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In der Mitte des Lebens

Titel: In der Mitte des Lebens
Autoren: Margot Käßmann
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Meer. Einklang mit der Natur. Harmonie mit einem Menschen.
    Warum nur müssen wir alles normieren, angleichen, anpassen, gleichmachen, klonen, damit es einem Ideal entspricht, das sich ja doch immer wieder verändert? Schönheit ist Individualität. Schönheit strahlt aus dem Mann, der eine wunderbare Erfahrung gemacht hat. Schönheit leuchtet aus der Frau, die Liebe gespürt hat und Liebe geben konnte.
    In der Bibel sehe ich solche Schönheit, wenn Menschen angesehen werden durch Jesus, mit den Augen der Liebe, und so »angesehene Menschen« werden. Schönheit ist wunderschön! Ich wünschte, wir hätten die Freiheit, sie im Alltag mehr zu entdeckenDann wären wir wohl auch wieder offen für das Wunder des Lebens, das jeden Tag neu geschenkt wird.
    Vielleicht können die Mitte des Lebens und die Veränderungen unseres Körpers schlicht unseren Blick weiten. Der Druck nimmt ab, ich muss nicht »gefallen«, es geht darum, wer ich bin. Wenn Jugend und Anpassung an eine Norm hinter uns liegen, können wir Schönheit in neuen Kategorien wahrnehmen, weniger oberflächlich, und das erlebe ich als Bereicherung. Ich kann mich freuen an der Schönheit der Jungen, und ich kann mit den Augen der Liebe eine ganz andere, weniger offensichtliche Schönheit entdecken. Vielleicht können wir auch neu lernen, anderen zu sagen, was wir an ihnen schön finden. Wie gut tut es, wenn jemand dir sagt: »Deine Beine sind einfach super«. »Du hast die grünsten Augen, die ich kenne«, oder »Ich mag deine Lachfalten«. Richtig gefreut habe ich mich neulich, als eine Freundin sagte: »Jetzt wirst du richtig grau, sieht aber toll aus, das steht dir!« Na also …
    Schließlich ist mir vom Glauben her wichtig, dass wir nicht unsere eigenen »Schönfinder« sein müssen; Fulbert Steffensky verwendet diesen Begriff: »Im
     Gebet sind wir am meisten die, die wir sein sollen; die, die nicht auf sich selbst bestehen, die sich aussagen in den Grund der Welt. … Wir erkennen
     unsere eigene Schönheit und Würde im Blick Gottes. … Das Gebet ist der höchste Ort der Passivität; des Verzichts darauf, sein eigener Liebhaber und
     Schönfinder zu sein.« 21 Wir müssen nicht unsere eigenen Schönfinder sein, weil Gott uns schön findet. Und
     gerade deshalb können wir uns annehmen, wie wir sind und nicht ständig an uns selbst herummäkeln. Ich bin selbst nicht frei davon, überheblich soll das
     nicht klingen. Aber es gibt Freiheit, zu sagen: Wie ich bin, hat Gott mich geschaffen.
    Am Ende denke ich, die Liebe ist entscheidend. Die Liebe Gottes zuallererst, auf die ich mich verlassen kann, eine Lebenshaltung, die darauf vertraut:
     Ich kann nie tiefer fallen als in Gottes Hand. Und das gilt im Leben wie im Sterben. Aber es geht auch um die Liebe von Menschen, die mich hält und trägt
     in guten undin schweren Zeiten. Das wusste schon der Apostel Paulus, wenn er unnachahmlich eine Art biblisches Liebeslied formuliert im
     ersten Korintherbrief: »Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie
verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die
Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. … Nun aber bleiben
Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen« (1. Kor. 13) . Für mich ist das auch eine Standortbestimmung in
     Zeiten, in denen die Ökonomisierung aller Lebensbereiche überhandzunehmen scheint. Das Wichtigste im Leben ist eben nicht käuflich: Liebe, Freundschaft,
     Vertrauen, Glaube. Das Wichtigste und Größte gewinnst du nicht, wenn Du versuchst, zu raffen und festzuhalten, sondern gerade, indem du selbst freigiebig
     bist, indem du liebst, indem du Vertrauen schenkst. Und du wirst Liebe erleben und Vertrauen erfahren, weil es einen Segenskreislauf des Gebens und
     Nehmens dieser Grundgefühle des Lebens gibt.
Kräfte entdecken
    Sag nicht: Ich bin noch so jung. Nein, wohin immer ich dich sende,
    dahin wirst du gehen, und was immer ich dir auftrage,
    das wirst du reden. Fürchte dich nicht vor ihnen;
    denn ich bin mit dir, um dich zu retten – Spruch des Herrn. 22
    Es gibt ja diese Zeit, da meinen wir, zu jung zu sein für eine Aufgabe, eine Verantwortung, da würden wir uns ganz gern drücken wie
     der Prophet Jeremia, der diesen Satz
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