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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod
Autoren: Diana H. Preston
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im März 1887 in den glitzernden Gewässern der Karibik unterwegs war; in seiner Begleitung befand sich unter anderem auch Sir Clements.
    Im strahlenden Sonnenschein Westindiens war eine Gruppe junger Seeoffiziersanwärter gerade mit den letzten Vorbereitungen für ein Wettrennen ihrer Kutter über die Bay von St. Kitts beschäftigt. Es war genau die Art von Wettbewerben, die dem 57jährigen Sir Clements gefielen, und er sah von der Brücke der HMS Active voll gespannter Ungeduld zu. Die Herausforderung für die jungen Offiziere bestand darin, ihre Kutter in Fahrt zu bringen, unter Segel zu gehen, über eine Seemeile gegen den Wind aufzukreuzen, eine Tonne zu umsegeln, dann den Mast umzulegen, die Segel einzuholen und zurück zu rudern. Es war ein aufregender Wettbewerb, bei dem drei junge Männer um den Sieg kämpften – Tommy Smyth von der Active , Hyde Parker von der Volage und ein Achtzehn jähriger von der Rover , Robert Falcon Scott. Eine Zeitlang stand es zwischen Scott und Hyde Parker auf des Messers Schneide, aber schließlich gewann Scott.
    Wahrscheinlich nach entsprechender Intervention von Sir Cle-ments lud der Kommodore Scott vier Tage später zum Abendessen ein – »ein charmanter Junge« notierte Markham in sein Tagebuch. Sir Clements sprach mit dem jungen Midshipman und geriet in seinen Bann. Einer seiner Kollegen sollte später über Scott bemerken, dass niemand charmanter sein konnte als er, wenn er es wollte. Mit seinen ernsthaften blauen Augen, die Intelligenz und Energie ausstrahlten, machte er offensichtlich einen tiefen Eindruck auf den Älteren. Markham schrieb später in seinem Buch, er sei in diesem Augenblick zu dem Schluss gekommen, dass Scott dazu bestimmt sei, die Antarktisexpedition zu leiten. Doch das war eine romantische Verklärung im Nachhinein. Markham hatte sein Auge auch auf einige andere hoffnungsvolle junge Offiziere geworfen, und die Entscheidung fiel keinesfalls so eindeutig aus. Auch das Schicksal sollte eine Rolle spielen, das Scott Markham noch bei zwei anderen Gelegenheiten über den Weg laufen ließ.
    Markham sah Scott zunächst in Vigo wieder. Zu jener Zeit war Scott Torpedo-Offiziersanwärter auf der Empress of India . Markham fand seine früheren Eindrücke bestätigt. Mehr denn je war er von Scotts »offenkundiger Berufung« für ein solches Kommando beeindruckt. 5 Doch zur entscheidenden Begegnung kam es 1899. An einem warmen Junitag befand er sich auf Urlaub in London, und »als ich eines Tages die Buckingham Palace Road hinunterging, erspähte ich Sir Clements auf dem Gehsteig gegenüber; natürlich überquerte ich die Straße, und ebenso natürlich kehrte ich um und begleitete ihn zu seinem Haus. An diesem Nachmittag hörte ich zum ersten Mal, dass es so etwas wie eine künftige Antarktisexpedition gab; zwei Tage später bewarb ich mich um ihre Leitung.«
    Zwar hegte Scott keine besondere Vorliebe für die Polarforschung, doch er hatte andere Ziele, die er vielleicht mit Hilfe dieses Abenteuers erreichen konnte. Der Träumer und der Mann der Tat, diese beiden Seiten seines komplexen Wesens konnten auf dem unbekannten Kontinent möglicherweise ihre Erfüllung finden. Außerdem glaubte Scott an das Schicksal.

Kapitel 2
    Scotts frühe Jahre
    Jeder der fünf Männer, die zum Südpol reisen und auf dem Ross-Schelfeis umkommen sollten, hatte einen komplizierten Charakter, aber keiner war komplexer als der von Robert Falcon Scott. Er war keine geborene Führungspersönlichkeit. Obwohl er viele hervorragende Eigenschaften besaß, bedeutete für ihn die Aufgabe, eine Expedition zu leiten und für so viele Leben Verantwortung zu tragen, keine geringe Last. Ihn quälte die Angst, »unter pari« zu sein. Er gehörte auch zu den größten Kritikern seiner selbst und gestand, den sicheren Tod vor Augen, in seinem Abschiedsbrief an seine Frau: »Das ererbte Laster von meiner Seite der Familie ist Trägheit ... Ich musste mich dazu zwingen, energisch zu sein.« Er empfahl ihr dringend, ihren gemeinsamen Sohn vor den Gefahren der Trägheit zu schützen. Es war eine Warnung, die von Herzen kam, und ist ein bewegendes Zeugnis für seinen Kampf mit den widersprüchlichen Seiten seines Charakters. Schon zu Beginn ihrer Beziehung vertraute er seiner späteren Frau an, dass »ich niemals ganz in mein vorgegebenes Schema passen werde«. 1
    Schon als kleiner Junge erwies sich Scott als seltsame Mischung. Sein Vater nannte ihn »Old Mooney«, weil er so verträumt war. Er war zart
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