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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers
Autoren: Megan McFadden
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nicht meine Tochter noch gestern deine Wunde geheilt?“
    Endo schwieg und starrte verbissen vor sich hin. „Du hast recht“, gab er schließlich widerwillig zu.
    Rodena wandte sich zornig ab – wenn es nicht um Bertrada gegangen wäre, hätte sie diesen Burschen jetzt gern davongejagt. Noch gestern wäre sie seinetwegen beinahe von den Mönchen getötet worden – an seinem eingefleischten Hass auf die keltischen Priesterinnen hatte ihre selbstlose Hilfe jedoch nichts geändert. Niemals würde sie verstehen, dass ihre Mutter in solchen Lagen so gelassen blieb.
    „Ich werde gehen“, sagte Kira, die ihrer Tochter den Zorn ansah. „Um Bertradas willen werde ich es tun. Und um des ungeborenen Kindes willen.“
    „Es ist gefährlich, Mutter.“
    „Die Göttin wird mich schützen.“
    Trotz seiner Erschöpfung wollte Endo nichts davon wissen, noch eine Weile auszuruhen, er drängte zum sofortigen Aufbruch, denn seine Sorge um Frau und Kind war groß. Als er Kira auf dem schmalen Weg durch den Eichenhain folgte, wankte er bei jedem Schritt, doch als die Druidin ihn stützen wollte, lehnte er ihre Hilfe stolz ab.
    Rodena sah den beiden kopfschüttelnd nach und machte sich dann daran, die begonnene Arbeit allein zu vollenden. Als die Fallgrube wieder mit Zweigen und Moos zugedeckt war, nahm sie einen kleinen Korb, um Beeren und Nüsse zu sammeln, wie sie es in diesen Wochen täglich tat. Die Ernte war reich in diesem Jahr, das konnte bedeuten, dass der kommende Winter lang und hart werden würde. Es waren schlimme Aussichten, denn die Wikinger hatten den Bauern fast alle Vorräte geraubt – auch die Druidinnen, die heimlich von den Bäuerinnen mit Korn und Milch versorgt wurden, würden hungern müssen.
    Sie hatte den inneren Bereich des Quellheiligtums gerade verlassen, als sie ein lautes Knacken im Unterholz hörte. Sie blieb erschrocken stehen und lauschte, doch alles blieb still, kein Blatt raschelte, kein Zweiglein bewegte sich. Die Ruhe war kein gutes Zeichen, denn ein großes Tier wäre unbefangen seinen Weg gegangen, ohne sich von ihr stören zu lassen. Wer dort lautlos im Gebüsch verharrte, musste böse Absichten haben.
    Sie zögerte einen Augenblick, dann entschied sie sich, in den Wald hineinzulaufen – doch schon nach wenigen Augenblicken erkannte sie, dass dies ein verhängnisvoller Fehler gewesen war. Im Heiligtum hätte die Göttin sie beschützt – hier aber war sie ihrem Verfolger ausgeliefert.
    Eine große Gestalt brach aus dem Gebüsch hervor und stürzte sich mit dem kraftvollen Sprung eines großen Raubtieres auf sie. Rodena wich geistesgegenwärtig zur Seite und schlüpfte zwischen den knorrigen Eichenstämmen hindurch, das lange Gewand bis zu den Knien gerafft, um rascher laufen zu können. Mit wenigen, federnden Sprüngen war er dicht hinter ihr, ließ sich nicht abschütteln und kam ihr schließlich so nahe, dass er ihr Gewand fassten konnte. Keuchend musste sie stehen bleiben – er hätte ihr sonst das lange Kleid vom Körper gerissen.
    „Was willst du von mir?“, fauchte sie. „Hältst du so das Versprechen, das du uns gegeben hast?“
    Der Wikinger gab keine Antwort, doch er zog sie an dem Gewandzipfel unerbittlich immer näher zu sich heran. Ihr Kleid spannte sich und rutschte weit über ihre Knie hinauf, dann packte er blitzschnell ihre Arme und hielt sie mit eisernem Griff fest.
    Wieso hatte sie sich eigentlich Sorgen um ihn gemacht? Es ging ihm großartig, er schien den Kampf ohne eine einzige Verwundung überstanden zu haben. So sehr sie auch zappelte und mit den Füßen trat – es störte ihn nicht.
    „Lass mich los und geh deines Weges!“, keifte sie ihn an. „Du hast gesiegt, wie ich es dir vorausgesagt habe – was willst du noch?“
    „Dich!“
    Seine Augen hatten die kalte, graue Farbe, die das Meer im Sturm annimmt, und Rodena begriff, dass sie verloren war. Nichts würde ihn jetzt daran hindern, sich für den Spott und die Demütigungen zu rächen, sie war in seiner Gewalt, und er würde mit ihr tun und lassen, was immer er wollte.
    Aber sie würde ihm nicht den Triumph gönnen, zitternd vor Furcht um Gnade zu flehen. Stolz hob sie den Kopf und blickte ihn mit hochmütigem Ausdruck ins Gesicht.
    „Ich wusste gleich, dass du ein Feigling bist“, sagte sie verächtlich. „Wäre ein Mann hier, um mich zu verteidigen, würdest du davonlaufen. Aber da ich allein bin, zeigst du großen Mut.“
    „Hüte deine Zunge, Hexe!“, zischte er sie an.
    Sie dachte nicht
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