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In Den Schatten Lauert Der Tod -1-

In Den Schatten Lauert Der Tod -1-

Titel: In Den Schatten Lauert Der Tod -1-
Autoren: Shannon Mckenna
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positive Richtung zu lenken. Allerdings hatte sie ihn am Ende als gescheitertes Experiment abgehakt. Vor allem, weil sie die Stickerei jedes Mal, wenn sie sie sah, von der Wand reißen und quer durchs Zimmer schleudern wollte.
    Nun ja. Es war der Gedanke, der zählte. Und sie musste sich zumindest bemühen, positiv zu denken. Mit ihrem Vater im Gefängnis, ihrer Mutter, die sich in ihr Schneckenhaus verkrochen hatte, und Cindy, die die Puppen tanzen ließ, konnte sie sich keine Sekunde des Selbstmitleids leisten.
    Sie druckte Muellers E-Mail zusammen mit dem angehängten E-Ticket aus. Erste Klasse. Wie nett. Nicht, dass ihr die Holzklasse etwas ausgemacht hätte. Auch ein Greyhound-Bus wäre völlig in Ordnung gewesen. Himmel, sie hätte bereitwillig zugestimmt, per Anhalter nach Silver Fork zu fahren, aber verwöhnt zu werden war wie Balsam für ihr angeschlagenes Ego. Sie musterte die wasserfleckigen Wände der trostlosen Einzimmerwohnung mit dem einzelnen Fenster, das auf eine rußige, kahle Ziegelmauer blickte, und seufzte.
    Aber das Wichtigste zuerst. Sie nahm ihren Terminkalender zur Hand, blätterte bis zu ihrer To-do-Liste für heute und fügte hinzu: Zeitarbeitsfirma anrufen. Tonia bitten, Edna zu füttern. Mom anrufen. Packen . Sie wählte die Nummer der Zeitarbeitsfirma.
    »Hallo, hier ist Erin Riggs mit einer Nachricht für Kelly. Ich werde es am Montag nicht zu Winger, Drexler & Lowe schaffen. Es hat sich kurzfristig eine beruflich bedingte Reise ergeben, die ich morgen antreten werde. Ich habe sämtliche Fallabschriften aktualisiert, sie werden also nur jemanden brauchen, der die Telefone bedient. Dienstag bin ich selbstverständlich zurück. Danke und ein schönes Wochenende.«
    Gewaltsam bezwang sie ihr schlechtes Gewissen, weil sie sich ohne vorherige Ankündigung einen Tag freinahm. Ihr Honorar für einen ihrer Beraterjobs betrug fast so viel, wie sie bei dreizehn Dollar pro Stunde in zwei Wochen bei der Zeitarbeitsfirma verdiente. Und war es nicht das, worum es bei Zeitarbeit ging? Weniger Verpflichtungen auf beiden Seiten, richtig? Richtig. So wie in einer dieser Beziehungen, in denen man sich gegenseitig die Freiheit lässt, auch mit anderen auszugehen. Nicht, dass sie in dieser Hinsicht eine Expertin gewesen wäre. Oder hinsichtlich irgendeiner Art von Beziehung.
    Es war schwer, sich an dieses Heute-hier-morgen-dort-Konzept der Zeitarbeit zu gewöhnen. Sie warf sich gern in die Arbeit und gab dann zweihundert Prozent. Darum war es für sie auch so schrecklich schmerzvoll gewesen, aus einem Job gefeuert zu werden, in dem sie schon arbeitete, seit sie mit der Uni fertig war. Sie war Assistenzkuratorin für die wachsende Sammlung keltischer Antiquitäten am Huppert Institute gewesen.
    Sie hatte sich den Arsch abgearbeitet und einen hervorragenden Job gemacht, bis Lydia, ihre Chefin, eine fadenscheinige Rechtfertigung gefunden hatte, sie loszuwerden während des Medienrummels, der den Gerichtsprozess ihres Vaters begleitet hatte. Sie hatte sich darauf berufen, dass Erin wegen ihrer persönlichen Probleme zu abgelenkt sei, um ihre Aufgaben zu erfüllen, doch es war offenkundig, dass sie Erin als Gefahr für den guten Ruf des Museums betrachtete. Abschreckend für zukünftige Sponsoren. »Unappetitlich« war das Wort, das Lydia an dem Tag ihrer Kündigung gebraucht hatte. Welcher zufälligerweise derselbe Tag war, an dem ein Rudel blutrünstiger Journalisten Erin zur Arbeit verfolgt hatte, um zu erfahren, wie sie sich wegen der Videos fühlte.
    Diese berüchtigten, nicht jugendfreien Videos von ihrem Vater und seiner Geliebten, die als Druckmittel benutzt worden waren, um ihn zu Korruption und Mord zu treiben. Dieselben Videos, die jetzt, Gott allein wusste, wie oder warum, im Internet jedem zugänglich waren, um sich daran zu ergötzen.
    Erin versuchte, diese Erinnerung auszublenden, indem sie ihr abgenutztes, die geistige Gesundheit erhaltendes Mantra herunterbetete: Es gibt nichts, für das ich mich schämen müsste. Auch das wird vorbeigehen … Es half ums Verrecken nicht mehr – nicht, dass es das je getan hätte. Lydia hatte Erin persönlich die Schuld an der ganzen Sache gegeben.
    Zur Hölle mit Lydia, und das Gleiche galt für ihren Vater, der ihnen diesen ganzen widerwärtigen öffentlichen Schlamassel eingebrockt hatte. Ihr Zorn fühlte sich an wie Gift, das durch ihre Adern strömte und bewirkte, dass sie sich schuldig und schmutzig vorkam. Ihr Vater zahlte für das, was er getan hatte,
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