Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller
Autoren: Denise Mina
Vom Netzwerk:
dort, wo sie die beste Sicht auf die eckigen grünen Bildschirme hatten.
    Die Kameras auf der Autobahn waren sehr hoch oben angebracht und die Perspektive angeschrägt, eine von vier grauen Spuren, Leitplanken in der Mitte. Es war ein langer Abschnitt einer geraden Straße, die Nummernschilder der Fahrzeuge waren gut zu lesen, und die Kamera hing in einem Winkel, in dem sich die Gesichter der Fahrer deutlich erkennen ließen und sie von den Laternen hell erleuchtet wurden. Sie würden jederzeit einzelne Bilder heraussuchen und ausdrucken können. Großartig vor Gericht.
    Es war eine Hauptverkehrsader, eine um diese Tageszeit stark befahrene Straße. Der stete Fluss der Autos, Transporter und Lkw strömte der Kamera entgegen, rauschte darunter hindurch. Auf den Vordersitzen sah man Quassler, Schweiger, Sänger, Nasenbohrer und Menschen, die von der Eintönigkeit der Straße wie hypnotisiert wirkten. Ein weiterer Bildschirm zeigte die Standspur mit einer Notrufsäule im Hintergrund. Am Bildrand züngelten die Scheinwerfer vorbeifahrender Wagen. Sie hatten außerdem zwei weitere Bildschirme, beide auf Kreuzungen ausgerichtet, falls die Entführer bis dorthin kommen sollten, ohne aufgehalten zu werden.
    »Sind alle da, wo sie sein sollen?«, fragte MacKechnie, der eigentlich gar nicht wusste, wo wer sein sollte.
    »Alles klar, Sir«, erklärte Morrow.
    MacKechnie war hochzufrieden mit ihr, was allerdings nur wieder zeigte, wie wenig er vorher von ihr gehalten
hatte. Sie spürte, dass er bereits an die Lorbeeren dachte, die Sie sich mit der Aktion gemeinsam verdienen würden. Ihr war seine Ehrerbietigkeit nicht geheuer. Morrow war in der Gosse geboren und fühlte sich nur wohl, wenn sie Außenseiterin war.
    Zehn Minuten saßen sie angespannt und schweigend dort, beobachteten die grauen Umrisse, die sich vor ihnen bewegten, blickten von einem Bildschirm zum anderen. Sie hatte Funkstille befohlen; wenn die Entführer auch nur ansatzweise professionell arbeiteten, würden sie den Polizeifunk abhören. Sie rief Harris auf seinem Handy an. Er war auf seiner Position und nichts war passiert.
    »Okay«, sagte sie. »Halt dich bereit.«
    Die Bank war klein, und es gab kaum Bewegungsspielraum. MacKechnies Blick traf zufällig ihren, und es kam ihr vor, wie der Auftakt zu einem verlegenen Kuss. Morrow sah auf die Uhr - sie waren fast schon zehn Minuten zu spät dran.
    »Da!«, sagte sie und deutete auf den Bildschirm mit den vier Spuren.
    Sie entdeckten Sadiqa, die ihnen langsam entgegenschlingerte und sahen, wie ein anderer Fahrer die Spur wechselte, um ihr auszuweichen. Auf dem zweiten Monitor fuhr ein Lkw vorbei und jagte ihr solche Angst ein, dass sie noch mehr abbremste. Sadiqa, die es nicht gewohnt war, auf der Autobahn zu fahren, hielt sich auf der äußersten Spur, fiel auf, weil sie am unteren Tempolimit fuhr und bei jedem Blick in den Rückspiegel ein kleines bisschen nach rechts ausscherte. Als sie, am Übergabepunkt angekommen, links ranfuhr, verschwand sie für einen Moment aus dem Kameraausschnitt.

    Auf einem anderen Monitor war in körnigem Schwarz-Weiß zu sehen, wie die Rücklichter aufleuchteten, als Sadiqa zurücksetzte. MacKechnie stieß einen Fluch aus, als sie die Notrufsäule nur um Zentimeter verfehlte.
    Sadiqa hielt an, zog die Handbremse so fest, dass es aussah, als würde der Wagen einmal tief Luft holen. Die Tür ging auf, und sie stieg aus. Theatralisch blieb sie an der offenen Wagentür stehen und betrachtete die vorbeifahrenden Autos, dann watschelte sie zum Kofferraum, öffnete ihn und zog eine schwarze Reisetasche heraus. Sadiqa ließ sie schwer auf die Straße fallen, versuchte sie noch einmal anzuheben, schien aber zu schwach. Sie bückte sich, schob ihre kurzen Beine unelegant beiseite, nahm einen der Griffe und zog sie hinter sich her zur Notrufsäule. Sie richtete sich auf und betrachtete sie. Sie schien mit der Tasche zu sprechen. Sie wandte sich um und drehte sich zum Wagen, öffnete die Tür, stieg ein und zog die Tür zu. Dann ließ sie den Motor an.
    »Jetzt fährt sie wieder auf die Autobahn, ich kann gar nicht hinsehen«, sagte MacKechnie vor sich hin.
    Nachdem sie den Wagen ein paarmal abgewürgt hatte, schaffte sie es endlich wieder auf die Fahrbahn und erschien auf einem anderen Bildschirm weiter hinten auf der Straße. Aber sie beobachteten Sadiqa jetzt nicht mehr. Sie beobachteten die Tasche.
    Autoscheinwerfer glitten darüber, die Fahrer der dazugehörigen Wagen hatten keine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher