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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition)
Autoren: Erwin Rosen
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Entbehrung und allerlei Sünden harte Linien gegraben, und wenn er sich eine Zigarette drehte, zitterten seine Hände ein wenig. Sein Haar war völlig ergraut. Im französischen Indo-China hatte er gegen chinesische Räuberbanden gekämpft; in Madagaskar sich die Tapferkeitsmedaille, einen schweren Anfall von Sumpffieber und einen Schuß in die Schulter geholt; in Algerien gab es fast keine Militärstation an der marokkanischen oder an der Saharagrenze, zu deren Besatzung er nicht zu irgend einer Zeit gehört hatte. Er fluchte geläufig in Deutsch, Französisch und Arabisch und beherrschte sogar die notwendigsten chinesischen Schimpfworte. Er besaß eine Menge zweifelhafter arabischer Freunde, konnte ganze Suren des Korans auswendig und wußte sehr viele wichtige Dinge über Marokko. Aber davon erzähle ich später.
    Als mir der Korporal den Platz neben seinem Bett anwies, hatte Guttinger etwas über »verdammte Blaue« gemurmelt und über die falsche Taktik des neuen Colonels, die Rekruten gleich in die Kompagnien zu stecken, statt sie wie früher alle zusammen in einer Depotkompagnie zu »so was wie 'm Soldate'« heranzubilden. Dann warf er sich langgestreckt auf sein Bett und inspizierte mich gründlich.
    »Dei' Schultern sin' irgendwo scho' in d' Façon 'bracht worden,« sagte er als Resultat seiner Beobachtung. »Hast gedient?«
    »Ja.«
    »Wo denn?«
    »In Deutschland,« sagte ich lächelnd.
    »Das kann i' mer denke. Hm – was bist denn?«
    »Legionsrekrut.«
    »Des heißt auf Deutsch: Frag' net so dumm. Aber hast recht. Ich halt auch gern 's Maul.«
    Damit drehte er sich auf die andere Seite herum. Nach einiger Zeit richtete er sich auf, setzte sich rittlings auf das schmale Bett und sah mir zu, wie ich meine Uniformstücke in Ordnung brachte.
    » Tiens , hast 'n Leschionstabak scho' probiert?«
    Wir drehten uns Zigaretten, und der Trommler legte sich wieder auf sein Bett. Die Beine hoch aufgezogen, die Mütze tief im Gesicht, eine Zigarette paffend, predigte mir der alte Landsknecht Weisheit: »In der Leschion kann man 's scho' aushalte, wenn man sich um nix kümmert und eiskalt is und wenn man Glück hat und recht bald 'rauskommt in d' Campagne. Ob's gegen Araber geht oder gegen die Chinois in Tonkin, oder ob mer endlich nach dem Maroc marschiere – 's is ganz egal, nur los muß was sei'. Dann is's Leschionärslebe gar net schlecht. Aber eiskalt muß mer sei', und wenn ein' was ärgert, muß mer sich immer denke': C'est la légion. Wenn du meinst, du kannst nimmer, oder wenn's Fieber dich 'packt hat, oder wenn du im Loch sitzst, oder wenn ein Sergeant dich kujoniert, dann lach dir eins und sag: C'est la légion! Mach' deinen Dienst und kümmer' dich um nix, und wenn einer frech wird, schlag zu – c'est la légion! Und die Hauptsach is d' Propertät!« schloß er. »Sauber sei' – proper sei' – ganz sauber sei'! Ordnung habe in alle Sache. Siehst – so !!«
    Er stand auf und wühlte in den Uniformstücken auf meinem Bett. Röcke zog er hervor, Hosen, Hemden, und faltete sie zusammen. Staunend stand ich da. Dieser alte Soldat mit seinen rauhen Arbeitshänden hatte geschickte Finger wie ein Kammerzöfchen und einen bewunderungswürdigen Ordnungssinn. Mit fabelhafter Schnelligkeit faltete er Stück für Stück, glättete jedes Fältchen, maß jedes Paket, damit alle genau die gleiche Länge hatten, und baute auf dem Wandbrett über meinem Lager einen kunstvollen Kleiderbau, die »paquetage« der Legion, die weder Schrank noch Spind kennt und mit ihrer »Packtasche« (so wird der »Kleiderbau« von den deutschen Legionären genannt ) das Kunststück fertig bringt, eine Menge von Uniformen in kompaktem Raum unterzubringen, ohne sie zu zerknittern.
    Guttinger stellte sich vor mein Bett, kniff die Augen ein und betrachtete sein Werk. Fein sei es! Phantasie sei es! Denn »Phantasie machen« [Fußnote: Der eigenartige Ausdruck der Legion für ihre merkwürdige Sucht nach Eleganz ist dem maurischen »Fantasia« nachgebildet. – Der Verfasser.] nenne man es in der Legion, wenn einer sich mühe, immer » très chic « und » parfaitement propre « zu sein.
    »So ist d'Leschion! Sauber sin' mir, verdammt nochmal...«
    Nicht nur die Packtasche war ein Wunderwerk. Die raffinierte Schlauheit imponierte mir, mit der jedes bißchen Raum ausgenützt wurde. Die Feldbrottaschen dienten zum Aufbewahren von Wäsche, der Tornister war ein Behältnis für das bißchen Privateigentum eines jeden, für Bücher und Briefe: oben
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