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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition)
Autoren: Erwin Rosen
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stärker, weit potenzierter wurden diese Einflüsse in Indochina, im französischen Tonkin, auf dessen Militärposten ja ständig ein Bataillon Fremdenlegionäre verteilt ist. Unter den weibischen Eingeborenen dort, den Annamiten, grassiert die Päderastie.
    Alte Legionäre, Leute wie Guttinger, erzählten mir haarsträubende Dinge aus dem Legionsleben im Tonkin. Die Militärstationen im Innern sind winzig klein, und wenige Legionäre halten eine enorme Zahl von Eingeborenen im Zaum. In den Händen der jüngsten Offiziere, der Unteroffiziere, der Korporale liegt auf den entlegenen Posten die zivile Gerichtsbarkeit, die Macht über Leben und Tod. Die Mannschaften leben in steter Gefahr, in einem mörderischen Klima, unter unsäglichen Strapazen, zu denen sich die unvermeidliche Langeweile gesellt. Der eine sieht im chinesischen Schnaps ein Zerstreuungsmittel, der andere hält sich an Opium. Die Tatsache, daß unter französischen Kolonial- und Marineoffizieren das Opiumrauchen eine bedenkliche Rolle spielt, ist schon häufig ventiliert worden – daß in Toulon und Marseille zahlreiche Opiumspelunken sich von Offizierskundschaft nähren, weiß jeder alte Legionär. Anläßlich der Affäre des Schiffsfähnrichs Ullmo wurden diese Opiumspelunken in der französischen Presse einer gründlichen Besprechung unterzogen.
    Die Gewohnheit des Opiumrauchens ist fast in allen Fällen in Indochina erworben worden! Schnaps, Opium, Einsamkeit bilden dort den Boden, auf dem das Legionslaster gedeiht. Es greift sogar auf die Offiziere über, wenn auch nur in Einzelfällen. Das Resultat ist der Schrecken.
    In den Mannschaftszimmern der Legion werden fürchterliche Dinge darüber erzählt. Am berüchtigsten waren seinerzeit die Garnisonen Sui-can und Bac-le. Ein Oberstleutnant Duchesne, der später in einem Gefecht erschossen wurde, wahrscheinlich von seinen eigenen Leuten, denn die Kugeln trafen ihn in den Rücken, hat seinen Namen auf traurige Weise in der Legion unsterblich gemacht. Ueber seine Grausamkeit wird immer wieder, viele Jahre nach seinem Tod, erzählt. Er betrachtete seine Legionäre nur von dem Standpunkt aus, ob sie für seine Lasterzwecke geeignet waren. Wer sich nicht fügte, flog ins Strafbataillon. Und die Strafbataillone in Tonkin sind zehnmal schlimmer wie diejenigen in Algerien.
    Aus den Willigen aber wurden Unteroffiziere ...
    Aehnliche Zustände sollen da und dort heute noch in Indochina existieren. Ich kann nur darauf hinweisen, daß die Legionsfama von solchen Historien wimmelt, daß höchst ungeniert Namen von adjudants und sous-officiers genannt werden, die ihre Beförderung der Lastervorliebe eines Offiziers verdanken sollen. Es mag viel boshafter Legionsklatsch in diesen Geschichten stecken, aber sie sind so häufig, so detailliert, daß man zu der Ueberzeugung kommen muß, etwas mindestens sei wahr daran.
    Zu den äußeren Einflüssen kommt für das Legionslaster ein weiterer Grund: die Frauenlosigkeit, das unfreiwillige Zölibat, dem der Legionär unterworfen ist, und dieses Zölibat wieder hat als letzte und schwerwiegendste Ursache einen finanziellen Begriff: fünf Centimes Löhnung im Tag!
    ... Man kommt doch immer wieder zum Geld zurück!
    *
    So sah ich einer bunten Versammlung von menschlichen Sünden zu. An ihrer Spitze marschiert die Trunksucht. Sie verdient die erste Stelle als jenes Laster des Fremdenregiments, das am häufigsten ist, am meisten charakteristisch, dem am leichtesten gefrönt werden kann in einem Lande, in dem der Preis eines Liters schweren Rotweines zwischen zehn und zwanzig Centimes variiert.
»Es ist ein Brauch von Alters her,
Wer Sorgen hat, hat auch Likör.«
    Oder algerischen Rotwein ... oder in Indochina einen berüchtigten Schnaps, aus Reis gegoren, glaub' ich, der den schönen Namen »Schum-Schum« führt und den großen Vorteil eines ungemein hohen Alkoholgehaltes hat, dagegen auch den kleinen Nachteil eines niederträchtigen, infernalischen Geruches, der für europäische Nasen unerträglich ist. Der Legionär trinkt ihn aber doch. Nur hält er sich beim Trinken vorsichtig die Nase zu, da er auf den schlechten Geruch weit weniger Wert legt als auf den hohen Alkoholgehalt. Ich hörte häufig, wie alte Legionäre von »Schum-Schum« schwärmten. An das Riechen gewöhne man sich, sagten sie. Dafür mache er sehr betrunken – außerordentlich betrunken!
    Die lustigen Verse des Altvaters Wilhelm Busch mit ihrer traurigen Weisheit könnten der Legion auf den Leib
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