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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition)
Autoren: Erwin Rosen
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Müller mein Name. Aber ick bin jezwungen, Rücksichten zu nehmen auf die hochjeborene Verwandtschaft ...«
    »Rücksichten! Vasteht sich!!« wiederholte er, in schallendes Gelächter ausbrechend.
    Dann sah er sich prüfend um, nahm ein langes Messer vom Tisch, stellte sich in Positur, machte den Mund auf und schob in aller Seelenruhe das Messer hinein, bis man kaum noch den Griff sah. Er zog das Messer heraus, steckte es in den rechten Rockärmel und brachte es grinsend aus dem linken Hosenbein wieder zum Vorschein.
    »Ick bin Artist.« sagte leutselig Herr Rader, respektive von Rader, respektive Müller, »'n juter! Aberst diese Affenjesellschaft von Franzosen hat keen richtijes Verständnis nich' for die Kunst ... Junge, Junge, seit ick damals über die Grenze jeloffen bin und dem deutschen Schandarm hinübergerufen hab', er wär 'n Hornochse, hab' ick jeden Tag rejelmäßig bedeutend wenijer zu fressen jekriegt als for meine Konstitution jut jewesen is. So is der Herr von Rader auf den Hund gekommen, wollt' sagen auf die Fremdenlegion. Schad' nischt. Wenn sie mir nich' sehr höflich und zuvorkommend behandeln, dann empfehl ick mir wieder. Durch die Lappen – aus dem Sinn! Siehst du wohl??«
    Herr von Rader kramte geheimnisvoll in seinen Taschen, drehte sich herum, um irgendwelche Vorbereitungen künstlerisch zu maskieren, wandte sich uns wieder zu und – aus dem verzerrten Maul seines grinsenden Satyrkopfes sprang ein gewaltiger Feuerstrahl. Der kleine Schuster (er mochte wenig über zwanzig Jahre sein) saß mit weitaufgerissenen Augen erschrocken da.
    »Jroßartig, nich?« sagte Herr von Rader gelassen. »Ick hab' so 'ne Ahnung, als ob ick mir vons französische Afrika jelegentlich ins innerliche Afrika verflüchtijen werde und 'ne jediegene und jeachtete Stellung als Medizinmann und Zauberer bei einem Negerhäuptling akzeptiere. Ick fürchte nur for die Trinkverhältnisse. Palmschnaps, nich? Junge, Junge, wenn sie Kümmel hätten da unten! – – Sag' mal (er wandte sich an mich), du feinjekleidetes Bruderherz, wat sagst du eijentlich zum französischen Absinth?«
    Ich brummte irgend etwas.
    »Labberig ist er!« stöhnte Kerr von Rader betrübt. »Janz labberig ...«
    Wenn der komische Kauz gewußt hätte, daß er mit seinen Schnurren und seinem Gerede mir getreulich half, einen unsäglich schweren Anfang zu überwinden, so würde er sich baß gewundert haben.
    Ein großes Erzählen hub an. Von Artistenhunger und Artistenelend und von den tausend kleinen Kniffen und Gaunereien, mit denen sich der immer hungrige und immer durstige Herr von Rader durch ein Landstraßenleben hindurchgeschwindelt hatte. Von »Weibsen« und vom Schnaps und vom Hunger. Besonders viel vom Hunger.
    Der Rekrut Schuster erzählte. Seine Geschichte war einfach. Vor wenigen Wochen hatte er noch die Uniform eines in Köln liegenden Infanterieregiments getragen. Er war Rekrut. Ging eines Sonntags mit anderen Rekruten ins Wirtshaus und betrank sich. Als die Wirtshauspatrouille kam, und der führende Unteroffizier grob wurde, stieß er ihn vor die Brust, rannte ein paar Soldaten der Patrouille um, riß sich los und lief davon. In irgend einem Winkel schlief er seinen Rausch aus. Dann kam die Furcht vor Strafe. Ein Trödler gab ihm schlechte Zivilkleider für seine Sonntagsuniform. Dann trieb er sich auf der Landstraße herum, kam zur Grenze, und Handwerksburschen zeigten ihm, wie man sich in einer dunklen Nacht über die Grenze stiehlt. Der Hunger kam im fremden Land und –
    »Wir haben immer über die Legion gesprochen. Die anderen Deutschen, mit denen ich auf der Landstraß' gered't hab', haben auch alle in d' Legion wollen. Ich hätt' auch nie wieder nach Haus können. Mein Vater hätt' mich totgeschlagen.«
    »Das hätt' er nich' jetan!« meinte Herr von Rader weise. »Du bist 'n dummes Luder jewesen, mein Sohn. Kalbsbraten hättest du jekriegt. Steht schon in der Bibel. Ja-woll!«
    Die Tür wurde aufgerissen, und ein Sergeant kam herein.
    »Ist der Legionär Carlé hier?«
    Ich meldete mich.
    »Der Herr Oberstleutnant wünscht, mit Ihnen zu sprechen. Kommen Sie mit auf den Kasernenhof.«
    »... Bitte, setzen Sie den Hut auf.« sagte der Oberstleutnant. Er sprach Deutsch ohne den leisesten fremdartigen Akzent. »Nein, Sie brauchen nicht stramm zu stehen. Ich habe von Ihnen gehört und möchte Ihnen ein paar Worte sagen. Ich habe in der Fremdenlegion als gemeiner Soldat gedient. Seien Sie überzeugt, es ist keine Schande, in einem
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