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In den Trümmern des Himmelsystems

In den Trümmern des Himmelsystems

Titel: In den Trümmern des Himmelsystems
Autoren: Joan D. Vinge
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Abschnitt des Schirms erschien ein Schwarzweißbild. Der Kontrollraum des Ringschiffes war klein, die Männer lagen auf Liegen angeschnallt, neben denen es vor Instrumenten wimmelte: ein Bild aus den Kindertagen der Raumfahrt. Ein untersetzter Gürtelbewohner, auf dessen Helm als Insignien die diskanischen Ringe zu erkennen waren, saß direkt vor der Kamera. Sein Gesicht war grimmig, Bartstoppeln verunzierten es. „Hier spricht Hand Nakamore von der Großen Harmonie. Meine Flotte hat das Sternenschiff in ihre Gewalt gebracht. Wenn es Ihren Befehlen gehorcht, werden wir es zerstören. In unserem Besitz befinden sich mehrere Fusionsbomben aus der Zeit vor dem Krieg. Sollten Sie uns davon abhalten wollen, das Schiff zu übernehmen, werden wir Sie ebenfalls bombardieren.“
    Bertha sah fragend zu Wadie.
    „Er könnte die Bomben haben. Überbleibsel vom Krieg.“ Wadie musterte die gestickte Verzierung seines Jacketts. „Wenn er sie in MacWongs Flugrichtung dirigieren könnte, müßte er nicht mal sehr genau zielen, auch wenn die Männer des Demarchy erst nach einer Megasek an den Folgen der Strahlung zugrunde gingen. Solche Dinge kamen während des Krieges vor … todgeweihte Männer, die ihren letzten Kampf ausfochten. Auf diese Weise bekamen wir drei intakte Fusionsschiffe …“ Er hob den Blick. „Nakamore wird niemals zulassen, daß das Demarchy die Ranger bekommt – und wenn er selbst dabei sterben müßte.“
    Bertha sah Anzeichen der Verblüffung auf MacWongs Gesicht, die ihn verrieten, sah offensichtlichen Unglauben im Gesicht des Kommandanten und in dem von Esrom Tiriki. Während sie zusah, wurden sie von Haß und Zorn verdrängt, und sie hörte, wie MacWong zu einer zornigen Antwort ansetzte.
    „Und daher werden wir alle sterben, wie sie auch … wie ganz Himmel.“ Ihre Stimme wurde lauter. „Und wofür? Das ist Irrsinn …“
    „Glauben Sie, das wissen sie nicht?“ Wadie kam auf sie zu und berührte sie fast wieder. „Sie wissen das so gut wie wir. Aber sie sind genauso hier gefangen wie wir. Alles, was in den letzten zweieinhalb Gigasekunden seit dem Krieg passiert ist, die ganze Furcht und die Frustration, hat darauf hingesteuert … Es mußte so enden. Ihr eigenes Lied sagt es auch: ‚Niemand verändert die Welt geschwind.’“
    Sie wich vor ihm zurück. „Das Volk muß zu einer Veränderung bereit sein! Es hätte nicht so enden müssen. Wenn es möglich gewesen wäre, ihnen zu zeigen, daß es immer weitergeht, daß es eine Zukunft gibt … Es könnte immer noch eine geben, aber nicht einmal Sie wollen das erkennen. Sie haben ganz recht, sie wollen den Tod … Selbstmord ist die ultimative Selbstsüchtigkeit, und ich habe selten ein Volk gesehen, das dazu mehr bereit gewesen wäre.“ Sie löste ihren Sicherheitsgurt und wich vor ihm zurück, ihr Atem ging keuchend. Die heftige Bewegung hatte ihr Schmerzen verursacht. „Ihr verdient es nicht besser! Zum Teufel mit euch allen!“
    Er umklammerte ihr Handgelenk. Rasend vor Zorn bemerkte sie, wie Shadow Jack ihr aus dem Weg ging und herüberstarrte, während Wadie sie wieder zurück zum Schirm zerrte. „MacWong, Raul, hier ist Wadie Abdhiamal. Ich möchte mit Ihnen reden.“
    Nakamore begrüßte ihn, und Bertha glaubte, ein Lächeln gesehen zu haben. MacWong brach seine Rede ab: „Tut mir leid, Abdhiamal. Sie sind ein toter Mann. Sie haben dem Demarchy nichts mehr zu sagen.“ MacWong wandte mit einer kaum sichtbaren Drehung seines Kopfes den Blick ab. Bertha sah an ihm vorbei und betrachtete Tiriki.
    „Wenn Sie mir nicht zuhören, werden wir über kurz oder lang alle tot sein! Und nur wegen dieses Schiffes, auf das Sie ebensowenig ein Recht haben wie Nakamore oder ich. Um Gottes willen, MacWong, in diesem Schiff befanden sich sieben Personen, die dreihundert Lichtjahre von einem anderen System hierhergereist sind, und fünf von ihnen sind bereits tot, nur seinetwegen. Und jetzt wollen Sie auch noch den Rest vernichten, zusammen mit den besten Schiffen, über die das Demarchy und die Ringe noch verfügen? Ihr seid alles, was von Himmels Gürtel noch übriggeblieben ist, und eure eigene Gier entzieht euch die Lebensgrundlage. Ihr tötet euch selbst, weil ihr Angst vor dem Sterben habt. Wenn wir das Sternenschiff übernehmen, werden wir Himmels Gürtel damit nicht retten, sondern es wird unseren Untergang nur noch beschleunigen. Aber das muß nicht geschehen.“ Er nickte Bertha zu, die an seiner Seite wartete und ihn überrascht ansah.
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