
    «Ich habe jetzt die richtigen Wehen», sagte sie. Die Frau hielt ihr Handgelenk und stellte die Häufigkeit der Wehen nach der Uhr fest.
    «Das war eine große», sagte Catherine. Ich sah es ihrem Gesicht an.
    «Wo ist der Doktor?» fragte ich die Frau.
    «Er hat sich hingelegt und schläft. Er kommt, sobald es notwendig ist.»
    «Ich muß jetzt etwas für Madame machen», sagte die Schwester. «Würden Sie bitte noch einmal hinausgehen?»
    Ich ging auf den Gang hinaus. Es war ein kahler Gang mit zwei Fenstern, und den ganzen Korridor entlang waren verschlossene Türen. Es roch nach Klinik. Ich saß auf einem Stuhl und sah auf die Erde und betete für Catherine.
    «Sie können hereinkommen», sagte die Schwester.
    Ich ging hinein.
    «Nun, Liebling», sagte Catherine.
    «Wie ist es?»
    «Sie kommen jetzt ziemlich häufig.» Ihr Gesicht verzog sich. Dann lächelte sie.
    «Das war eine richtige. Wollen Sie bitte Ihre Hand gegen meinen Rücken halten, Schwester?»
    «Wenn es Ihnen hilft», sagte die Schwester.
    «Geh raus, Liebling», sagte Catherine. «Geh raus und iß etwas. Die Schwester sagt, daß es noch lange so gehen kann.»
    «Die erste Entbindung zieht sich meistens in die Länge», sagte die Schwester.
    «Bitte geh und iß etwas», sagte Catherine. «Es geht mir wirklich glänzend.»
    «Ich bleibe noch ein bißchen», sagte ich.
    Die Wehen kamen ganz regelmäßig, dann nahmen sie ab. Catherine war sehr aufgeregt. Wenn die Wehen heftig waren, nannte sie sie gut. Als sie anfingen abzuflauen war sie enttäuscht und schämte sich.
    «Bitte, geh hinaus, Liebling», sagte sie. «Ich glaube, du machst mich nur befangen.» Ihr Gesicht zog sich zusammen. «So, die war besser. Ich möchte so gern eine tapfere Frau sein und dies Kind ohne Gehabe bekommen. Bitte geh und frühstücke, Liebling, und komm dann wieder. Ich werde dich nicht vermissen, die Schwester ist großartig zu mir.»
    «Sie haben reichlich Zeit zum Frühstücken», sagte die Schwester.
    «Also dann geh ich. Auf Wiedersehen, meine Süße.»
    «Auf Wiedersehen», sagte Catherine, «und iß ein gutes Frühstück für mich mit.»
    «Wo kann ich frühstücken?» fragte ich die Schwester.
    «Die Straße hinunter am Platz ist ein Café», sagte sie. «Es wird wohl auf sein.»
    Draußen wurde es hell. Ich ging die leere Straße hinunter zum Café. Im Fenster war Licht. Ich ging hinein und stand an der verzinkten Theke, und ein alter Mann servierte mir ein Glas Weißwein und eine Brioche. Die Brioche war von gestern. Ich tauchte sie in den Wein und trank dann ein Glas Kaffee.
    «Was machen Sie denn hier um diese Zeit?» fragte der alte Mann.
    «Meine Frau ist zur Entbindung im Krankenhaus.»
    «So. Na, da wünsche ich alles Gute.»
    «Geben Sie mir noch ein Glas Wein.»
    Er schenkte es aus der Flasche ein, verschüttete etwas, so daß etwas auf die Theke lief. Ich trank das Glas aus, bezahlte und ging auf die Straße. Draußen, die Straße entlang, warteten die Müllkästen der Häuser auf die Müllabfuhr. Ein Hund schnüffelte an einem der Kästen.
    «Was willst du denn?» fragte ich und sah in den Kasten, um zu sehen, ob es was gäbe, was ich für ihn herausfischen könnte; aber obenauf war nichts als Kaffeesatz, Staub und verwelkte Blumen. «Da ist nichts, Hund», sagte ich. Der Hund ging über die Straße. Ich ging die Treppen in der Klinik hinauf bis zu der Etage, auf der Catherine lag, und den Gang entlang bis zu ihrem Zimmer. Ich klopfte an die Tür. Niemand antwortete. Ich öffnete die Tür; das Zimmer war leer bis auf Catherines Handtasche auf dem Stuhl und ihren Schlafrock, der an einem Haken an der Wand hing. Ich ging hinaus und auf den Gang und suchte nach jemanden. Ich fand eine Schwester.
    «Wo ist Madame Henry?»
    «Eine Dame ist gerade eben in den Kreißsaal gebracht worden.»
    «Wo ist das?»
    «Ich werde es Ihnen zeigen.»
    Sie führte mich bis zum Ende des Ganges. Die Tür des Zimmers war halb offen. Ich konnte Catherine auf einem Tisch, von einem Laken bedeckt, liegen sehen. Die Schwester war auf der einen Seite und der Doktor stand auf der anderen Seite des Tischs neben einigen Apparaten. Der Doktor hielt eine Gummimaske, die mit einem Schlauch verbunden war, in der Hand.
    «Ich gebe Ihnen einen Mantel und dann können Sie hereinkommen», sagte die Schwester. «Kommen Sie bitte hier herein.»
    Sie zog mir einen
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